Rosaleen Norton. Nevill Drury
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Doch dann nahmen die Ereignisse eine seltsame Wende. Im Sky Ballroom in der Elizabeth Street war zu Ehren des Großmeisters einer Freimaurerloge eine große Party organisiert worden. Unerwarteter Weise – doch nichtsdestoweniger zu einem bemerkenswert günstigen Zeitpunkt – verstarb der Ehrengast und Essen und Getränke konnten verwendet, der großartige Veranstaltungsort anderweitig gebucht werden. Die Gelegenheit für die Präsentation von The Art of Rosaleen Norton war nun gegeben und konnte doch noch vonstattengehen. In einem Bericht wurde davon gesprochen, dass die Veranstaltung „mit teuflischer Freizügigkeit“ ablief und man ihr in einem nationalen Wochenblatt daraufhin sogar eine ganze Seite widmete.
Das Buch hatte offensichtlich eine große Wirkung, da der amerikanische Konsul ein in Fledermausleder gebundenes Exemplar bestellte und das Pakistanische Konsulat sowohl die Künstler als auch den Verleger dazu einlud, ein erotisches Kunstbuch zu produzieren, das auf der mythischen Bilderwelt gewisser Tempel in Pakistan beruhen sollte. Die Gefahr einer Verfolgung für die Beteiligten durch die australische Regierung wuchs jedoch weiter an und ließ sich nicht mehr abschütteln.
Hart auf hart kam es schließlich am 27. August, als Wally Glover offiziell wegen Herstellung einer obszönen Publikation angezeigt wurde. Er erschien zum ersten Mal am 25. November 1952 vor dem Zentralgericht und plädierte auf „nicht schuldig.“ Als Repräsentant der Krone war D.J. Vine-Hall anwesend; Wally Glover wurde von seinem Verteidiger Jack W. Shand vertreten. Der Zeitungsmagnat Frank Packer, der ein persönliches Interesse an dem Fall hatte, erklärte sich einverstanden, Glovers Gerichtskosten zu übernehmen.
Bei der Eröffnung der Gerichtsverhandlung vor Richter Solling erklärte der Anwalt der Krone, das Buch selbst würde den notwendigen Beweis für eine Anklage wegen Obszönität liefern. Doch der Fall stellte sich als nicht so einfach erklärbar heraus. Die Debatte zum Inhalt des Buches erwies sich als eine langwierige Angelegenheit, die sich bis zum Februar des darauffolgenden Jahres hinzog; und im Zuge der Verhandlung musste Norton selbst ihre Zeichnungen vor Gericht erläutern.
Mr. Vine-Hall lenkte besondere Aufmerksamkeit auf die Illustrationen eines schwarzen Panthers (Black Magic), eines geflügelten Androgyn (Individuation) und einer nackten Frau, die aus einem Ei emporsteigt (Esoteric Study). Norton antwortete in geistvoller Weise, sprach über die Psychologie Jungs und Freuds und erklärte, dass sich viele ihrer Werke auf die „Fusion des Bewussten mit dem Unbewussten“ bezogen. Bei der Beschreibung von Black Magic, eine jener Arbeiten, die während des Obszönitäts-Prozesses in Melbourne erfolgreich verteidigt werden konnte, sagte sie einfach, dass der schwarze Panther die geheimen Mächte der Nacht versinnbildlichen würde, während Esoteric Study eine „verborgene Seite der Religion“ symbolisiere, „welche nur wenige Auserwählte überhaupt erkennen könnten.“
Richter Solling schloss den Fall schließlich ab, indem er Glover eine Strafe von fünf Pfund sowie die Gerichtkosten zahlen ließ. Weiterhin wurden im Urteilsspruch zwei von Nortons Werken, The Adversary und Fohat, als „Obszönität und als Angriff auf Keuschheit und Delicacy“ befunden, und in existenten Exemplaren des Buches müssten die entsprechenden Seiten geschwärzt werden.27 Zwischenzeitlich schrieb Norton ein Epitaph, in dem sie resümierte, was sie von der Entscheidung des Richters hielt:
Odium Psychopathologicum
Schauet her, meine Freunde, dieser leere Raum,
Der diesem Buch solch Ungnade widerfahren lässt,
Die Zeichnung, die ihn ausfüllen sollte, ist verschwunden:
Gebannt
Und
Indiziert!
