Schule aus, Neuseeland ruft 2.. Philip Raillon
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Regenbögen im Wasserfall
Blauer Himmel und Sonne machen den Milford Sound noch beeindruckender und wir dürfen auch noch mit dem Boot hinaus auf den Fjord. (Also „dürfen“ ist gut, wir haben vorher auch viel Geld bezahlen „dürfen“.) Wir haben Glück und einen der wenigen reinen Sonnentage im Jahr erwischt. Zu unserer Linken ragt der 1692 Meter hohe Mitre Peak in den Himmel. Er entwächst direkt dem Wasser. Die vielen kleinen Wasserfälle sind schon fast langweilig im Vergleich zu den wenigen gigantischen, wo ständig unzählige Liter Wasser hinunter stürzen. Der Fjord selbst besteht aus dunklem Salzwasser und birgt vermutlich in seinen 400 Metern Tiefe viele Lebewesen. Das Gestrüpp oder die Bäume an den steilen Felswänden sind eigentlich schon in die Wellen gefallen, halten sich nur noch mit kräftigen Wurzeln so gerade eben an der Wand fest. Die gesamte Szenerie ist beeindruckend und dank der Erklärungen des Bordpersonals fühlt man sich der Natur noch näher. Wir schippern durch Meereswasser vorbei an den Süßwasserfällen. Oberhalb hängen die Gletscher. Die Sonne erobert gerade den Fjord – sie braucht doch recht lange, bis sie hoch genug steht, um über die steilen Berge in den schmalen Meeresarm hineinzuscheinen. In den ersten Sonnenstrahlen des Morgens sonnen sich einige Robben auf einem Felsen. Klick, klick, klick. Die Touristen lassen ihre Fotoapparate arbeiten. Einen Felsvorsprung weiter bricht sich die Sonne in den Wasserfällen – es entstehen farbenfrohe Regenbögen. Dann fährt der Kapitän den Bug unter einen der Wasserfälle. Wer möchte, kann sich eine der roten Regenjacken überziehen und sich unter das Wasser stellen. Der Druck ist enorm, dazu kommen Winde vom stürzenden Wasser. Ein Erlebnis, nach dem es erst einmal etwas zu trinken gibt: Die Crew hatte Wassergläser aufgestellt, die nun mit frischem Bergwasser gefüllt sind.
Achtung, nass!
Fast hätten wir vor lauter Wasser das Pinguin-Trio verpasst, das neben dem Boot herschwimmt: Es sind Tiere der seltenen Art Gelbaugenpinguine. Weil wir eine der ersten Bootsfahrten dieses Tages gebucht hatten, strömen erst bei unserer Rückkehr die Touristen in den Hafenterminal. Dazu fliegen alle paar Minuten kleine Propellermaschinen oder Helikopter den Mini-Flughafen Milford Sound an. Es kommt Leben in diese eigentlich so wilde Natur, die Touristen belästigen und belasten Flora und Fauna, bis es am Abend wieder still werden wird. Bis es am nächsten Morgen wieder weitergeht. Irgendwie müssen ja die etwa 500.000 Besucher pro Jahr herkommen …
Ein furchtloser Kea
Auf dem Weg zum Wagen läuft ein Kiwi über den Parkplatz. Total überrascht, denn die Nationaltiere sollen nur noch äußerst selten zu sehen sein, schieße ich einige Fotos. Wir fahren weiter und wundern uns über das eigene Glück. Später erfahren wir: Nicht alles, was ein bisschen wie ein Kiwi aussieht, ist auch gleich einer. Wir hatten nur einen der deutlich häufigeren, frecheren und nervigeren Wekas gesehen. Diese Vögel können ebenfalls nicht fliegen, sind aber alles andere als menschenscheu, was wir im Verlauf unserer Reise noch erfahren werden. Dafür sehen wir aber einige Kea – und diesmal auch echte und nicht nur ähnliche Tiere. Die Exemplare der letzten Bergpapageienart rennen auf dem Parkplatz einiger Wasserfälle herum, springen auf die Autos und sind eine große Attraktion. Während die Vögel in diesem Fall nur im Kreis laufen, sind sie normalerweise ein echtes Problem: Sie picken die Gummidichtungen der Autos heraus oder zerstören die Rucksäcke und Zelte der Wanderer. Ich rege mich in diesem Moment aber nur über eine asiatische Familie auf, die ihren teuren Geländewagen auf dem Parkplatz abstellt, damit sich drei der vier den verwunschenen Farnwald und die Wasserfälle anschauen können. Währenddessen lassen sie den Wagen für mindestens zehn Minuten laufen. Warum das Fahrzeug weiter Abgase in die Luft pusten muss – und das inmitten eines wundervollen Nationalparks – leuchtet mir nicht ein, weswegen ich den Fahrer zur Rede stellen will. Ich lasse es dann aber doch bei meinem Groll und wir steigen lieber wieder in Eddie ein.
