Zwei Millionen ham'ma erledigt. Johannes Sachslehner

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Zwei Millionen ham'ma erledigt - Johannes Sachslehner

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aufmerksam geworden: SS-Gruppenführer Reinhard Heydrich. Die „richtige“ Umgebung für einen derart organisatorisch geschickten Parteigenossen könne nur die SS sein – Globocnik folgt dem Wunsch aus Berlin und tritt am 1. September 1934 mit der Nr. 292.776 der „Schutzstaffel“ bei, ein entscheidender Schritt, denn von nun an wird seine Parteikarriere, wie schon Alfred Elste und Dirk Hänisch betont haben, steil nach oben weisen. Reinhard Heydrich betraut den Neuen in Kärnten gleich mit einer speziellen Aufgabe: Der von Globocnik und SS-Untersturmführer Albert Gayl geschaffene „Sonderdienst der Gauleitung“ soll in die SS integriert und weiter ausgebaut werden; die Leitung wird dem Parteigenossen Rudolf Thaller übertragen. Aufgabe dieses „Sonderdiensts“ ist die umfassende Nachrichtenbeschaffung, er soll „Tast- und Sinnesorgan am Körper des Volkes, in allen Gegnerkreisen, auf allen Lebensgebieten“ und „bewegliches Instrument“ (Heinz Höhne) sein. Für den agilen Globocnik genau das Richtige, öffnet sich doch damit für ihn ein weites Aktionsfeld. Da sind zum einen die Überwachung und die Beobachtung des politischen Gegners, die bis auf die obersten Dienststellen der „Systembehörden“ in Kärnten ausgedehnt werden; Richter, Ärzte und Wissenschaftler werden als Informanten gewonnen. Es sind Männer wie der aus dem deutsch-nationalen Lager kommende Slowenenhasser Alois Maier-Kaibitsch (1891 – 1958), der im Beirat der Landesführung der Vaterländischen Front und im Vorstand des „Kärntner Heimatbunds“ sitzt und „zum wichtigsten geheimen Mitarbeiter“ des SD avanciert. Die verdeckten Nazis unter den Beamten der Polizei, der Kriminalpolizei und der Gendarmerie werden in einem eigenen „SS-Polizeisturm“ organisiert; Führer dieser Informanten- und Spitzeltruppe ist der SS-Mann Theo Bauer aus Krumpendorf.

      Zum anderen „organisiert“ Globocnik, der gerne unter dem Decknamen „Herr König“ agiert, NS-Hilfsgelder aus dem „Reich“, die über Triest bzw. die Schweiz nach Österreich geschleust werden; im Gegenzug „bezahlt“ Globus mit Informationen über die politische Szene in Österreich – insgesamt sind es 8,226.435,-Schilling, die so vom September 1934 bis zum März 1938 über das illegale „Hilfswerk“ zur Finanzierung der Untergrundaktivitäten ins Land gelangen. Und er sorgt für Nachschub, um den Terror aufrechterhalten zu können: Italienische Spediteure bringen in seinem Auftrag Propagandamaterialien, Sprengstoff und Bomben nach Triest, von hier wird das brisante Gut von österreichischen und deutschen Mittelsmännern – Globocnik setzt dafür eigene Sonderkuriere ein – über die jugoslawische Grenze nach Kärnten geschmuggelt.

      Auf die Spur Globocniks gerät die Polizei bei einer Hausdurchsuchung am 11. Dezember 1934 in Krumpendorf bei Maria Bauer, einer ehemaligen Pflegerin der Landesirrenanstalt in Klagenfurt. Anlass für die Polizeiaktion ist eine „vertrauliche Anzeige“ und tatsächlich finden die Beamten belastendes Material: so vor allem Listen von NSDAP-Mitgliedern, die „durch das Vorgehen der Behörden irgendwie Nachteile erlitten hatten, sowie viele Unterstützungs- und Darlehensansuchen von in Kärnten ansässigen Nationalsozialisten“. Ein Dokument sticht ihnen jedoch sofort besonders ins Auge: ein vom österreichischen Generalkonsulat in Triest im Januar 1934 ausgestellter und von der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt bis Februar 1939 verlängerter Reisepass, lautend auf den „Bautechniker“ Odilo Globocnik. Das Auffallende an dem Dokument: Die Einträge weisen darauf hin, dass der Pass im Februar 1934 und von Juli bis November 1934 zu zahlreichen Auslandsreisen benützt worden ist.

      Maria Bauer wird sofort verhaftet, am nächsten Tag, dem 12. Dezember 1934, nimmt man Globocnik fest; beide werden wegen Verdachtes des Hochverrates in das Landesgericht Klagenfurt eingeliefert. Maria Bauer gibt bei ihrer Einvernahme an, die beschlagnahmten Listen von einem gewissen Herbert Maurer in Klagenfurt erhalten und für diesen fallweise Schreibarbeiten übernommen zu haben; die auf den Listen genannten Personen seien ihr unbekannt, Herbert Maurer inzwischen ins „Reich“ geflüchtet. Auch Globus hat sich eine ähnliche Verteidigungslinie zurechtgelegt: Er habe seinen Reisepass nach der Rückkehr aus Triest nach Klagenfurt im Februar 1934 einem „Bekannten aus Triest“ namens Erhard Berger übergeben, damit dieser das Reisedokument an das Generalkonsulat in Triest zurückstelle. Über das „weitere Schicksal des Passes“ wisse er nichts, er habe weder um Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Passes angesucht noch diesen zu weiteren Auslandsreisen benützt, Erhard Berger halte sich in Deutschland auf.

