Traumzeit – auf den Spuren des Jakobus. Anna Malou

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Traumzeit – auf den Spuren des Jakobus - Anna Malou

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da sie immer durch neue Stadtteile führt und mein Taxifahrer sich zwar gut auskennt, aber sehr rasant fährt.

      Schließlich erreiche ich den „Felsenstrand“, und was ich dort sehe, lässt mich nur staunen: Über eine Strecke von sechs Kilometern Länge erhebt sich eine Steilküste aus rot-weißen Steinwänden, die in so unterschiedlichen Formen zu sehen sind, dass ich aus dem Staunen nicht herauskomme. Die Hänge sind manchmal ein wenig mit Agaven, Grassoden oder Mittagsblumen, die leider zurzeit nicht mehr blühen, bewachsen, sind aber sonst kahl. Die Felsen geben ein Abbild von Tropfen, die mir aus Tropfsteinhöhlen bekannt sind, haben Furchen, die vom Meer glatt gespült wurden, bilden Zuckerhüte und Gesichter in allen möglichen Rotfarben bis hin zum Weiß- oder Rosaton.

      Ich laufe fast drei Stunden staunend am Strand entlang, mache viele Fotos und kann kaum glauben, was ich dort sehe. So imposant, mächtig und vielfältig ausgestaltet hätte ich mir das alles nicht vorgestellt. Dazu gibt es einen traumhaft schönen, weißen Sandstrand, der weitaus weniger von Menschen bevölkert ist als in Albufeira, vielmehr ist dieser Strand streckenweise sogar fast menschenleer. Hier kann ich gut meinen Tag verbringen und Kraft sammeln, bevor ich morgen weiterreisen will.

      Gegen Mittag wird es sehr warm, so richtig heiß, ich kühle mich im jetzt nicht mehr ganz so kalten Meer, das heute eine herrliche Brandung hat, ab und erfrische mich mit meiner mitgebrachten Melone am Strand. Immer wieder geht mein Blick zu den Steilhängen dieser farbenfrohen und riesigen Steilküste, die in jahrhundertelanger „Arbeit“ vom Meer und von der Witterung in diese Form gebracht wurde. Immer wieder sind Teile dieser Steilküste mit Netzen abgehängt, damit herabfallende Gesteinsbrocken die Badegäste nicht gefährden sollen. Auch ist in größeren Abständen immer wieder ein Warnschild vor herabfallenden Felsen aufgestellt worden.

      Gegen 15.00 Uhr denke ich an die Rückfahrt und muss scheinbar endlos weit laufen, bis ich die Bushaltestelle nach Albufeira nach mehrmaligem Nachfragen finde. Um Geld zu sparen, will ich den Rückweg unbedingt mit dem Bus antreten. Jedoch muss ich auf dem Fahrplan lesen, dass der Bus Samstag, Sonntag und an Ferientagen erst in fast zwei Stunden fährt. Solange will ich einfach nicht mehr warten und so entscheide ich, zur Rezeption des Hotels, vor dem sich die Bushaltestelle befindet, zu gehen, mit der Bitte, dass dort für mich ein Taxi bestellt wird. Dieses ist dann auch fünf Minuten später da und bringt mich – nun für einen erheblich günstigeren Preis – ins Zentrum von Albufeira zurück. So hat sich meine Laufstrecke zur Bushaltestelle wenigstens bezahlt gemacht.

      In Albufeira kenne ich mich inzwischen gut genug aus, dass ich problemlos mein Zimmer finde. Wie schnell man sich doch in einer neuen Umgebung einleben kann! Aus mir rieselt überall der feinkörnige Sand der Algarve, so dass ich als erstes duschen muss. Völlig verschwitzt und müde von der Hitze ist auch für mich eine Zeit zum Ausruhen notwendig. Ich merke sehr genau, dass ich in dieser Hitze nicht normal belastbar bin, was sich morgen mit Gepäck noch wieder verstärken wird. Heute jedoch hat sich dieser, wenn auch nicht ganz billige, Ausflug für mich jedenfalls sehr gelohnt, ich bin immer noch ganz voll von meinen neuen Eindrücken.

      Den Abend verbringe ich noch einmal für kurze Zeit im Zentrum von Albufeira. Überall gibt es Musik und alle Touristen der Algarve scheinen unterwegs zu sein. Nachdem ich etwas gegessen habe, wird mir dieses wuselige Treiben schon wieder zu viel. Ich gehe auf mein Zimmer und genieße den restlichen Abend in Ruhe dort. Diese Rückzugsmomente sind für mich sehr wichtig, denn immer nur mit so vielen Menschen zusammen zu sein, bereitet mir Probleme. So bin ich auch nicht froh darüber, dass meine Pilgerreise hier an der Algarve noch nicht so recht beginnen kann, denn aufgrund der fehlenden Fußwege kann ich nicht von Ort zu Ort laufen.

