Wie Schneeflocken im Wind. Denise Hunter
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Читать онлайн книгу Wie Schneeflocken im Wind - Denise Hunter страница 12
„Wir machen uns lieber wieder auf den Weg. Wir …“
„Wohin wollen Sie denn? Es ist beinahe Mitternacht, und alles hat geschlossen. Kennen Sie denn jemanden in der Stadt?“
„Nein, aber …“
„Ich nehme mal an, dass ein Hotel keine Option ist, oder?“
Sie schüttelte den Kopf, und auf ihren Wangen bildeten sich zwei rote Flecken. „Wir hatten Geld, aber das ist uns heute Nachmittag gestohlen worden.“
Er runzelte die Stirn und fragte: „Haben Sie denn wenigstens Anzeige erstattet?“
„Nein“, antwortete sie und schaute zu Boden, sodass er sehen konnte, wie ihre langen Wimpern die hübschen Augen verdeckten. „So viel war es auch gar nicht.“
Er fragte sich, ob sie log oder ihr die ganze Sache einfach nur peinlich war. „Sie sollten den Diebstahl aber trotzdem anzeigen. Ich kann gern bei der Polizei …“
„Nein. Vielen Dank. Ich komme wirklich zurecht“, sagte sie und griff nach der Türklinke.
„Warten Sie. Sie können nicht wieder dort hinaus in die Kälte gehen“, sagte er. „Hören Sie, meine Freundin hat in ihrer Wohnung ein freies Zimmer, und ich bin sicher, sie wäre bereit, sie für eine Nacht unterzubringen.“ Das stimmte – vorausgesetzt, sie brachte ihn nicht um, weil er sie weckte.
Sie zögerte kurz, blieb in der Tür stehen und sagte: „Ich glaube, ich möchte das lieber nicht.“
Er spürte, dass sie sich jeden Moment einverstanden erklären würde, und sagte deshalb: „Ach, kommen Sie schon, wo wollen Sie denn sonst bleiben?“ Er schaute hinunter auf das Kind, das vor Kälte zitternd seinen abgeliebten blauen Teddy an sich drückte, und appellierte an ihr Mutterherz, als er sagte: „Der Kleine braucht einen Platz, wo er sich aufwärmen und schlafen kann und morgen ein gutes Frühstück bekommt. Wobei das bei Paige wahrscheinlich aus einem Schälchen Lucky Charms bestehen wird.“
Da leuchteten die Augen des Jungen auf, und er schaute zu seiner Mama hinauf, was sie auch registrierte. Beau fragte sich, ob sie wohl heute schon etwas gegessen hatte. Kein Wunder, dass sie so verzweifelt einen Job suchte.
„Sind Sie ganz sicher, dass es ihr nichts ausmacht?“, fragte sie immer noch ein bisschen zögerlich.
Er hielt sein Handy hoch und sagte: „Ich kann sie sofort anrufen.“ Und dann wartete er mit hochgezogenen Augenbrauen, bis sie mit einem Nicken zustimmte. Er drückte auf einen Knopf auf seinem Handy und ging dann von ihnen weg zur Eingangstür, um ungestört sprechen zu können, sagte aber vorher noch: „Nicht weggehen.“
Sie schaute ihn wachsam wie ein verwundetes Tier an.
„Versprochen?“, fragte er sicherheitshalber noch einmal nach.
Sie nickte. Mehr konnte er nicht erwarten.
SECHS
„Ich finde, wir sollten abwarten, ob Kate die Stelle überhaupt will“, sagte Paige am nächsten Morgen im Wicked Good Brew, wo sie noch vor dem Gottesdienst eine Krisensitzung anberaumt hatten. „Aber sie braucht einen Job und hat keine Unterkunft, also wäre es für sie im Grunde die perfekte Lösung.“
Beau drückte kurz bestätigend Paiges Schulter. In ein paar Stunden würde Tante Trudy aus der Klinik entlassen werden, und deswegen musste rasch etwas geschehen.
