Mara und der Feuerbringer. Tommy Krappweis

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Mara und der Feuerbringer - Tommy Krappweis

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Kaffeeautomat heißen, obwohl sie alle möglichen Arten von Heißgetränken ausspucken«, sagte er und grinste, als er ihr den Becher reichte.

      »Vielleicht weil Schokolade-Kaffee-Tee-und-Rinderbrühe-Automat zu lang ist?«, antwortete Mara und meinte es gar nicht so witzig, wie es offensichtlich beim Professor ankam.

      »Hahaha, ja, das kann sein. Und vielleicht weil Diverses-heißes-Gebräu-Automat nicht gerade appetitlich klingt.«

      Der Professor trat an Mara vorbei an die Tür und steckte einen der Schlüssel von seinem dicken Schlüsselbund ins Schloss. Nachdem er den Schlüssel dreimal herumgedreht hatte, zückte er einen weiteren Schlüssel und steckte ihn in ein kleines Vorhängeschloss. Und als Mara dann endlich einen Blick in das Büro werfen konnte, wusste sie auch, wofür das zusätzliche Schloss war: Der Professor wollte die Putzfrau aussperren.

      Dies war auf jeden Fall der kleinste Raum mit den meisten Büchern, Ordnern und Papierstapeln darin, den Mara jemals gesehen hatte.

      »Jaja, ich weiß«, sagte Professor Weissinger, während er sich zwischen den Stapeln hindurchmanövrierte, ohne auch nur einen einzigen der Türme ins Wanken zu bringen. »Aber ich warte jetzt seit vier Monaten auf ein größeres Büro und sehe nicht ein, warum ich hier noch mal aufräumen soll, wenn ich vielleicht schon morgen alles wieder in Pappkartons packen muss. Bitte versuch so wenig wie möglich durcheinanderzubringen.«

      Keine Sorge, dachte Mara. Dieses Zimmer kann man gar nicht noch mehr durcheinanderbringen. Trotzdem achtete sie sehr darauf, nichts zu berühren.

      Andere Besucher waren dabei offensichtlich weniger erfolgreich gewesen. Ein paar Haufen zeigten deutlich, dass hier bereits die eine oder andere Papierlawine niedergegangen war und tiefer gelegene Notizblock-Dörfer und Post-it-Ortschaften unter sich begraben hatte.

      Professor Weissinger umrundete einen der Papier-Gletscher und ließ sich dann mit einem leisen Seufzer in einem abgewetzten Ledersessel nieder. Gleichzeitig zeigte er Mara an, die Tür zu schließen. Dann seufzte er noch einmal und legte gemütlich die Beine auf einem der Bücherstapel ab, als wäre es ein Couchtisch.

      »So«, sagte der Wissenschaftler und musterte Mara mit seinen wachen Augen. »Mach es dir bitte bequem.«

      »Danke«, sagte Mara und setzte sich auf den Papierhaufen, unter dem sie den Besucherstuhl vermutete. »Oh, und danke für die Schokolade.«

      »Hast du sie schon probiert?«, fragte der Professor und Mara schüttelte den Kopf.

      »Dachte ich mir schon, denn sonst hättest du dich nicht bedankt. Aber jetzt zu dem Grund deines Besuchs. Du hast mir da vorhin ein paar sehr seltsame Fragen gestellt, Mara Lorbeer aus der Au. Und ich bin von meinen Studenten wirklich einiges gewöhnt.«

      »Tut mir leid«, sagte Mara kleinlaut. »Ich wollte nicht …«

      Doch der Professor winkte sofort ab: »Aber nein, du musst dich nicht entschuldigen! Es tut mir leid, wenn ich dich angestarrt haben sollte wie ein Gummistiefel.«

      Auch schön, dachte Mara, aber ich fand das Sofakissen trotzdem besser.

      »Und jetzt bin ich natürlich gespannt, wie du darauf gekommen bist«, fuhr der Professor fort. »Wie zum Beispiel auf die Frage nach der Frau mit Holzschale im Loki-Mythos. Das ist zugegebenermaßen schon recht ungewöhnlich, wenngleich auch einfach zu beantworten … Oh, entschuldige, vielleicht nimmst du erst mal auf dem Besucherstuhl Platz, denn du sitzt auf den Klausuren meiner Studis … ja, genau, der Stapel daneben, da ist er drunter oder war es zumindest mal … komisch, na ja, dann setz dich doch wieder auf die Klausuren, denn die erleben sicher noch Schlimmeres, wenn ich erst mal mit den Korrekturen anfange … So, und jetzt erzählst du mir erst mal, wie du auf diese Fragen gekommen bist.«

      Oh nein!, dachte Mara panisch, bis eben ist es doch so gut gelaufen. Er hat schon von selbst angefangen, über Loki zu reden, und jetzt das! Ich soll was erzählen! Von mir! Was mach ich denn jetzt?

