No worries, too easy. Sabine Koch
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Die Ehre gebührt dementsprechend offiziell James Cook. Dass die Ureinwohner Australien bereits vor 50.000 Jahren entdeckten, ist zu lange her, als dass es noch Beachtung hervor ruft, es zählt nicht.
Glasshouse Mountains
Unser Cruiser blubbert mit 80 km/h vor sich hin, an einer Schilderbrücke auf dem Pazifik-Highway sehen wir das erste Hinweisschild zum „Surfers Paradise“.
Surfers Paradise, der Name klingt gut, klingt nach ein paar Strandbuden, vor denen sonnengebräunte Twenties ihren Graffiti besprühten VW-Bus parken und sich mit Surfbrett in die meterhohen Wellen stürzen, klingt nach Bikini, Bacardi und Party. Klingt gut.
Die paar Strandbuden sind inzwischen aus Stahlbeton, unzählige Stockwerke hoch und die Bude Q1 war bei der Erbauung 2005 der höchste bewohnte Wolkenkratzer. Sonnengebräunte Twenties sieht man auch, aber in der Mehrzahl blasse Japaner und hellhäutige Nordeuropäer, die, sobald sie braun gebraten sind, nach Hause fliegen. Und einige Deppen rennen mit ihrem Surfbrett herum, hätten sie mal richtig gegoogelt, wüssten sie, dass Surfers Paradise keine guten Surfbedingungen bietet, die Wellen sind am kilometerlangen Sandstrand einfach nicht hoch genug.
Die Hochhäuser sind austauschbar, der Badeort könnte auch an der Côte d’Azur oder in Miami liegen. Die Postkarten sehen so gleich aus wie die Hotels der internationalen Ketten von Hilton, Marriott und Mercure oder die Schaufenster von Rolex, Prada, Gucci und Ralph Lauren. Davor stehen schöne Pärchen und solche, die sich nur für schön halten.
Da Surfers Paradise ein Touristenort ist, an dem ordentlich Geld verdient wird, sieht man auch keine alten VW-Busse (außer den Surfern, die sich verfahren haben), sondern dicke Ami-Schlitten, fette Geländewagen und alles, was einen guten Sound hat, wohingegen mein 4,2-Liter-Motor nur ein Summen von sich gibt. Was bleibt ist Bikini, Bacardi und Party.
Das Hard Rock Café unweit des Q1
Bunte Neonlichter in der Nacht werben für Partys in Discos und Nachtclubs, für Pubs, Restaurants und Hotels, welche die imposante Skyline bilden. Vor allem die Skyline ist absolut beeindruckend, zumindest für jemanden, der aus Wilnsdorf kommt. Okay, der Bauer in Wilnsdorf melkt die Kuh im Stall auch bei Neonlicht. Licht hatte der Bauer, der an der Stelle, wo heute das Stadtzentrum liegt, vor 150 Jahren seine Farm baute, nicht. Er hätte mit seinen bescheidenen Erträgen die Stromrechnung gar nicht bezahlen können. 1877 war der Bauer pleite und verkaufte die Farm an einen Deutschen namens Meyer. Dieser baute Zuckerrohr an und war nach nicht einmal zehn Jahren ebenfalls ruiniert. Er verkaufte das Land und baute am Strand eine Bude, die er Main Beach Hotel nannte. Um das Hotel herum entstand in den nächsten 20 Jahren eine kleine Siedlung. Wahrscheinlich hießen alle Einwohner „Meyer“. Die Meyers vermehrten sich, Touristen kamen und eine bessere Verkehrsanbindung brachte noch mehr Touristen zu den Meyers. Die Meyers wurden reich und die Chance auf Reichtum zog Spekulanten und Investoren an, die das unfruchtbare Land an der Küste erwarben und Hotels bauten. 1925 eröffnete Jim Cavill aus Brisbane das Surfers Paradise Hotel und brachte es mit List und Tücke fertig, dass der Landstrich nach seinem Hotel benannt wurde. 1960 setzte ein Touristenboom ein, Schauspieler und Promis feierten Partys, bauten Villen, brachten Geld und noch mehr Geld. Land wurde knapp und teuer und so wurde in die Höhe gebaut. Wer weiß, was in 150 Jahren aus dem Wilnsdorfer Kuhstall geworden ist, vielleicht heißt Wilnsdorf dann „Bauer’s Paradise“ und Touristen aus fernen Ländern staunen über die höchsten Wolkenkratzer, die die Welt je gesehen hat und werden vom schlauen Bauern bei Neonlicht gemolken.
