Die Dracheninsel. Irmela Nau
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Dracheninsel - Irmela Nau страница 7
Gavins Auge blinzelte nicht einmal, als er Emily anstarrte. Schon lange hatte ihm keiner mehr auf diese Weise getrotzt. So viel Mut gehörte bewundert. Der rechte Mundwinkel zuckte leicht nach oben und sank aber ebenso schnell wieder ab, so als ob er vergessen hätte, wie man lächelt. Doch Emily hatte es bemerkt, bemühte sich aber so zu tun, als wenn nichts dergleichen geschehen wäre.
»Nun, was bekommt Ihr von mir für Eure Arbeit?«
»Du hast es dir ja noch nicht mal angeguckt. Was, wenn ich kein neues Eisen gemacht habe? Du bist zu leichtgläubig, Mädchen.«
Emily verlor ihre trotzige Haltung und schaute nun betroffen drein. Ihr Vater hatte ihr immer wieder eingebleut, dass sie nicht jedem vertrauen konnte. Schon gar nicht, wenn es um Arbeitsleistung ging. »Du musst dich erst vom Wert der Arbeit überzeugen, bevor du bezahlst. Sonst kann es geschehen, das du mehr berappen musst, als es nötig wäre. Außerdem musst du um den Preis feilschen. Jeder Handwerker, der was auf sich hält, feilscht um den Wert seiner Leistung.«
Daran denkend, was ihr Vater ihr beigebracht hatte, begutachtete sie nun den Huf von Rubina, sah, dass das Eisen neu und fachgerecht angebracht wurde, und richtete sich wieder auf, um Gavin zu loben. Doch der stand wie versteinert an Rubinas Seite und starrte auf den Schwertknauf, der, getroffen von einem einzelnen Sonnenstrahl, funkelte.
»Wo hast du das her?«, krächzte er heiser. »Wo hast du das her?« Mit bleichem Gesicht drehte er sich zu Emily und sie sah mit Bestürzung, dass seine Hände zitterten.
»Wieso fragt Ihr das?«, fragte sie mit angehaltenem Atem. »Kennt Ihr es?«
»Was?«
»Kennt Ihr das Schwert? Habt Ihr es schon mal gesehen?«
»Ich … natürlich … lange her …«, stammelte Gavin vor sich hin, ohne auf Emily zu achten, die wie gebannt an seinen Lippen hing. »Es kann nicht sein … vor langer Zeit verschwunden …«
»Wer ist verschwunden?« fragte Emily angespannt. Sie hatte das Gefühl, als wäre sie kurz davor, eine sehr wichtige Information zu bekommen, doch der alte Schmied schaute sie nur verwirrt an. Dann schüttelte er den Kopf, als wenn er einen schlimmen Traum abschütteln wollte. »Häh?«
»Ihr sagtet, jemand wäre vor langer Zeit verschwunden?«
Erwartungsvoll blickte sie ihm ins Gesicht.
»Hab ich nich‹«, antwortete er, jetzt wieder so mürrisch wie zuvor. »Und jetzt verschwinde endlich, die Schmiede ist zu.«
Entschlossen schob er die verdutzte Emily durch die Tür und drückte ihr die Zügel von Rubina in die Hand. »Komm morgen wieder.« Damit knallte er ihr die Tür vor der Nase zu und sie hörte, wie ein schwerer Riegel von innen vorgeschoben wurde.
»Was war denn das?«, fragte sie an Rubina gewandt, so als ob sie wirklich eine Antwort erwartete, doch die schnaubte nur.
Für einen Moment lauschte sie an der Tür, aber von drinnen war nichts mehr zu hören. Emily zuckte mit den Schultern, dann schwang sie sich in den Sattel und trabte davon. Erst als der Abend dämmerte, kehrte Emily zum Stall zurück. Sie hatte Rubina ausgiebig Bewegung verschafft, die Umgebung erkundet und war in Gedanken immer wieder zu dem merkwürdigen Gebaren des Schmieds zurückgekehrt. Sein Verhalten und seine Worte deuteten ganz eindeutig darauf hin, dass er ihr Schwert kannte. Da war sie sich ganz sicher. Und sie musste unbedingt herausfinden, was er darüber wusste.