„Was wissen wir denn überhaupt über sie?“, fragte Riley jetzt. „Sie taucht hier plötzlich wie aus dem Nichts auf mit nichts als den Kleidern, die sie am Leib trägt, und bricht in unseren Schuppen ein … Woher wissen wir denn, dass sie Tante Trudy nicht betäubt und sich dann mit unseren Wertsachen aus dem Staub macht?“
„Sie hat ein Kind, Riley“, sagte Paige dazu nur beschwichtigend. „Was willst du denn machen? Sie wieder auf die Straße setzen?“
„Vielleicht will sie die Stelle ja auch gar nicht“, schaltete sich jetzt Zac ein.
Beau trank seine Tasse leer und stellte fest: „Sie wird die Stelle auf jeden Fall annehmen.“
„Aber Riley hat auch recht“, wandte Zac ein. „Wir brauchen wenigstens einige Referenzen.“
„Ja, es kann sicher nicht schaden, etwas mehr über sie in Erfahrung zu bringen“, stimmte Riley zu, schaute dann zu Beau hinüber und fuhr fort: „Das ist ja wohl dein Ressort, oder?“
„Ja, aber vor vierzehn Uhr kann ich da nichts machen. Wir sind uns also alle einig?“
Paige und Zac nickten, aber Riley zuckte nur mit den Achseln, nickte dann ebenfalls etwas widerstrebend und wandte noch ein: „Aber ihre Unterbringung kostet uns ja dann noch zusätzlich etwas.“
„Du kannst ja die Unterkunft, die sie bei mir bekommt, noch von ihrem Lohn abziehen, wenn du unbedingt willst“, sagte Paige. „Aber das Zimmer bei mir steht ja sowieso leer, und ich kann weiß Gott ein bisschen mehr Östrogen in meiner Umgebung gebrauchen.“
Dankbar lächelte Beau Paige an und sagte: „Also gut, dann fahre ich jetzt bei dir zu Hause vorbei und rede mit ihr. Es kann sein, dass ich ein bisschen zu spät zum Gottesdienst komme.“
Eden wachte mit einem Ruck auf, blieb dann aber ganz ruhig liegen, bis sie wieder wusste, wo sie war. Ach ja, das Bett, in dem sie lag, stand im Haus von Beau Callahans Freundin. Die Morgensonne schien durch die einfarbig blauen Vorhänge auf Micahs Gesicht. Er lag neben ihr im Bett, ein Bein seitlich abgewinkelt, sein Teddy eingequetscht zwischen seinem Brustkorb und der Matratze.
Es war Sonntag, und sie wäre am liebsten in die kleine Kirche gegangen, die sie schon im Ort entdeckt hatte, und hätte sich einfach unter die Gemeindemitglieder gemischt.
Jetzt kam die Erinnerung an den vergangenen Abend zurück, und sie dachte an Beau … ein interessanter Mann. Als Webdesignerin war es ihre besondere Stärke, Websites zu gestalten, die den Charakter der jeweiligen Firma widerspiegelten. Deshalb beschrieb sie die Persönlichkeit von Menschen, die sie neu kennenlernte, gerne mit Hilfe der Farben, welche sie bei der Gestaltung von deren persönlicher Website verwendet hätte.
Eden kannte Beau zwar noch kaum, aber mit ihm brachte sie Blau in Verbindung. Blau stand bei ihr für Loyalität, Zuverlässigkeit und eine Beschützermentalität. Als Farbe für sein Selbstbewusstsein würde sie noch ein wenig Weiß mit ins Spiel bringen und eine weitere Akzentfarbe sowie vielleicht einen kleinen Schuss Gelb, um den starken Unabhängigkeitsdrang auszudrücken, den sie bei ihm vermutete.
Als es jetzt an der Tür läutete, erschrak Eden und presste sich die Bettdecke an die Brust.
Böse Menschen läuten doch nicht.
Außerdem hatte sie wirklich sehr sorgfältig ihre Spuren verwischt. Zwei Mal hatten sie das Taxi gewechselt,