      Sie blickte kurz auf. Der Professor wartete immer noch! Mann, hatte der eine Geduld! Mist!

      Okay, ich muss ja nicht alles erzählen! Ich lass die seltsameren Momente weg und erzähle nur die weniger seltsamen!

      Doch sofort fiel Mara auf, dass sie sich an keinen einzigen weniger seltsamen Moment erinnern konnte. Also tat sie weiter das, was sie eh schon tat: Sie schaute auf den Boden und schwieg.

      Der Professor wartete noch weitere ewige fünfzehn Sekunden. Dann seufzte er.

      »Darf ich dein Schweigen derart auslegen, dass du mir nichts über dich erzählen möchtest?«, sagte er und klang dabei nicht im Entferntesten vorwurfsvoll.

      Mara nickte nur stumm.

      »Hm, da kann man wohl vorerst nichts machen. Mal sehen, vielleicht erzählst du es mir ja ein andermal. Also widmen wir uns erst einmal dem Loki. Einen Moment bitte.«

      Professor Weissinger wendete sich ab, um in dem Stapel neben sich nach etwas zu wühlen.

      Mann, stell ich mich grad blöd an!, schimpfte Mara sich selbst in Gedanken. Trotzdem konnte sie einfach nicht anders, sagte weiterhin kein Wort und zog dabei ihren Mund zusammen, als hätte sie in eine Zitrone gebissen.

      Als der Professor mit einem abgegriffenen Buch in der Hand wieder auftauchte, blickte er verwundert in Maras verkniffenes Gesicht.

      »Hast du jetzt doch den Kakao probiert?«, fragte er, während er in dem Buch blätterte und recht schnell fand, was er suchte. Der Professor hielt Mara das Buch aufgeklappt entgegen. »Kommt dir hier etwas bekannt vor?«, sagte er und versuchte dabei besonders beiläufig zu klingen, was ihm gerade deswegen nicht einmal ansatzweise gelang.

      Mara sah eine Doppelseite mit einem Bild vor sich, auf dem die Zeichnung eines grinsenden Mannes zu sehen war.

      Das Bild war in Braun und Rottönen gehalten und wirkte irgendwie sehr alt. In der linken oberen Ecke stand irgendetwas in einer seltsamen Schrift und in einer Sprache, die Mara nicht verstand. Um den Text war ein Rahmen gezogen. Der Mann auf dem Bild schien auf die Schrift zu blicken, denn obwohl sein Körper nach rechts gedreht wirkte, war der Kopf rückwärts gewandt. In der erhobenen Hand hielt er eine Art Seil mit einer Schleife oder einem Knoten am oberen Ende. Das Seil hing herab und endete an einem Gitter oder eher einem grobmaschigen Netz, das hinter dem Mann ausgebreitet war.

      Mara betrachtete die Figur genauer. Der Kopf war nur von der Seite zu sehen. Mara erkannte einen hellen Bart, der zu mehreren Spitzen zusammengedreht war, und eine ziemlich lange Nase, die fast wirkte wie die einer Kasperlpuppe. Die Mütze, die weite Kleidung mit den gelb-roten Streifen, das Grinsen … alles irgendwie kasperlhaft. Doch da blickte sie dem Mann in das eine sichtbare und tiefschwarze Auge und wusste sofort, wen sie da vor sich hatte! Und bevor sie seinen Namen aussprechen konnte, verlor sich Mara auch schon in der äußerst unkasperlhaften Schwärze der Pupille …

      Mara sah sich um und erschrak nicht, als sie das Wasser sah, das sich vor ihr im Nebel verlor. Sie wunderte sich auch nicht besonders über den hölzernen Steg, auf dem sie lag. Unter dem Steg zog ein Fluss vorbei und Mara hörte das Plätschern des Wassers, das die roh behauenen, dicken Pfähle umspülte, auf denen der Steg im Flussbett stand.

      Es ist nur eine Vision, murmelte Mara sich selbst zu. Nur eine Vision. Ich bin nicht wirklich hier. Und gleich, wenn ich wieder die Augen aufschlage, werde

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