Die Venusische Trilogie / Engel weinen nicht. Omnec Onec

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Die Venusische Trilogie / Engel weinen nicht - Omnec Onec

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Neuheit, in die Kirche zu gehen, war bald keine mehr, weil wir jeden Montag, Mittwoch, Freitag und Sonntag dorthin gingen. Die Sonntagsschule war lustig. Wir lasen Geschichten und sangen Lieder. Genauso lustig war es, in der Kirche zu singen und den Gitarren und dem Piano zuzuhören. Ein junger Mann, der manchmal vor der Gemeinde sang, war besonders beliebt. Sein Name war Elvis Presley.

      Meine übrigen Erfahrungen in der Kirche bestanden aus Lektionen in Toleranz und Verständnis. Die Kirche Gottes machte es einem sehr schwer, ein Individuum zu bleiben. Genau wie Vonic erklärt hatte, durften Frauen keine Hosen, keine kurzen Haare, keine Dauerwelle, Makeup oder Schmuck tragen. Es schien, als wären die meisten Regeln für Frauen gemacht.

      Den Männern war es verboten zu trinken oder zu rauchen, was ja eigentlich gut für ihre Gesundheit war. Doch es störte mich, daß sie dies nur befolgten, weil es eine Vorschrift war.

      Die Predigt störte am meisten. Die Geistlichen predigten immer direkt aus der Bibel, sie begannen mit einer Geschichte und erklärten dann die Moral. Oft wiederholten sie dieselbe Idee vier oder fünf Mal, wobei sie verschiedene Beispiele benutzten. Und es war immer eine höchst emotionale und manchmal laut geschriene Art von Predigt.

      Immer wenn ein Wanderprediger in der Stadt war, erreichte das Predigen und Singen einen absoluten Höhepunkt. Großmutter bestand darauf, mich zu diesen Erweckungen mitzunehmen; die Versammlungen wurden jeden Abend abgehalten.

      Die Gemeindemitglieder brachten Neulinge mit, die gerettet werden sollten und demjenigen, der die meisten Konvertiten mitbrachte, wurden Preise verliehen. Ich wußte nicht, was ich von all dem halten sollte.

      Der Wanderprediger flehte und bettelte die Neulinge an, heraufzukommen, um jetzt gerettet zu werden, bevor es zu spät sei. Seine aufgeheizte Stimme mischte sich mit Hymnen aus dem Hintergrund. In der Zwischenzeit entstand in der Kirche oft eine sonderbare Atmosphäre. Menschen fingen an zu weinen und knieten nieder. Andere begannen, auf und ab zu springen, mit hoher Stimme zu rufen und in fremden Zungen zu reden. Die Bibel an einer bestimmten Stelle aufgeschlagen, gingen sie emotionsgeladen herum, zeigten sie anderen und redeten in einer mysteriösen Sprache.

      Diejenigen, die gerettet wurden, fielen weinend und wehklagend vor der langen Holzbank auf die Knie, die als Altar diente.

      Der Prediger und seine Mitarbeiter eilten prompt herbei und knieten bei jedem neuen Anwärter. „Bist du gewillt, Gott um die Vergebung deiner Sünden zu bitten? Bist du gewillt, ein heiliger Mensch zu sein und deine Sünden vom Blute Jesu wegwaschen zu lassen?“

      Dieses Geschäft mit dem Blute Jesu beunruhigte mich oft, weil ich die Dinge wörtlich nahm.

      Als alles vorüber war, standen die geretteten Leute vorn, und alle kamen, um ihnen die Hände zu schütteln und sie als Mitglieder der Kirche willkommen zu heißen.

      Die Erweckungen schläferten mich gewöhnlich ein, wenn ich nicht zeichnen oder spielen konnte. Manchmal versuchte ich, dem zuzuhören, was vor sich ging, doch mein Interesse hielt nie lange an. Ich mochte das Singen und das Klatschen, das war alles.

      Ich sah und verstand, daß diese Leute sehr aufrichtig waren, und all das hatte für sie eine sehr tiefe spirituelle Bedeutung. Meine Reaktionen basierten auf meinen eigenen Erfahrungen und Lehren.

      Auf der Venus hatte ich gelernt, daß die Bibel ein Tagebuch besonderer Menschen war, die vor langer Zeit auf der Erde lebten. Sie war kaum mehr als ein Geschichtsbuch. Das ist für die Leute auf der Erde schwer zu akzeptieren. Es gab eine Zeit, als in den Reden der religiösen Führer große Wahrheiten lagen, aber nach Jahrhunderten der Überarbeitung und Rückübersetzung können die Worte der Bibel nicht mehr als absolute Wahrheit angenommen werden. Den Geboten stimme ich jedoch zu.