      Ich sehne mich wieder nach der Einsamkeit, die ich im letzten Jahr auf meiner Reise von Pamplona nach Santiago de Compostela so sehr genossen habe.2 Zeit für mich, für meine Gedanken, Dasein in der Natur, vieles davon opfere ich zur Zeit meiner Neugier, die Landschaft der Algarve kennenzulernen. Dafür zahle ich den Preis, dass ich von Touristenmassen förmlich erschlagen werde. Auch wenn der ursprüngliche Pilgerweg von Faro über Lagos nach Lissabon und dann weiter nördlich Richtung Santiago de Compostela verläuft, kann sich hier im südlichen Portugal kaum jemand mit dem Pilgergedanken anfreunden.

      Vielmehr ist es mir heute nicht einmal gelungen, einen Pilgerstempel zu bekommen, denn, als ich vom „Felsenstrand“ zurückkam, hatte das Postamt bereits geschlossen und andere Möglichkeiten konnte ich trotz mehrmaligem Herumfragen nicht finden. Auf meine Nachfrage in verschiedenen Gaststätten usw. ist mir überall Unverständnis begegnet. Also, kein Stempel für den 23. August!

      In früheren Zeiten, als es keine Autos gab, war es sicherlich möglich, auch diesen Weg an der Algarve zu belaufen, bevor der Mensch so viel Lebensqualität dem Auto opferte, das in den Orten sogar in den Fußgängerzonen und auch sonst in den Verbindungsstraßen stört und diese für Fußgänger nahezu unpassierbar macht. Das Pilgern ist demnach nur in Teilen der Länder möglich. Hier müsste die portugiesische Regierung sicherlich im Hinblick auf den Caminho Portugues zur aktiven Verbesserung des Weges ihren Beitrag leisten. Befremdlich war für mich auch, dass hier im Süden Portugals die Mehrzahl der Menschen nicht einmal mit der Frage nach dem Pilgerweg etwas anfangen konnte. Dieses erklärt auch meine Schwierigkeit, die ich hier nahezu täglich hatte, einen Pilgerstempel für meinen Pilgerpass zu erhalten.

      Wieder werde ich vom schönsten Sonnenschein mit strahlend blauem Himmel geweckt. Was ist das nur für ein schönes Land, in dem im Sommer Tag für Tag die Sonne scheint, so ganz anders als bei uns in Deutschland. Nach meinem letzten Pensionsfrühstück mache ich mich wieder reisebereit. Ich habe fast eine Stunde – meist bergauf – zu laufen, um wieder den außerhalb liegenden Busbahnhof zu erreichen, bei dem ich vor drei Tagen angekommen bin. Dieses Mal laufe ich jedoch nach der Erklärung meiner Wirtin in der „Villa Branca“ nicht durch das Stadtzentrum, sondern darum herum an der Umgehungsstraße entlang, die zwar einen breiten Fußweg hat, aber durch den ständigen, starken Autoverkehr nicht angenehm zu belaufen ist. Es geht am Einkaufszentrum entlang, welches wiederum die Namen deutscher Einkaufsketten aufweist, und der Weg führt stetig bergan. Die Sonne scheint kräftig und ich bin etwas unter Zeitdruck, um den Bus nach Lagos um 10.30 Uhr noch zu erreichen. Glücklicherweise hatte ich mir den Fahrplan nach Lagos gleich bei meiner Ankunft besorgt. Jedoch gibt es hier wieder zu beachten, dass die Busse von Montag bis Freitag zu anderen Zeiten fahren als am Samstag und Sonntag und in den Ferien.

      So komme ich Schweiß überströmt fast auf die letzte Minute an, die Zeit reicht gerade noch, mein Ticket für 4,80 Euro bis Lagos, für ca. siebzig Buskilometer, zu lösen. Da kommt auch schon der Bus, der Fahrer öffnet (wieder) die Gepäckklappe unterhalb der Sitze und ich verstaue meinen Riesenrucksack und die Walking-Stöcke. Nun bin ich fertig zum Einsteigen, der Bus ist nicht übermäßig voll, so dass ich bequem auf einem Zweisitzer allein Platz nehmen kann. Meine Busfahrt bis Lagos dauert ca. eineinhalb Stunden und die Fahrt geht zum Teil über die Autobahn, zum Teil in den größeren Orten auch durch die Hotelviertel, wo der Bus an den größeren Hotels anhält.

      Besonders fällt mir hier Portimao auf, weil riesige Hochhäuser von neuer Bauart ins Auge springen. Es sieht aus, als hätte man die Skyline von Manhattan im Visier und nicht eine Stadt in Portugal in Meeresnähe. So hätte ich mir dieses nun gar nicht vorgestellt und ich verfluche innerlich diese Art von Tourismus, die die Landschaft derartig verschandelt, dass alles Ursprüngliche und Landestypische verloren gegangen ist. Das, was offensichtlich in Jahrhunderten vor uns entstanden ist, schafft der Mensch des 20. Jahrhunderts in einem halben Jahrhundert bis heute völlig zu ruinieren. Jedoch scheint es nicht viele Menschen zu geben, die so denken, und so boomt der Massentourismus mehr denn je.

      Endlich erreicht der Bus den Busbahnhof von Lagos, der relativ nahe am Bootshafen liegt. Beim Vorbeifahren hatte ich bereits die riesigen Yachten, die dort zu sehen sind, bewundert. Und nun, als ich gerade meinen Rucksack aus dem Gepäckfach gehievt habe, spricht mich ein älterer

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