Rosaleen Norton. Nevill Drury
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Rosaleen Norton - Nevill Drury страница 11
Norton, Greenlees und Stapelton
Die Ausstellung war hauptsächlich für Studenten und Akademiker konzipiert, doch nur zwei Tage nach ihrer Eröffnung betrat die Polizei von Victoria die Galerie und konfiszierte vier der ausgestellten Gemälde. Später wurden auf Grundlage der Strafrechtsverordnung aus dem Jahre 1928 Anzeigen gestellt, bei denen Nortons Witches’ Sabbath, Lucifer, Triumph und Individation als dekadente und obszöne Kunstwerke bezeichnet wurden, durch welche der Betrachter möglicherweise zu ungesunden sexuellen Gelüsten verführt werden könnte.
Während der nachfolgenden Gerichtsanhörungen am Carlton Court in Melbourne, dem Rat der Krone und Repräsentant der Polizei von Victoria, wurde argumentiert, dass Norton Werke ausstellte, die durch mittelalterliche Dämonologie inspiriert wurden. Nortons Verteidiger A.L. Abrahams entgegnete, dass die angeblich obszönen Bilder der Künstlerin harmlos waren im Vergleich zu Illustrationen, die in dem Buch The History of Sexual Magic abgedruckt worden waren. Diese Publikation wurde trotz ihrer Darstellungen von der Zensur genehmigt und war überall in Australien erhältlich. Abrahams führte des Weiteren an, dass Nortons Kunst, um sie für schuldig im Sinne der Anklage befinden zu können, von einer Art sein müsste, die „schädlich für alle jene Menschen ist, deren Geist unmoralischen Einflüssen gegenüber offen ist.“ In seinem Abschlussplädoyer befand der Bepfründete Richter Addison schließlich zu Nortons Gunsten, ließ die Anklagen gegen sie fallen und verhängte eine Gesamtkostenauferlegung gegen die Polizei.
Witches’ Sabbath aus dem Jahre 1949
Während sich Norton in Melbourne aufhielt, wurde sie von Professor Oeser kontaktiert, der die Psychologische Abteilung der University of Melbourne leitete. Daraufhin stellte sie sich bei dessen Kollegen, dem Psychologen L.J. Murphy für den Rorsbach-Behn-Test Verfügung. Die faszinierenden Einsichten in Nortons magische und künstlerische Prozesse, die sich aus diesem Test ergaben, sowie das Interview, das Murphy mit ihr führte, werden in einem späteren Kapitel behandelt.
Die Bohème von Kings Cross
Nach ihrer Rückkehr aus Melbourne zogen Norton und Greenlees in ein Viertel Sydneys namens Kings Cross, ein Vorort der Stadt, der Exzentriker, Dichter, Landstreicher und Künstler anzog und für seinen unbürgerlichen Lebensstil bekannt war. Viele farbenfrohe Charaktere wohnten in Kings Cross – das Viertel war Sydneys Gegenstück zu Greenwich Village in New York und Soho in London. Ursprünglich war diese Gegend um die Bayswater Road, die Darlinghurst Road und Victoria Street ein exklusiver Wohnort der Wohlhabenden. Im Viktorianischen und Edwardianischen Zeitalter hatten erfolgreiche Händler hier ihre Stadthäuser errichtet und aus der Gegend einen Ort eleganter Zurückgezogenheit gemacht. Doch dann gab es demographische Veränderungen und Kings Cross wurde, wie Frederick C. Folkhard in seinem Buch The Rare Sex feststellte, in den 1920er Jahren zum „Treffpunkt für Schriftsteller, Dichter, Maler, Bildhauer, Musiker und Gammler.“21
In dieser Zeit gab der junge Amerikaner „Wild Bill Kelley“, Sohn eines kalifornischen Millionärs, in seiner Wohnung am Royston Square eine Reihe scheinbar endloser Partys; und in dieser aufrührerischen, dunstigen Stimmung schien es so, als würde jeder gleichzeitig trinken, singen, zechen, diskutieren, Sex haben oder Faustkämpfe austragen. Diese Partys liefen unablässig – solange, bis ein Mädchen namens Dell Hutton bei einer dieser Zusammenkünfte in einer Sommernacht des Jahres 1926 an einer Drogenüberdosis starb.
Dulcie Deamer, die berühmte australische „Königin der Bohème“ führte zu dieser Zeit ebenfalls ein wildes Leben und sollte später behaupten, sie hätte über zweitausend Partys in Kings Cross miterlebt. Auf dem Künstlerball des Jahres 1924 trug Dulcie ein sensationelles Leopardenkostüm und war als eine Dame bekannt, die auf den Tischen der Café-Häuser einen Spagat zu machen pflegte. Einmal verlangte einer ihrer Vermieter, dass Dulcie ihre Wohnung verlassen solle; und sie war darüber so erbost, dass sie sich ein ruhiges altes Pferd besorgte und es in die Wohnung brachte. Dann füllte sie die Badewanne mit Wasser, legte ein wenig Heu in eine Ecke und verließ unbemerkt das Haus – und ließ das Pferd zurück.
