Zwei Millionen ham'ma erledigt. Johannes Sachslehner

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Zwei Millionen ham'ma erledigt - Johannes Sachslehner

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von den Untersuchungsbeamten auch Hubert Klausner auf seinem Besitz in Latschach am Faaker See aufgestöbert und am 17. Jänner 1935 einvernommen; zu Globocnik befragt, gibt er zu Protokoll: „Den Odilo Globocnik kenne ich noch aus der Zeit meiner Betätigung für die NSDAP. Er war damals in der Betriebszellenorganisation tätig. In der Zeit von der Auflösung der Partei bis zum Juliputsch dürfte ich den Globocnik 1 oder zweimal zufälligerweise auf der Straße oder in einem Caféhaus getroffen haben. Ob ich mit ihm längere Zeit beisammen war, kann ich nicht mehr angeben, doch dürfte dies wahrscheinlich nicht der Fall gewesen sein, da meine Klagenfurter Aufenthalte ohnehin stets von kurzer Dauer waren. Glaublich im April oder Mai 1934 unmittelbar nach den ersten schweren Sprengstoffanschlägen sprach ich mit ihm längere Zeit im Caféhaus Lerch oder auf der Straße irgendwo über die Attentate. Da er damals, ebenso wie ich, diese Anschläge verurteilte, so zog ich ihn als die Aktion Reinthallers einsetzte, trotzdem er noch ein jüngerer Mensch war, wegen seiner Gesinnung ins Vertrauen.“

      Über die konkreten Untergrundaktivitäten Globocniks weiß Klausner also kaum etwas, seine Aussage lässt jedoch darauf schließen, dass Globus im Kreis seiner Parteigenossen durchaus für fähig gehalten wurde, in der illegalen Partei höhere Ämter zu bekleiden. Und sie wirft einiges Licht auf Globocniks Rolle bei der „nationalen Befriedungsaktion“ Anton Reinthallers, des späteren ersten Bundesparteiobmanns der FPÖ. Der oberösterreichische Bauer Reinthaller (1895 – 1958), ursprünglich für den Landbund tätig und seit 1930 NSDAP-Mitglied, sucht die Aussöhnung mit dem Ständestaat und tritt für ein Ende des Bombenterrors ein; in einem Komitee der „Nationalen Aktion“ will er, von Hitler zum „Führer der NSDAP in Österreich“ ernannt, alle Kräfte versammeln, die diesen Weg unterstützen. Globocnik hat also keineswegs das Image eines Polit-Rowdys und Bomben-Werfers und ist in diesem Komitee, wie die Aussage Klausners weiter zeigt, als Vertreter eines neuen „gemäßigten“ Kurses der Kärntner Nazis nicht unwillkommen: „Einige Zeit nach dem Putsch, es dürften die ersten Tage im August gewesen sein, kamen zwei Herren aus Wien zu mir nach Unteraichwald, stellten sich als Abgesandte des Ing. Reinthaller, den ich vorher persönlich noch nicht gekannt habe, vor und fragten mich, ob ich an der nationalen Befriedigung (sic!) in Österreich mitarbeiten wolle. Die Namen dieser beiden Herren sind mir nicht mehr in Erinnerung. Der eine von beiden stammt aus Oberösterreich. Die beiden waren zuerst in Klagenfurt und wurden angeblich von hier an mich gewiesen. Wer die Bekanntschaft vermittelt hat, weiß ich nicht.

      Als Bedingung für die nationale Aktion wurde von den beiden verlangt, dass man 1.) weder direkt noch indirekt am Putsch beteiligt war, 2.) dass man die Terroranschläge unbedingt verurteilt, und 3.) nicht der radikal nat. soz. Richtung angehört hat. Ich habe den beiden meine Mitarbeit zugesagt.

      Ich trat bald darauf in der Sache mit einem gewissen Longin, Beamter in der BH in Villach (= NS-Bezirksleiter Hubert Longin – J. S.), und mit dem Odilo Globocnik in Klagenfurt in Verbindung. Auch mit dem Kommerzialrat Haslacher (= der Unternehmer Franz Haßlacher, 1884 – 1951, u. a. Vizepräsident der Creditanstalt, Präsident des „Ständestaatlichen Holzwirtschaftsrates“ und Präsident der österreichischen Sägeindustrie – J. S.) hatte ich diesbezüglich einige Verhandlungen, und zwar dürfte ich 1 bis 2 mal in Klagenfurt beisammen gewesen sein und einmal hat er mich zuhause besucht.

      Mit Globocnik war ich 3 mal in Wien, und zwar glaublich das 1. Male mit einem Auto in Begleitung meiner Frau, meines Bruders samt Frau. Ich wurde mit dem Auto von meinem Hause von Globocnik abgeholt, fuhr dann zuerst mit ihm nach Villach, wo ich meinen Bruder samt Familie abholte und von dort weiter über Klagenfurt nach Wien.

      Das zweite und 3. Mal fuhr ich mit dem Globocnik mit dem Zuge nach Wien. Die Auslagen für das Auto und den Zug habe ich selbst aus eigener Kasse getragen.