Gut, dass man viel Zeit hat … im Urlaub
Zurück Richtung Te Anau müssen wir natürlich auch wieder durch den Homer Tunnel. Diesmal geht es für uns nur bergauf. Eddie, so erwähnte ich bereits, ist bergauf nicht der schnellste. Wir warten über zehn Minuten an der roten Ampel. Um uns herum fließt das Wasser die steilen Felswände hinunter. Die Ampel springt um: Grün, los geht’s. Von den Autos vor uns sind schon nur noch die Rücklichter erkennbar. Wasser tropft von überall auf den Wagen und am Rand liegen Gesteinsbrocken. Denn der 1954 eröffnete Tunnel hat nur den mehr oder weniger harten Fels als Wand. Mehrere Jahrzehnte dauerte einst der Bau des über 1200 Meter langen Durchgangs, der um 1930 herum zunächst eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme darstellte. Die Ampelanlage ist übrigens nur zur Hochsaison im Sommer geschaltet – wartende Autos wären im Winter einer zu großen Gefahr von Lawinen ausgesetzt. Da ein gegenseitiges Passieren zweier Autos platzmäßig knapp möglich ist, lässt sich die Ampel in den kalten Monaten ausschalten. Als wir endlich vom grellen Licht geblendet das Ende erreichen, zeigt die Ampel für die Gegenseite noch eine Minute an – wir haben also 14 Minuten für den Tunnel gebraucht. Aber wir haben es geschafft und fahren die lange und kurvige Straße wieder zurück bis Te Anau. Das grüne Moos bedeckt stellenweise den gesamten Asphalt. Wir haben wirklich Glück gehabt mit dem Wetter. Für eine Schaf-Familie müssen wir hingegen unterwegs nochmals anhalten. Das Muttertier samt beiden Lämmern war offenbar ausgebrochen. Unsere Einfangversuche scheitern kläglich – ausgebrochene Schafe sind in Neuseeland eindeutig keine Seltenheit.
Heute auf der Speisekarte: Frikadellen mit Nudeln
Nach dem nördlichen Teil Fiordlands folgt der südliche. Weniger feuchter Regenwald, weniger Menschen und nur eine Straße: Die Southern Scenic Route führt von Queenstown über Te Anau und Invercargill bis nach Dunedin an der gegenüberliegenden Ostküste. Wir folgen der kaum befahrenen Straße bis zur südlichsten Großstadt Invercargill. Eine Nacht verbringen wir auf dem abgeschiedenen DOC-Campingplatz „Lake Monowai“. Der Campingplatz ist wegen seiner abgeschiedenen Lage als „basic“ eingestuft und somit kostenlos. Zum Schotterplatz führt eine zwölf Kilometer lange Seitenstraße vom Highway aus. Während diese Straße erst noch gut ausgebaut ist, fetzt schon bald der Asphalt am Rand aus, bis schließlich nur noch grober Schotter und Staub den Weg markieren. Sind wir hier noch richtig? Wir wollen eigentlich umdrehen, als wir doch noch das Schild zum Platz sehen. Nicht sicher, ob es gut oder schlecht ist, so abgelegen allein zu sein, fahren wir die letzten Meter. Die Überraschung ist groß: Neben uns sind noch drei weitere Vans dort. Ein bärtiger Mann, Ende 20, steht vor einem Fahrzeug und jongliert mit irgendwelchen Hölzern. Als er uns sieht, kommt er wild gestikulierend auf uns zu. Verwirrt öffne ich die Tür. „Achtung, Türen zu lassen! Alles voller Sandflies“, sagt der Franzose. Ich schaue fragend, gucke zu seinem Van hinüber: Alle Türen und Fenster stehen sperrangelweit offen. „Ja eben. Bei mir ist es zu spät“, erklärt er. Lachend steige ich aus und stelle mich vor. Der Franzose reist seit acht Monaten allein in seinem Van durch das Land und freut sich eindeutig, mit jemandem sprechen zu können. Ganz spurlos sind diese acht Monate offenbar nicht an ihm vorbeigegangen – er ist merkwürdig distanzlos. Nach dem Essen gehen wir Feuerholz suchen.
Stille, Einsamkeit, Natur
Tatsächlich finden wir etwas. Zusammen mit dem Franzosen und den anderen Campern, einem kanadischen Pärchen und einer amerikanischen Frau samt Mutter, machen wir ein Feuerchen und reden bis spät in den Abend hinein über die Reisen und unsere Heimat. Als alle irgendwann zurück zu den Vans gehen, bleibt nur der Franzose noch am Feuer. Vor den Autos unterhalten Maria und ich uns noch mit den Kanadiern Jonathan und Shannon. Die beiden ausgesprochen freundlichen und offenen Backpacker