Die Dracheninsel. Irmela Nau

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Die Dracheninsel - Irmela Nau

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      Emily schluckte, als sie an diesen Augenblick zurückdachte. »Sie sagten, ich wäre bestimmt ein Wechselbalg und würde nicht zu ihnen gehören. Als ich weinend nach Hause lief, fragte mich meine Mutter nach dem Grund, und als ich ihr von den vielen bösen Dingen erzählt hatte, die die Kinder über mich sagten, erzählte sie mir die Wahrheit. Dass sie mich als Baby im Wald gefunden und sich um mich gekümmert hätten. Und als niemand kam, um mich zu holen, hätten sie und ihr Mann beschlossen, mich als ihre Tochter zu behalten. Ich war damals sehr traurig darüber, dass mich meine leiblichen Eltern einfach im Stich gelassen hatten, aber Maude und Horace haben mir nie das Gefühl gegeben, dass ich nicht zu ihnen gehören würde. Sie haben mich immer sehr geliebt.« Emily schwieg.

      »Und jetzt möchtet Ihr doch wissen, wer Eure wahren Eltern sind?«, half ihr Mildred weiter.

      »Ja.« Emily biss sich auf die Lippen.

      »Zu meinem letzten Geburtstag bekam ich von meinen Eltern ein Pferd und ein Schwert. Mein Vater sagte, dass das Schwert neben mir im Wald gelegen hätte und vielleicht ein Hinweis auf meine Herkunft sein könnte. Deshalb habe ich mich auf diese Reise begeben. Vielleicht finde ich jemanden, der dieses Schwert erkennt.«

      Wieder verstummte Emily, denn sie hatte soeben erkannt, wie sie ihre Suche beginnen musste.

      »Gibt es hier im Dorf einen Waffenschmied?«, fragte sie Mildred ganz aufgeregt. Ein guter Waffenschmied würde das Schwert bestimmt erkennen.

      »Der alte Gavin«, antwortete Mildred. »Er wohnt gleich hinter dem Stall beim Gasthof. Jetzt beschlägt er eigentlich nur noch die Pferde, aber früher hat er auch Waffen geschmiedet. Da bin ich mir sicher.«

      Emily wollte schon aufspringen, aber Mildred hielt sie zurück.

      »Ihr solltet besser nicht allein zu ihm gehen.«

      »Warum denn nicht?«, fragte Emily erstaunt.

      »Er mag Menschen nicht besonders.«

      »Hm«, überlegte Emily. Dann strahlte sie Mildred an und sagte fröhlich. »Dann nehme ich eben mein Pferd mit.«

      Munter sprang sie auf und lief über die Wiese. Mildred schaute ihr belustigt hinterher, als Emily plötzlich stehen blieb, ihr ein »Dankeschön« zurief und davonsprang.

      Emilies erster Weg führte sie zum Gasthof, wo sie ihr Schwert holte. Dann eilte sie zum Stall, sattelte Rubina, steckte das Schwert unter den Sattel und führte sie hinter den Stall. Die Schmiede war leer, doch in der Esse glühte ein kleines Feuer. Rubina schnaubte unwillig. Sie hatte sich auf einen Ausritt gefreut und wurde stattdessen nur in einen dunklen Raum gebracht.

      »Psst. Ist ja gut, Rubina«, redete Emily beruhigend auf sie ein. »Sei brav.«

      »Was’n los?« Ein alter, grauhaariger Mann mit stark nach vorn gebeugtem Rücken schlurfte in die Schmiede. Er spie gezielt einen schleimig-braunen Strahl Kautabak vor Emilies Füße und sah sie mit einem blutunterlaufenen Auge an. Das andere war mit einer dreckigen Augenklappe bedeckt. Emily starrte erst auf ihre Füße, dann in das Gesicht des Mannes. Und was für ein Gesicht das war. Es mochte einst menschlich ausgesehen haben, aber nun sah es mehr wie ein Fleischklumpen aus. Die linke Wange war von dicken wulstigen Narben gezeichnet, die Hälfte der Lippe und das linke Ohr fehlten. Einige wenige Haarbüschel standen auf der verbrannten Glatze.

      »Was glotzt du so?«, fragte der Alte barsch, als Emily auf seine Frage nicht antwortete.

      Wie aus einem schlechten Traum erwachend, schüttelte Emily den Kopf und besann sich auf ihre gute Erziehung.

