Besser als nix. Nina Pourlak

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Besser als nix - Nina Pourlak

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dem zarten Pfirsichduft und dem blonden Flaum an den Wangen, der dunklen Stimme und den spitzen Dracula-Eckzähnen, dem Busen, der – aber von dem schreib ich ja nichts mehr – fragt persönlich an, was ich von ihrer Idee halte. Sie hat bemerkt, dass ich auf diesem Planeten lebe, und kennt meinen Namen. Einen Teil ihrer Lebenszeit hat sie investiert, um mich anzurufen. O.k. Das allein ist ein Triumph. So ziemlich der Größte in den letzten Wochen und Monaten.

      Ich krame die Zettel hervor und greife zum Hörer, wie ferngesteuert. Ich seh das jetzt erst mal als Recherche. Nur für dich, Sarah, denk ich. Nur für dich. Und damit ich nicht noch mal zum Arbeitsamt muss. Ich geb’s zu.

      Bei Discount-Bestattungen ist ein Anrufbeantworter dran. »Wenn Sie einen Todesfall melden möchten, wählen Sie bitte die Eins. Wenn sie Fragen zur Bestattungsvorsorge haben, wählen Sie bitte die Zwei. Und wenn Sie einen Sachbearbeiter sprechen möchten, dann sind unsere Sprechzeiten ...«

      Alles klar. Ich lege auf und wähle dann die andere Nummer.

      »Bestattungsinstitut Heimkehr, Petrowa. Challo?«

      Ein Dorf weiter und die Leute sprechen mit deutlich russischem Akzent. Na so was.

      »Ich – guten Tag. Hallo. Tom Rasmus. Ich rufe wegen der Ausbildungsstelle an. Nur mal so. Kann ich ihnen die Daten auch mailen? Na, meine Bewerbungsunterlagen. Nein. Gut. Brauchen Sie gar nicht. Direkt vorbeikommen? Sofort? Nein. Das geht nicht. Morgen? Geht auch morgen? Morgen schon. Ja. Zehn Uhr, alles klar. Und meine Zeugnisse – O.k. Gut. Danke.«

      Ich bin eingeladen. Mein Gott, ging das schnell. Die brauchen aber ziemlich dringend jemanden, oder? Das ist eigentlich kein gutes Zeichen. Ich weiß noch nicht mal, ob ich das überhaupt werden will, und bin schon eingeladen. Was mach ich jetzt bloß? Bei Sarah will ich mich noch nicht melden. Die muss ja nicht wissen, dass ich da sofort angerufen habe. Ich bin ja schließlich nicht ihr Roboter. Soll ich Mike anrufen? Eigentlich sind wir schon lange keine richtigen Freunde mehr. Also schon, irgendwie – aber irgendwie ist das auch schon zu lange her. Ich geh nachher ins Feld, die sind bestimmt wieder alle da. Die sind immer da. Ich kauf einen Sixpack.

      Oder ich geh gar nicht hin, morgen. Ich bewerbe mich einfach wo anders. Das ist doch wirklich total absurd. Was weiß diese Sarah schon von mir? Warum sollte sie über mein Leben bestimmen? Ich rauche erst mal eine. Das ist total verboten bei uns Sportskanonen zu Hause. Auch wegen dem Krebs.

      Früher hab ich mir den wirklich vorgestellt wie so ein Tier, was in Deinen Körper gekrabbelt ist und da dann alles kaputt gemacht hat. Dieser Krebs.

      Liege auf dem Bett rum und stell mir mein Leben als Bestattungsfachkraft vor. Spinne rum. Rauchen passt irgendwie zu diesem Berufsbild. Totengräber, wie in alten Western. Leichen pflasterten seinen Weg. Ich habe noch nie eine Leiche gesehen.

      4 die nacht des lebenden toten

      Ich bin irgendwie weggenickt und jetzt ist es schon dunkel. Lüfte mein Zimmer rasch. Papa sitzt unten und schaut fern. Ich will mich vorbeistehlen, doch natürlich sieht er mich und fragt gleich, wie’s gelaufen ist. Er sieht so einsam aus dabei, vor seinem gekachelten Wohnzimmertisch, dass er mir richtig leidtut. Ich glaube, er sieht sich das Programm auch gar nicht bewusst an. Das rauscht alles an ihm vorbei, wie Lebensgeräusche, die er als Kulisse für sein Dasein braucht. Ich muss einfach stehen bleiben.

      »Und. Was hat der Berufstest ergeben?«

      Vielleicht findet er es ja auch gut, oder? Besser als gar nichts?