      Es beginnen umfangreiche Ermittlungen rund um den mysteriösen Reisepass und die bei Maria Bauer gefundenen Namenslisten. Dem Fall wird von der Bundespolizeidirektion höchste Bedeutung zugemessen: Da man die Kärntner Kollegen damit etwas überfordert sieht und um die zahlreichen Nazi-Sympathisanten in den Kärntner Polizeireihen Bescheid weiß, betraut man einen dem staatspolizeilichen Büro des Bundeskanzleramtes zugeteilten Referenten mit der Leitung der „Amtshandlung“; am 5. Januar 1935 trifft dieser in Begleitung von fünf Kriminalbeamten der Bundespolizeidirektion in Klagenfurt ein. Rasch erhärtet sich der Verdacht, dass Globocnik gelogen hat, eine Hausdurchsuchung in der Villa von Emil Michner in Krumpendorf wird angeordnet. Hier finden die Beamten am 10. Januar 1935 in einer Handkassette ein versiegeltes Paket mit der Aufschrift „Meine Ersparnisse“. Emil Michner erklärt, dass dies Ersparnisse seiner Tochter Margarete seien, das Paket wird geöffnet, es enthält 2.300,- Schilling und 350,- Lire. Als Grete versichert, dass sie keine Ersparnisse habe und sie das Paket von Erika Globocnik im Auftrag von Odilos Mutter Anna Globocnik zur „Aufbewahrung“ erhalten habe, werden beide, Vater und Tochter Michner, verhaftet und ins Bundespolizeikommissariat Klagenfurt gebracht; auch Anna Globocnik wird festgenommen – die Mutter Odilos tappt in die Falle, als sie behauptet, das Paket beinhalte ihre Ersparnisse, dann aber weder Betrag noch Geldsorten zu nennen weiß. Schwester Erika, die sich angeblich auf einer Skitour befindet, wird zur Fahndung ausgeschrieben.

      Weitere Nachforschungen ergeben, dass der Beamte, der den Pass Globocniks in der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt verlängert hat, Nazi-Sympathisant ist, wegen des Verdachts auf Missbrauch der Amtsgewalt wird auch er verhaftet, eine Hausdurchsuchung bei ihm fördert zahlreiche NS-Flugschriften und -Zeitungen zutage. Bei einer Gegenüberstellung mit Globocnik behauptet der Beamte, diesen nicht zu kennen. Die Kriminalbeamten aus Wien glauben dem Mann kein Wort, weitere Hausdurchsuchungen in Spittal an der Drau, in Greifenburg, Feldkirchen, Millstatt und Villach werden vorgenommen, das aufgefundene Material, in mehreren Fällen ein umfangreicher Briefwechsel, erlaubten es den Beamten allmählich, ein genaueres Bild des „Systems Globocnik“ zu gewinnen: Das Geld zur Unterstützung der illegalen Nazis fließt vorwiegend aus dem Deutschen Reich. Drehscheibe der Transaktionen ist eine Hilfsstelle der NSDAP in München, die Kontakte zu Mittelsmännern in der Schweiz und in Italien unterhält, angeblich auch zu einem Schweizer Bankkonsortium, das zur Versteigerung gelangende Liegenschaften von NS-Parteigängern aufkaufen soll. Eine Schlüsselrolle kommt hier Dr. Franz Albertini zu, dem Mitbegründer und Leiter einer Privatkrankenanstalt in Spittal an der Drau; zu den Eingeweihten zählen auch dessen Verwalterin Marie Zmölnig und deren Bruder Stefan Zmölnig sowie die Fabriksbesitzerin Maria Merlin in Dellach. Ein Zimmermädchen in Interlaken namens Edith Pippan soll in diesem geheimen Netzwerk ebenso eine Rolle gespielt haben wie die italienischen Außenhandelsfirmen A. Erker in Mailand und Mazzucato & Figli in Padua oder eine Hotelbesitzerin in Greifenburg.

       Die Bundespolizeidirektion hat Globocnik im Visier:

       das in Klagenfurt angefertigte Fahndungsfoto des jungen Illegalen.

      Globocnik selbst, der regelmäßig Kontakt mit SS und SD im „Reich“ knüpfen muss, hält diesen „Unterstützungskreislauf“ durch zahlreiche Reisen am Leben; immer wieder benützt er Decknamen für seine Tätigkeit, insgesamt sollen es „20 oder 30“ gewesen sein. Sein bevorzugtes Reiseziel ist die NSDAP-Hilfsstelle in München; um keinen Verdacht zu erregen, wählt er den Umweg über den Flughafen S. Nicolo del Lido in Venedig, von dem aus er, wie die Beamten der Staatspolizei recherchieren, zwischen 17. Januar und 22. Oktober 1934 viermal nach München abfliegt und gleich achtmal aus München zurückkehrt. Seine Kontaktmänner in Venedig sind, wie die Ermittlungen ergeben, der erwähnte deutsche Staatsbürger Erhard Berger, dem er später seinen Reisepass übergeben haben will,

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