      »Ich wünsche Euch einen schönen Tag, guter Mann«, grüßte Emily mit leicht zittriger Stimme.

      »Wir wollen mal eins klarstellen«, unterbrach sie der Alte grob. »Ich bin kein guter Mann. Ich bin Schmied. Was willst du, Mädchen?«

      »Ich … Entschuldigung. Ich … vielmehr meine Stute braucht ein neues Hufeisen. Vielleicht könntet Ihr Euch das einmal ansehen.«

      »Hm«, brummte der Schmied. »Wo?«

      »Sie lahmt ein wenig auf der linken Seite.«

      »Hm.« Er schlurfte zu Rubina und taxierte sie mit Kennerblick. Dann steckte er seine rechte Hand in die Hosentasche und holte einige Zuckerstückchen raus, die er der Stute vor’s Maul hielt. Rubina reckte den Hals und nahm den unverhofften Leckerbissen. Während sie genüsslich kaute, klopfte der Alte ihr auf den Hals und murmelte: »Du bist aber ein hübsches Mädchen.« Dann beugte er sich herunter und schlug ihr leicht gegen das linke Vorderbein. Rubina wusste, was von ihr verlangt wurde. Sie hob den Huf an und hielt still, als der Schmied an ihrem Hufeisen werkelte.

      »Nee, da is nix«, brummte Gavin und stellte das Bein wieder ab. Er schlurfte zur linken Hinterhand. Rubina hob auch hier brav den Huf. »Hm … wackelt ’n bisschen.« Vorsorglich untersuchte er auch die beiden anderen Hufe.

      »Kann ich machen«, nuschelte er. Komm’ später wieder, dann kannst du sie abholen.« Gavin machte sich an die Arbeit und nahm keine Notiz mehr von Emily.

      Unentschlossen trat Emily auf der Stelle, bis der Schmied unwirsch knurrte: »Was hampelst du da noch rum, häh? Du machst das Pferd nervös. Hau ab!«

      Beleidigt verließ Emily die Schmiede und setzte sich auf einen Baumstumpf vor die Schmiede. »So ein ungehobelter Kerl«, schimpfte sie leise vor sich hin. Hinter ihr kicherte jemand.

      »Ich hab Euch doch gesagt, dass er Menschen nicht besonders gerne mag.« Mildred stand gemütlich an eine Wand der Schmiede gelehnt und lächelte.

      »Tja, das könnt Ihr getrost laut sagen«, schnaubte Emily. »Pferde mag er eindeutig lieber. Vielleicht hätte ich mir auch einen Sattel auf den Rücken schnallen sollen, dann wäre er bestimmt freundlicher gewesen.«

      Mildred lachte und kurz darauf stimmte Emily in ihr Lachen ein. Sie mit Sattel, das war wirklich eine zu komische Vorstellung.

      »Warum ist er so griesgrämig?«, fragte Emily atemlos, während sie sich die Lachtränen aus den Augen wischte.

      »Das weiß keiner so genau. Vielleicht …«

      In diesem Moment knarrte die Tür zur Schmiede und Gavin schlurfte heraus. »Dein Pferd ist fertig«, brummte er an Emily gewandt und deutete unmissverständlich zur Tür. Emily sprang auf und ging auf die Türe zu, drehte sich aber noch einmal zu Mildred um. Die zuckte nur mit den Schultern und nickte ihr freundlich zu. Emily verschwand in der Schmiede, hörte aber noch, wie der Alte Mildred anknurrte: »Was hast du hier zu tratschen, altes Weib? Hast du nicht irgendjemanden zu vergiften?«

      »Dir auch einen schönen Tag, Gavin«, feixte Mildred und deutete einen Knicks an. Dann wandt sie sich zum Gehen um und sagte:

      »Ich werde mal sehen, ob ich nicht ein Kräutlein finde, das dir bessere Manieren beibringt.«

      »Pah!«, schnaubte Gavin, spuckte hinter ihr aus und schlurfte wieder zurück in die Schmiede, wo Emily auf ihn wartete.

      »Wie könnt Ihr nur so garstig sein?«, platzte es aus ihr heraus, noch bevor sie darüber nachdenken konnte. »Mildred ist eine so freundliche Frau.«

      Für einen Moment erstarrte Gavin, stumm vor Staunen ob ihres Ausbruchs, dann fauchte er: »Kümmer’ dich um deine Angelegenheiten.

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