      In Wien haben wir mit Ing. Reinthaller, Radetzkystraße 14 oder 17, in den Amtsräumen der Deutschen Verkehrgewerkschaft verhandelt. Reinthaller gab uns anlässlich unserer Vorsprachen Aufklärungen über den Stand der Verhandlungen mit der Regierung und gleichzeitig Weisungen bezüglich des Verhaltens der einzelnen Mitglieder in den Bundesländern. Hauptsächlich sollten wir auf die nationale Befriedigung hinarbeiten.

      Das in meinem Besitz gefundene Schreiben datiert mit 22. 10. 1934, dem auch das Schreiben des Ing. Reinthaller, datiert mit 17. Oktober, angeschlossen war, erhielt ich durch die Post in meine Wohnung zugestellt. Die Unterschrift ist mir unbekannt, doch dürfte der Schreiber der Sekretär des Ing. Reinthaller sein,

      Den vorläufigen Vorschlag für die Mitglieder des nationalen Führerrates für Kärnten erhielt ich glaublich im Dezember 1934 ebenfalls durch die Post. Die Aufstellung dürfte meiner Meinung nach durch den RA Dr. Günther erfolgt sein. Seither habe ich mich mit der Sache nicht mehr beschäftigt, und habe auch meine Teilnahme im engeren Landesausschusse des Führerrates wegen finanzieller Schwierigkeiten abgelehnt.

      Ob Globocnik im Laufe der vergangenen Jahre in Italien, Schweiz oder Deutschland war, ist mir unbekannt. Er hat mir auch während unserer Reisen nach Wien, obwohl wir über verschiedene Sachen sprachen, hievon nichts erzählt. Ich weiß nur so viel, dass er im Laufe des Herbstes einmal nach Jugoslawien hätte fahren sollen, doch wurden damals zwei andere Herren hinuntergeschickt, und zwar Dr. Günther und Ing. Geil (= Ing. Albert Gayl – J. S.).

      Die Mutter und die Schwester des Odilo Globocnik sind mir flüchtig bekannt. Der Oberst Michner ist mir persönlich aus den Abwehrkämpfen bekannt. Ich dürfte ihn seit meiner Abreise von Klagenfurt, d. i. seit Juli 1933, wahrscheinlich nicht mehr gesprochen haben. Seine Tochter Margarete kenne ich nicht.

      Dass die Familie Globocnik im Besitz von größeren Geldbeträgen war, ist mir nicht bekannt. Globocnik hat mir einmal während der Fahrt mitgeteilt, er habe von seinem früheren Dienstgeber eine Abfertigung in der Höhe von einigen Tausend Schilling erhalten. Er erzählte mir auch, dass er seinerzeit seine Mutter unterstützt hat, weil sie damals keine Pension erhielt.“

       Mit der Familie Rainer verbindet Globocnik bald eine enge Freundschaft.

      Die Aussage Hubert Klausners kann am Sachverhalt nichts mehr ändern – das Misstrauen gegen die „Aktion Reinthaller“ ist groß, man traut den Nazis nicht über den Weg. Globocnik wird des Hochverrats für schuldig befunden und zu sechs Monaten (183 Tagen) Haft verurteilt. Unklar ist, wie lange er tatsächlich im Gefängnis ist – die Indizien deuten darauf hin, dass er noch vor dem Ablauf der gesamten Strafe entlassen wird und sofort wieder seine Untergrundaktivitäten aufnimmt. Es gelingt ihm, sich parteiintern immer stärker zu profilieren. Sein neuer „Spezi“ ist der knapp ein Jahr ältere Friedrich Rainer (1903 – 1947), der Sohn eines Lehrers aus St. Veit an der Glan, promovierter Jurist und Notar in Klagenfurt, auch er SS-Angehöriger und Mitarbeiter des „Sonderdiensts“. So wie Globus ist auch Rainer bei Gauleiter Hubert Klausner gut angeschrieben, man trifft sich in Klausners „Villa Alpenheim“ in Latschach am Faaker See; zu diesem engen Kreis gehören auch der Landesbeamte Wladimir von Pawlowski (1891 – 1961), der Sohn des Bezirkshauptmanns von Spittal an der Drau und Propagandaleiter des Gaus, sowie der schon oben von Klausner erwähnte Villacher Bezirksleiter Hubert Longin. Die Gruppe um Klausner, bald auch als „Kärntner Gruppe“ bekannt, gewinnt mit ihren Ansichten rasch an Gewicht; immer stärker kristallisiert sich auch der Gegensatz zur Politik von Hauptmann Josef Leopold (1889 – 1941) heraus, der seit dem 29. Januar 1935 Landesleiter der NSDAP ist und den Kurs der illegalen Nazis vorgeben möchte. Auf zwei „Führerbesprechungen“ in Villach im Sommer 1935, bei denen Rainer als politischer Referent auftritt und Globocnik als Organisationsreferent fungiert, wird bereits der Vorschlag diskutiert, Hubert Klausner in das Amt des Landesleiters zu hieven – Klausner, der den Vorsitz bei diesen Treffen führt, lehnt jedoch ab. Globus und „Friedl“ Rainer sind von nun an im Führerkader der österreichischen NSDAP feste Größen.

      

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