Dulcie war eine lustige Person, facettenreich und extrovertiert, doch es gab auch Betrüger und Drogendealer in Kings Cross. „Phil, der Jude, verkaufte Kokain und gepanschten Alkohol und stand mit den sogenannten „Razor Gangs“ der 1920er Jahre in Verbindung. Er wurde reich, indem er eine Kette von heruntergekommenen Absteigen unterhielt, die er nach außen hin als Nachtclubs deklarierte. Sie trugen Namen wie „Fifty-Fifty Club“ und „Four Hundred Club“ und wurden zu Treffpunkten für Kleinkriminelle. Sogar die berüchtigte Verbrecherin Kate Leigh hinterließ ihre Spuren in Kings Cross. Sie war in den benachbarten Surry Hills von Sydney als „Königin der Unterwelt“ bekannt – eine hartgesottene und gesetzlose Frau, die eine Armee von Prostituierten, Zuhältern, Dieben, Schlägern und Geldeintreibern befehligte. Auch sie führte ein Geschäft mit gepanschtem Alkohol in der Liverpool Street, direkt im Herzen von Kings Cross.
So hielt sich ein ganzes Pantheon exotischer Charaktere in Kings Cross auf, einige von ihnen bezaubernd und einige von ihnen gefährlich. Roie und Gavin kannten Dulcie Deamer gut und Norton steuerte eine Phantasie-Zeichnung zu Dulcies Gedichtband The Silver Branch bei, dessen Umschlagillustration von Norman Lindsay angefertigt wurde. Dulcie und Roie liebten beide das Übernatürliche und Geheimnisvolle.
Als Norton und Greenlees aus Melbourne zurückkehrten, muss Kings Cross für sie zweifelsohne wie ein Heimathafen gewirkt haben. Sie mieteten eine Wohnung in einem dreistöckigen Reihenhaus in der Brougham Street Nr. 179 – nahe dem „Rotlichtviertel“ von Kings Cross. Ihre Wohnung befand sich nur wenige Schritte von der William Street entfernt; ein kurzer Spazierweg zu Adressen wie dem „Mansions Hotel“ in der Bayswater Road und dem „Arabian Café“ in der Darlinghurst Road. Im „Arabian Café“ hingen einige von Roies Gemälden an den Wänden, und man konnte oben auf einem Balkon sitzen, der farbig erleuchtet war, oder im Erdgeschoss ein intimeres Gespräch in einer spärlich beleuchteten Ecke führen. Es gab dort aber auch den „McGowan’s California Coffee Shop“, wo sich ungehobelte und entwurzelte Amerikaner trafen, sowie den schäbigen Glanz der Nachtclubs und Stripteaselokals, die dort seit dem Krieg ansässig waren.22
In Kings Cross war wie ein Fluss des Lebens, und zwar in jeder Hinsicht. Menschen überschwemmten das Viertel in der Nacht, angetrieben von einer immer wieder erwachenden Leidenschaft. Es war lebendig, aufregend, und man konnte sich in diesem Viertel verlieren, denn alles, was im Cross geschah, schien ewig anzudauern. Es war ein Ort, an dem man kommen und gehen konnte, wie man wollte, wo die Leute nicht zu viele Fragen stellten und wo jeder zugleich Fremder und Freund war. Dies liebte Norton, denn hier konnte sie ihre Visionen auf Leinwand bringen, die entlegenen Winkel ihrer Seele erkunden und trotzdem die schützende Erdverbundenheit der Menschen um sie herum fühlen. Da draußen, jenseits des Schleiers aus Tand, erwachten ihre Götter zu neuem Leben.
Zu dieser Zeit waren Norton und Greenlees bereits ein Paar, obwohl Roie noch offiziell mit Beresford Conroy verheiratet war. Es scheint allerdings, dass die Gelegenheit zu einer sexuellen Beziehung nicht der ursprüngliche Grund für die Anziehung zwischen den beiden gewesen war. Ohne Zweifel war es ihre gemeinsame Arbeit für den Pertinent, die sie zusammengeführt hatte – Roie als visionäre Künstlerin und Gavin als ein aufstrebender visionärer Dichter. Nach Cecilys Aussagen zu urteilen, war es der Altersunterschied zwischen Norton und Greenlees, der in erster Linie zu ihrer befruchtenden Beziehung führte.