      »Sie haben mir etwas empfohlen«, sage ich nebulös. »Und ich habe auch schon angerufen vorhin. Und ich bin für morgen eingeladen«. Schnell laufe ich zur Haustür.

      Liebe Damen und Herren von der Presse, Tom Rasmus beantwortet jetzt leider keine weiteren Fragen mehr zu diesem Thema.

      »Ja, und, das ist ja toll, und wo? In der Reifenfabrik? Beim Halli im Hotel?«

      »Ich sage es dir, wenn die mich haben wollen. O.k.? Sonst ist es ja dann auch enttäuschend.«

      Er prustet, falls ich daraus ein Geheimnis würde machen wollen, bitte sehr.

      Jetzt ist er auch noch eingeschnappt. Ich fahr mit dem Fahrrad zur Tanke und kaufe was zu trinken, dann zum Feld gleich hinter der Ortseinfahrt von Schwarzbeck.

      Einer will gefragt werden und ich lasse ihn sitzen. Und einen will ich fragen und weiß noch nicht mal, ob er überhaupt da ist. Für mich da ist. Ganz dunkel da draußen und nichts zu hören. Dann finde ich Mike.

      Es stinkt. Ich stolpere über eine Flasche.

      »Hey, aufwachen. Mike!« Mike liegt da wie tot. Er hat gekotzt. Was mach ich denn. Ich dreh ihn vorsichtig um. Er ist noch warm, nicht meine erste Leiche, würde ich sagen.

      Seine neue Jeans ist dreckig, er hat geschlossene Augen. Ich schlag ihm vorsichtig ins Gesicht. Und wenn er stirbt? Ist denn hier keiner? Die sind anscheinend schon lange vorher abgehauen. Muss man jetzt Mund-zu-Mund-Beatmung machen?

      Ich erinnere mich, dass wir mal beste Freunde waren. Aber es stinkt so doll nach Kotze. Ich öffne eine Bierflasche und gieß ihm das Bier ins Gesicht, um das wegzuspülen. Er fängt an zu husten. Ich heb ihn hoch. Er atmet und spuckt.

      »Hey. Was, was ist denn los?«, fragt er, als habe jemand ihn zu früh geweckt. Nichts, nichts, ich wollte einfach mal wieder vorbeikommen, sag ich. Mike greift zu der offenen Bierflasche, gurgelt und spuckt aus.

      »Brrr. Is ja ekelhaft. Was stinkt denn hier so?«, meint er fast vorwurfsvoll und dann gleich wieder cool: »Komm, lass uns mal zum See rüberlaufen ...«

      Ich lass mein Fahrrad stehen, steck mir noch ‘ne Flasche Bier ein. Wir gehen stumm nebeneinander her. Vielleicht schaffe ich es, ihn zu fragen, ob er noch mal Autofahren mit mir übt.

      Früher waren wir in einer Bande zusammen, mit noch ein paar anderen aus der Nachbarschaft. Nachts bin ich aus dem Fenster oben geklettert, während ihr unten im Wohnzimmer vor dem Fernseher saßet. Mike wohnte nur eine Straße weiter. Wir haben uns in leere Häuser geschlichen und so getan, als ob wir dort alle zusammenwohnen. Mike war der Anführer, aber ich gehörte auch ganz gut dazu.

      Dann warst Du auf einmal nicht mehr da.

      Und ich habe bald darauf angefangen schlechte Musik zu hören, wie Mike sagt. Er ist in der Fußballmannschaft immer weiter aufgestiegen.

      Ich weiß nicht, woran es eigentlich lag. Seine Eltern haben sich scheiden lassen. Mike ist mit seiner Mutter in eine Mietswohnung ein paar Straßen weiter gezogen. Aber wir hätten uns trotzdem sehen können. Irgendwie war es vorbei. Und dann ist Mikes Mutter irgendwann aus unserem Bad gekommen.

      Das weißt Du noch gar nicht, oder? Woher auch.

      Ich hätte nicht gedacht, dass sie ihm gefällt. Und er ihr. Aber über so was denkt man auch einfach nicht nach, bis dann auf einmal einer aus dem Bad kommt. Ich weiß nicht, wie lange Papa und sie heimlich zusammen waren – so von wegen »irgendwann sagen wir es ihm«. Es war schon ein paar Jahre nach Deinem Tod, als ich früher nach Hause kam und diesen blöden Behälter für meine Zahnspange gesucht habe, und dann kam sie auf einmal in Carstens Bademantel die Treppe hinunter. Er stand in der Küche am Herd.

      Vielleicht wäre es gar nicht so schlimm gewesen, wenn sie es vorher erzählt hätten. Ich hab es Mike verraten, und seit dem Tag ist es irgendwie merkwürdig

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