Emily versorgte Rubina mit Hafer und Wasser und verließ den Stall. Sie ging um den Stall herum, um nachzusehen, ob der Schmied noch wach wäre, aber die Schmiede lag im Dunkeln und kein Licht schimmerte durch die geschlossenen Fensterläden. Sie seufzte. Also musste sie bis zum Morgen warten. Missmutig machte sie sich in ihre Kammer auf. Sie überlegte, ob sie noch einmal in die Gaststube hinunter gehen wollte, um etwas zu essen, aber die Aufregungen dieses Tages und der lange Ritt mit Rubina forderten ihren Tribut und am Tisch sitzend schlief sie ein.
Nach einer unbequemen Nacht wachte Emily am frühen Morgen wie gerädert auf. Alles tat ihr weh. Sie reckte und streckte sich, bis sich ihre verspannten Muskeln ein wenig lockerten. Ihr Magen knurrte laut. Kein Wunder, da sie doch ihr Nachtmahl verschlafen hatte. Rasch wusch sie sich Gesicht und Hände mit dem kalten Wasser, das die Gastwirtin jeden Abend frisch auf eine kleine Kommode stellte. Dann ging sie hinunter in die Gaststube, um ein äußerst reichhaltiges Frühstück zu sich zu nehmen. Gesättigt und halbwegs wieder beweglich beschloss sie, ihr Schwert und ein paar Münzen aus ihrer Kammer zu holen und zum Schmied zu gehen und diesen ohne Umschweife nach dem Schwert zu fragen. Emily bedankte sich bei der Wirtin, die mit erstaunter Miene zugeschaut hatte, wie ihr junger Gast ihr üppiges Mahl vertilgte. So viel hatte sie Emily noch nie essen sehen. Deshalb winkte sie nun auch nur wortlos ab.
Wenig später stand Emily vor der verschlossenen Schmiede. Auf ihr Klopfen reagierte niemand und doch meinte sie, ein leises Schlurfen hinter der Tür zu hören. Sie hämmerte mit der Faust kräftig gegen das Holz und endlich hörte sie, wie der Riegel zurückgeschoben wurde. Gavin riss die Tür mit einem heftigen Ruck auf und fuhr sie bösartig an: »Was willst du schon wieder?«
»Ich möchte meine Schulden bei Euch bezahlen, Meister Schmied«, antwortete Emily, bemüht höflich zu klingen.
»So. Na von mir aus.« Widerwillig trat er zur Seite und ließ Emily eintreten. »Macht zehn Kreutzer«, knurrte er.
Emily kramte in ihrem Beutel nach den verlangten Münzen, bemerkte aber trotzdem den flackernden Blick des einen Auges, der auf ihr Schwert fiel. Sie ließ die Münzen in die ausgestreckte Hand des Schmieds fallen und sagte wie beiläufig: »Das ist ein schönes Schwert, nicht wahr?«
»Hm«, brummte Gavin.
»Mildred erzählte mir, Ihr hättet früher auch Waffen geschmiedet. Sagt, ist es wertvoll? Was meint Ihr?«
»Die Alte tratscht zu viel.« Ohne auf Emilys Frage zu antworten, wollte er sich umdrehen, doch Emily hielt ihn zurück.
»Bitte«, sagte sie flehend. »Ihr habt das Schwert erkannt und ich muss wissen, wo Ihr es gesehen habt. Bitte!«
»Is nich wichtig.«
»Für mich schon«, sie schluckte verzweifelt den Kloß hinunter, der sich in ihrem Hals gebildet hatte. »Denn seht, ich wurde von meinen leiblichen Eltern als Baby ausgesetzt und die Leute, die mich gefunden haben, erzählten mir, dass dieses Schwert neben mir gelegen hat. Ich will meine Eltern finden und das Schwert ist der Weg zu ihnen, das weiß ich. Ihr müsst mir einfach helfen.«
Gavins Blick flackerte wieder zu dem Schwert und fiel dann auf Emilys verzweifelte Miene.
»Wenn deine Eltern dich loswerden wollten, dann hatte das wohl einen guten Grund. Du solltest es dabei bewenden lassen … ich kann dir nich helfen. Geh wieder nach Hause.«
Tränen traten Emily in die Augen. »Aber Ihr habt das Schwert schon mal gesehen!«, beharrte sie. Sagt mir doch wenigstens wo.«
»Kann mich nich erinnern, dass ich das schon mal gesehen hätt.« Gavin wich Emilys Augen aus und drehte ihr, nachdem er noch einen