Rosaleen Norton. Nevill Drury

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Rosaleen Norton - Nevill  Drury

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ein Opossum, ein Ameisenigel, eine Ziege, Schildkröten, Hunde und verschiedene Kröten. Sie verbrachte Stunden damit, in ihren Biologiebüchern zu lesen. „Ich war von Zoologie und Entomologie begeistert“, erinnerte sie sich später beim Gedenken an ihre Kindheit. „Und im Alter von neun oder zehn Jahren wäre ich in der Lage dazu gewesen, an einem Quiz über prähistorische Tiere teilzunehmen und hätte eine reelle Chance gehabt, den Jackpot zu gewinnen.“ Rosaleen fand mehr Trost bei den Tieren und Insekten als bei den meisten Mitgliedern ihrer Familie: „Familiengefühl hat mir nie etwas bedeutet, und obwohl ich zwei Verwandte – meine älteste Schwester (Cecily) und eine meiner Tanten – mochte, tat ich es wohl nur, weil ich sie eher als Freunde denn als Familie betrachtete.“

      Norton demonstrierte ihre bemerkenswerte Neigung für das Zeichnen bereits in früher Kindheit, doch ihre handwerklichen Fähigkeiten sollten schon bald unvorhergesehene und dramatische Folgen haben. An der Mädchenschule der Church of England fing Norton damit an, für ihre Klassenkameradinnen ungewöhnliche Zeichnungen zu produzieren, die in einer Interpretation von Saint Saens Danse Macabre kulminierten, in welcher Vampire, Ghoule und Werwölfe dargestellt waren. Nach Nortons Aussage stellte diese Zeichnung „ … jegliche Art grotesken Schreckens, die ich zu zeichnen in der Lage war, in einer großen Höhle unter der Erde dar.“5 Ihre Lehrer hielten die Zeichnungen für inakzeptabel und empfanden Nortons Verhalten als störend. Die Schulleiterin schrieb nach diesen Vorkommnissen an ihre Mutter und beschwerte sich, dass die Vierzehnjährige eine verruchte Natur besaß, welche die Unschuld der Mitschüler korrumpieren würde. Kurz danach wurde Norton der Schule verwiesen. Daraufhin schrieb sie sich am Technischen Kolleg im Ostens Sydneys ein, wo sie zwei Jahre lang bei dem anerkannten Bildhauer Rayner Hoff Kunst studierte, welcher zu dieser Zeit die Kunstschule leitete. Hoff förderte Nortons Kreativität und sie wiederum schätzte seine Unterstützung:

      Er befreite mich aus den Fängen der Routine und ließ mich meine Zeit mit Figurenzeichnen und Komposition verbringen, und da ich zum ersten Mal in meinem Leben richtig ermutigt wurde, kontinuierlich an meiner eigenen Kunstform zu arbeiten, wurde ich zu einer Vorführ-Studentin.6

      Während ihrer Zeit am Technical College begann Norton darüber nachzudenken, welche Karrieremöglichkeiten sich aus ihrem Kunststudium ergeben könnten. Mit fünfzehn Jahren hatte sie mehrere Geschichten von ihr an das bekannte, breitformatige Smith Weekly Magazine geschickt, welche von dessen Chefredakteur namens Frank Marien sofort angenommen worden waren.7

      Folglich erwog Norton Journalistin zu werden, auch wenn dies für sie nicht die erste Berufswahl darstellte. Norton besuchte Marien in den Geschäftsräumen des Smith Weekly zum ersten Mal im Jahre 1934, als sie sechzehn Jahre alt war. Nach ihrem Gespräch stellte Marien Norton wohl hauptsächlich auf Grundlage der eingereichten Geschichten als Jungjournalistin ein.

      Nortons frühe Dichtung ist deshalb so interessant, weil sie einen Einblick in ihre Imagination gewährt. Ihre erste Geschichte handelt von einem jungen Mann, der nachts eine fremdartige Straße erkundet, als er plötzlich auf ein Wachsfigurenkabinett stößt – der Eintritt kostet sechs Pence. Da er Wachsfiguren mag, entscheidet er sich einzutreten:

      Eine hexenartige Frau ergriff seine sechs Pence mit einer „grauen Klaue“ und führte ihn die wackeligen, wurmzerfressenen Stufen hinauf …

      Der junge Mann fand sich schließlich in einem riesigen Raum wieder, der von tiefschwarzen Kerzen erleuchtet wurde. Höhnisch grinsende, verunglückte Formen kreisten ihn ein und warfen kreuzartig verschränkte Schatten auf den Fußboden. Es sah aus wie das Gemälde eines dekadenten Genies. Warten sie nur auf ein Signal von ihrem Meister, dem Teufel, um von ihren hölzernen Podesten hinunterzusteigen und sich in einer höllischen Saturnale zu ergehen? Durch diese Atmosphäre verängstigt, versuchte der Mann zu fliehen, doch er sah, dass er eingeschlossen war. Irgendwo schlug eine Uhr Mitternacht und eine leise, klar zu vernehmende Musik drang in den Raum hinein. Sie wurde von den Flöten eines wächsernen Satyrs erzeugt. Carls Geist rotierte in einer Ekstase des Grauens. Die Teile der Wachsfiguren stiegen von ihren Podesten hinunter … das Licht erlosch …