Der Q1 Tower
Der Q1 Tower
Der Q1 Tower – einst das höchste Wohnhaus der Welt
Wir staunen über die Informationstafel am Eingang des Q1. „Das Q1 soll das höchste Wohnhaus der Welt sein?“, fragt Sabine ungläubig. „Noch nie was von gehört, ich dachte die Dinger stehen in USA, beim Scheich oder in Hongkong.“ „Guck mal, da gibt es eine Aussichtsterrasse im 77. Stock.“
Der Aufzug bringt uns nach oben, die Stockwerksanzeigen rasen so schnell, dass man sie nicht mehr lesen kann. Durch den geänderten Luftdruck knackt es in den Ohren. Schon geht die Aufzugstür auf und wir sind auf 230 Meter Höhe. Hier befindet sich ein Restaurant für 400 Personen und durch dicke Glasscheiben eröffnen sich atemberaubende Blicke auf die Stadt.
Verzehren muss man im Restaurant nichts, jeder zahlt 21 Dollar Eintritt. Natürlich recherchiere ich später, ob es wirklich das höchste Wohnhaus der Welt ist: Es stimmt, es war mit 323 Metern bei seiner Erbauung 2005 das höchste bewohnte Haus der Welt, Bürogebäude zählen da nicht mit. Es ist mit seinen 78 Etagen der höchste Wolkenkratzer auf der Südhalbkugel. Im Q1 Tower sind 526 exklusive Wohnungen untergebracht. Die kleinsten, billigsten Wohnungen mit 84 Quadratmetern kann man für schlappe 985.000 Dollar kaufen. Wer oben im 74. Stock wohnen möchte, legt 12 Millionen Dollar auf den Tisch.
Atemberaubende Ausblicke auf Surfers Paradise
Die Aussicht von hier oben ist für jemanden vom Dorf beeindruckend, bei klarer Sicht kann man das 80 Kilometer entfernte Brisbane sehen. Leider stören ein paar Reflektionen in den Scheiben beim Fotografieren. Etwas Besonderes ist die gebogene, rostfreie Stahlspitze. Sie ragt 47 Meter über das eigentliche Dach hinaus und ist nachts beleuchtet. Dadurch ist das Wahrzeichen noch aus 200 Kilometern Entfernung zu sehen.
Surfers Paradise by Night
Man munkelt, dass das investierte Geld an der Gold Coast und vor allem in Surfers Paradise von den Bossen der Halbwelt aus Japan und Hongkong stammt, also jenen eleganten Herren, die ihr Geld mit Drogen, Zuhälterei, Waffenhandel und anderen kriminellen Geschäften verdienen. Ich fahre unseren Toyo besonders langsam und konzentriert, um ja nicht aus Unachtsamkeit einen der noblen V8-Schlitten der Gangsterbosse zu rammen. Mit „No worries, too easy“ ist spätestens Schluss, wenn ich erkläre, dass unser Toyo nicht versichert ist.
Anmerkung zur Kfz-Versicherung
In Australien ist eine Versicherung die Personenschäden abdeckt, Pflicht. Diese Versicherungsgebühr wird mit der Fahrzeugregistrierung (Kfz-Steuer) erhoben.
Sachschäden können, müssen aber nicht versichert werden.
600 Kilometer durch tropischen Regenwald
Bachdurchquerung mit der Pistenkuh
600 Kilometer durch tropischen Regenwald