      Auf der Venus ist es bekannt, daß viele Individuen die Schriften spiritueller Führer für ihre eigenen Zwecke verwendet haben oder dazu, eine bestimmte Aussage einzubringen. Wenn es eine andere Meinung über das gab, was geschrieben stand, oder wenn etwas nicht verstanden wurde, dann wurde dieser Abschnitt der Bibel umgeschrieben.

      Verschiedene Gruppierungen haben aus diesem Grund unterschiedliche Bibeln. Die Schriften wurden ihrem Verständnis von Wahrheit entsprechend verändert.

      Das Wort Gottes oder der Wahrheit muß erfahren, nicht in einem Buch gelesen werden. Dies geschieht durch das wirkliche Sehen der Höchsten Gottheit und durch die Kommunikation mit ihr in der namenlosen Welt jenseits der Seelenebene. Nur die Seele selbst kann sie erfahren. Es ist keine physische Erfahrung.

      Um die Menschen zu beherrschen, haben religiöse Führer das „Glaube-oder-sei-verdammt-Evangelium“ geschaffen – eine Religion der Angst. Es wurde ein Postulat aufgestellt, daß eine bestimmte Sammlung von Schriften das Wort Gottes sei. Durch Manipulation und Interpretation des Buches können die Menschen beherrscht werden. Dies sind die Werke von Kal, der negativen Kraft, obwohl die meisten sich gar nicht bewußt sind, darin verwickelt zu sein.

      Das menschengemachte Gesetz ärgerte mich, und oft bekam ich Streit mit Großmutter darüber, warum Frauen keinen Lippenstift auflegen oder Hosen tragen durften. Es ergab für mich einfach keinen Sinn, daß eine Kirche in der Lage war, den Leuten vorzuschreiben, das eine zu tun und das andere zu lassen.

      Gemäß den Gesetzen des Höchsten Wesens wurde ich mit dem Recht geboren, mich zu kleiden und zu handeln, wie es mir gefiel. Und ich übernahm volle Verantwortung für meine Handlungen unter dem Gesetz des Karma. Keine Kirche oder Person hatte das Recht, mir meine Rechte wegzunehmen.

      Die einzige Sache, die ich aus meinen Diskussionen mit Großmutter lernte, war, daß es sinnlos war zu diskutieren. Wie mein Onkel und Vonic mir gesagt hatten, wird den Kindern auf der Erde in ihrer Individualität wenig Freiheit gegeben.

      Dies traf besonders auf die Schule zu. Großmutter meldete mich in der Mary Ann Garber Schule an, die zu unserer Wohnsiedlung gehörte und von der Regierung unterhalten wurde. Die ältere Mrs. Jensen, meine Lehrerin in der zweiten Klasse, machte auf mich nicht viel Eindruck. Sie schien an ihren Schülern oder der Schule nicht interessiert zu sein.

      Für eine Weile war die Schule eine nette Neuheit, aber mein eigenes Interesse nutzte sich schnell ab. Es störte mich, daß Lehrer nur das lehrten, was ihrem Gefühl nach für Kinder wissenswert war, und das waren die Grundlagen, die jeder zu Hause gelernt haben sollte.

      Viel zu viel Zeit wurde damit verschwendet, die Fakten zu wiederholen, Fakten, die uns im Leben wenig helfen würden, es sei denn bei einem Fernsehquiz oder einem Wettbewerb.

      Von Anfang an sah ich, daß das Testen und Bewerten den Kindern einen Wettbewerbssinn einimpfte, eine zerstörerische Kraft, ohne die die Erde gut auskommen könnte.

      Die langsamen Schüler wurden durch schlechte Noten degradiert oder dadurch, daß sie den Lernbehinderten zugeteilt wurden. Die Erzieher schienen keine Zugeständnisse hinsichtlich der Tatsache zu machen, daß jedes Individuum in dem ihm eigenen Tempo lernt. Ich mochte die Lehrer, die Kinder, die Pause und die Essensstunde, doch der Klassenunterricht selbst war langweilig. Viele Kinder genossen den Unterricht, weil sie es wichtig fanden, alles zu lernen, was man ihnen beibrachte. Eine größere Wahlfreiheit der Kinder darin, was wann zu lernen ist, würde Wunder vollbringen.

      Wenn ich nicht in der Schule war, verbrachte ich oft Zeit allein mit mir, und ich dachte über die verschiedenen Dinge nach, gegen die ich etwas hatte. Es gab so viele Routineereignisse in meinem Leben, die zu viel von meiner Zeit aufzehrten, aber nur so konnte mein physischer Körper überleben. Immer noch waren viele Leute fett und unsauber oder kümmerten sich nicht um ihr Äußeres. Ich vergegenwärtigte mir, daß all dies von untauglicher Schulung und schlechten Eßgewohnheiten kam.

      Nachts,

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