      Am darauffolgenden Morgen vernahmen zwei Polizisten einen gellenden Schrei. Als sie das leere, verlassene alte Haus betraten, in dem sich einst ein Wachsfigurenkabinett befand, fanden sie die kläglichen Überreste von etwas, das einmal ein junger Mann gewesen war … seine Augen waren die eines Menschen, der Dinge gesehen hatte, die Sterbliche nicht sehen sollten.8

      Nachdem Frank Marien Nortons erste Geschichte erhalten hatte, bat er sie um eine weitere Kurzgeschichte, und sie schickte ihm ein Stück mit dem Titel Das Gemalte Grauen, eine Geschichte, die noch verstörender war als die erste. Sie handelte von einem jungen Künstler, der beim Malen in seinem Atelier bemerkte, wie seine Hand auf geheimnisvolle Weise dazu gebracht wurde, eine „gigantische, ekelerregende Masse rosafarbenen, aufgedunsenen Fleisches“ zu malen, „die aussah, als ob sie aus einem Meer des Verfalls aufgestiegen sei und von einem untersetzten, grinsenden, halbmenschlichen Kopf mit großen, dicken und blutbesudelten Fingern, die sich wie Würmer wanden, überragt wurde … Dieser riesige Körper kauerte auf der Leinwand und war scheinbar jederzeit dazu bereit, den Betrachter anzuspringen.“9 Diese mysteriöse Macht in der Geschichte ernährte sich so lange vom Geist und der Seele des Künstlers, bis dieser eines Morgensauf dem Fußboden seines Ateliers vorgefunden wurde, „in Fetzen gerissen und aufgefressen.“ Ein Polizist, der diesen bizarren Todesfall nicht aufklären konnte, merkte an: „Merkwürdiger Weise wies eine große Leinwand in seinem Atelier ein großes Loch auf, ganz so als wäre irgendetwas aus ihr heraus oder durch sie hindurch gesprungen.“10

      Marien war von diesen Geschichten aus der Feder eines fünfzehnjährigen Mädchens so beeindruckt, dass er noch eine weitere Geschichte von ihr zur Veröffentlichung anforderte. Nortons dritte Zusendung trug den Titel Mond-Wahnsinn und handelte von einem Mädchen, das unter dem Einfluss des Vollmondes in einem Obstgarten seine Schwestern einer Marmorstatue, die einen Jüngling darstellt, opfert. Der folgende Auszug steht stellvertretend für die ganze Geschichte:

      Plötzlich war da Corinnes gellender Schrei, als Viviennes Zähne in ihre Halsschlagader eindrangen. Ein Schrei, kurz und grauenerregend, als würde er von einem gefangenen Kaninchen kommen – doch es war niemand da, der ihn hören konnte … nur die dünnen, gemeißelten Lippen des Jünglings schienen zu lächeln, als das warme Blut des Opfers über seine Füße lief.11

      Marien war beeindruckt von Nortons imaginativen, wenn auch gruseligen Fähigkeiten als Autorin und entschied sich, ihr eine Stelle als Jungjournalistin anzubieten, obwohl ihm gleichzeitig bewusst war, dass es nötig sein würde, die kreativen Energien der Schreiberin in eine Form zu bringen, die für die Leser verdaulicher war. Bald darauf jedoch bestand Norton darauf, als Graphikkünstlerin und nicht als Journalistin angestellt zu werden. Marien war sich ihrer künstlerischen Talente nicht sicher und machte ihr klar, dass die Zeichnungen, die der Smith’s Weekly abdruckte, humorvoll und geistreich waren und das Hauptanliegen darin bestand, die Leser zum Lachen zu bringen. Norton versicherte ihm, dass sie in der Lage dazu wäre, Illustrationen im angemessenen Stil zu produzieren.12

      Leider erwiesen sich die ersten Zeichnungen, die Norton für den Smith’s Weekly anfertigte, als kommerziell inakzeptabel. Die erste Komposition, die sie Marien anbot, zeigte eine Anzahl von Frauen, die auf einer Art Gras im Kreis saßen und sich darüber amüsierten, wie sie ihre Neugeborenen bissen. Auf einer anderen, mit einem Kommentar versehenen Zeichnung sah man zwei Mädchen vor einem Tigerkäfig im Zoo stehen. Eines der Mädchen schaute zu dem Zoowärter hinüber und bemerkte gegenüber ihrer Freundin: „Wäre das nicht ein Spaß, wenn die Tiere ihn auffressen würden!“

      In den darauffolgenden Monaten bat Marien Norton, ihre Werke in einem für die Allgemeinheit zugänglicheren Stil anzufertigen. Doch Norton war nicht in der Lage, die Art von Illustrationen zu produzieren, die von der Leserschaft des Smith’s

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