O wütende Puritanische Hyäne!
Eure Brut allein hat diese Ungnade in die Welt gebracht,
Die sich spiegelte und im Gespiegelten ihr eigenes verfaultes Gesicht sah;
Mit einem Geist so leer wie jener leere Raum,
Deren Kultur (O Zeitalter der Erleuchtung!)
Wie eine fehlende Seite ist.
Erzürnter Caliban
(Dessen Wissen, begrenzt wie dieses Buch, Dich verschwinden lässt);
Der Du die Kunst zum Ausdruck ihrer selbst zerschnippelst,
Das sind die Geheimnisse Deiner eigenen Unterdrückung,
Heul Deine Bosheit hinaus in die Welt! Banne –
Doch wisse, O kleingeistiger Affe
„Honi soit qui mal y pense!”28
Nun wurde das Buch populär und Rosaleen verdiente gut mit künstlerischen Auftragsarbeiten. Dennoch gab es auch weiterhin Probleme mit der Justiz – dieses Mal in Übersee. Exemplare des Buches, die man nach New York geschickt hatte, wurden konfisziert und von der amerikanischen Zollbehörde verbrannt, womit es in Australien automatisch zu einem verbotenen Importprodukt wurde. Niemand, der ein Exemplar ausführte, konnte es legal wieder einführen.
Auch fand Walter Glover zunehmend, dass das Buch zu schwer zu bewerben sei, und der gesamte Vertrieb wurde schließlich aufgelöst. Bis zum Jahre 1957 war er offiziell bankrott; die Publikation des Buches hatte beträchtlich zu seiner Insolvenz beigetragen. Die Urheberrechte für die Kunstwerke im Buch, die ihm im Vertrag mit Rosaleen Norton und Gavin Greenlees zugesprochen worden waren, gingen nun auf den Konkursverwalter über, und wurden bis Mai 1981 nicht wieder auf ihn rückübertragen.
Die Gerichtsverhandlung hatte jedoch einen positiven Nebeneffekt: Der Buchbinder Alan Cross bekam natürlich sein Geld nicht und daher ermutigte Wally Glover ihn, so viele Exemplare der Seiten wie möglich zu binden und zu verkaufen, um damit zur Kostendeckung beizutragen. In einer beschwichtigenden Geste bat Glover Cross sogar an, er und seine Frau könnten sich eine von Roies Originalzeichnungen als Entschädigung aussuchen. Alan Cross hatte eine Schlange auf seinem Körper tätowiert und so suchte sich seine Frau Fohat aus – die erotische und angeblich obszöne Illustration, die von richterlicher Seite indiziert worden war. Der schlangenförmige Phallus, den Fohat abbildet, würde genauso aussehen wie die Tätowierung ihres Mannes, sagte sie.
Norton und der „Teufelskult“
Nach der Veröffentlichung von The Art of Rosaleen Norton und der darauffolgenden Kontroverse erlangte Norton zweifelsohne öffentliche Berühmtheit in Kings Cross und wurde zu einer Person, welche die Menschen auf der Straße neugierig machte. Bestimmte Coffee-Shops wie das Apollyon und das Kashmir standen im Ruf, Treffpunkt ihres „Teufelskultes“ zu sein und wurden nun von neugierigen Passanten belagert, welche hofften, Norton zu treffen. Häufig kamen Besucher sogar in die Coffee-Lounges und baten hinter vorgehaltener Hand um eine Tasse Fledermausblut! Die Inhaberin eines der Coffee-Shops – eine Mrs. Pixie Robinson – beklagte sich darüber,