Schule aus, Neuseeland ruft 2.. Philip Raillon

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Schule aus, Neuseeland ruft 2. - Philip Raillon

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anderthalb Autos breit und ohne jegliche Leitplanken oder dergleichen, ist ein Abenteuer und erst recht ein Riesenerlebnis. Auch der Blick ist das Ganze definitiv wert! Nach 35 Minuten erreichen wir den Parkplatz und stellen uns zwischen zwei große Geländewagen. Ich sehe weit und breit keinen einzigen Van – egal, wir haben es geschafft und ich will auf die Piste. Von Skiern und Schuhen über eine vernünftige Ski-Jacke bis hin zu Brille und Handschuhen – alles kann ich mir im Lake Ohau Skifield leihen. Das international besetzte Team ist freundlich und offen. Als ich endlich auf den Schnee komme, ist natürlich der einzige Sessellift gerade kaputt. Also fahre ich einige Male den kurzen Schlepplift. Dann geht es endlich bis ganz nach oben. Der Blick ist sensationell und sogar die Sonne kommt heraus. Durch schweren Frühlingsschnee drehe ich meine Kurven und kann die Augen nur schwer vom unter mir liegenden Blau des Sees abwenden. Für nur zwei Lifte bietet das Skigebiet eine bemerkenswert große Auswahl an Pisten – fast alle der insgesamt vierzehn möglichen Pisten sind zwei Wochen vor Saisonende noch geöffnet. Während sich zur Hochsaison um die 350 Skiverrückte die Pisten herunterstürzen, sind es heute nur 30. Jeder Skiläufer muss sich eintragen. Daher bin ich eindeutig der Letzte, der nach drei Stunden doch noch vor dem Regen flüchtet, denn dieser hatte irgendwann eingesetzt und dem Schnee zugesetzt. Feierabend für heute – auch für die Angestellten. „Der Regen hört eh nicht mehr auf“, sagt der Kanadier und nimmt meine Skischuhe wieder an sich. Im Regen fahren wir dann also wieder den Schotterweg hinunter. Wasser und Schlamm fließen fast schneller den Berg hinab als wir rollen. In aller Vorsicht kommen wir unten wieder an. Hinter uns ist auch schon der Kleinbus mit dem Personal drin – sowas gibt’s vermutlich auch wirklich nur in Neuseeland. Noch eine letzte Bemerkung zu der Straße: Wir hatten noch Glück! Üblicherweise liegt auf dem Weg dick Schnee. Ohne Ketten sei dann dort kein Hochkommen – aber keine Sorge: Schneekettenverleih (inklusive Montage) gibt es in der dazugehörigen Lake Ohau Lodge am Fuße des Berges.

      Lake Ohau Skifield: Piste mit Seeblick

      Und was bleibt von diesem Erlebnis außer im deutschen Sommer mal Ski gefahren zu sein? Ein Name für unseren Van! Ab sofort nennen wir den Toyota „Eddie“. Benannt ist er nach dem bereits erwähnten Bergsteiger Sir Edmund Hillary. Denn Eddie klettert die Berge genauso schnell hinauf wie einst Hillary den Everest oder Cook erklomm – also wir meinen dieselbe Geschwindigkeit.

      Weiter geht's. Denn an Wandern ist bei dem Regen nicht mehr zu denken. Kurz vor Omarama am State Highway 8 folgen wir einem Schild zu den Clay Cliffs. Die Sandsteinformation sieht aus wie gewundene Stachel. Über Jahrtausende wurde der Sand unter größeren Kieselsteinen weggespült, so dass daraus diese Stachelgebilde entstanden. All der Sand befindet sich dafür nun auf der Straße – Eddie, unser Van, hängt darin kurz fest. Halb rutschend, halb rollend kommen wir aber rückwärts nochmals raus. Das Gelände ist in Privatbesitz, weswegen am Beginn der Straße eine Box steht mit der Bitte, fünf Dollar zu bezahlen. Die Box ist so ehrlich, dass man die fünf Dollarnote wieder herausziehen und dazu noch weitere stibitzen kann. Man müsste den roten Metallkasten mal dringend wieder leeren! Trotzdem ist es typisch Neuseeland: Es gibt viele, viele Straßenverkäufe mit „honesty box“ (Ehrlichkeitsbox). Teilweise liegt sogar eine Liste dabei, in die man sich eintragen kann, wenn man gerade kein Geld dabei hat.

      Felsen aus Sand: die Clay Cliffs

      Omarama selbst bietet außer (für uns zu teure) Entspannung in Fässern mit heißem Wasser, Segelfliegen und teurem Sprit nicht viel. Wir fahren daher weiter den Lindis Pass hinauf, der Canterbury mit Otago verbindet. Die Straße ist hier stark befahren und führt durch um diese Jahreszeit braunes Grasland.

      That is my road!

      Danach geht es durch felsige Täler, wieder bergauf und bergab. Wir unternehmen hier nicht allzu viel, abgesehen von einem Päuschen an meiner Straße: „Philips Road“ ist ein kleiner Seitenweg, der ansonsten aber auch nicht viel bietet. Da unser Tank fast leer ist, peilen wir Tarras an. Über fast 100 Kilometer ist dieser Ort ausgeschildert. Als wir ankommen, besteht er aus einer Tankstelle, einem Café und einer Töpferei. Das Benzin ist hier natürlich noch teurer als in Omarama – Pech gehabt. Mit nur halb vollem Tank fahren wir entlang des Lake Dunstan bis nach Cromwell, wo wir uns im ersten größeren Supermarkt seit drei Tagen für das Abendessen eindecken. Bald wird uns klar, dass es hier schwer werden dürfte, einen Job zu finden. Unsere Hoffnung lag in den Weinbergen und Obstplantagen – aber Ende September sind diese noch kahl und in den letzten Zügen der Winterstarre. Wir suchen dann erst mal unsere Wwoofing-Stelle: Cairnmuir Station liegt 15 Minuten außerhalb von Cromwell in Bannockburn.

      Farmleben pur!

      Wwoofing in Cromwell

      Lecker!

      Wir kommen auf der Farm an – kurz vor knapp, denn wir sollten um vier Uhr spätestens dort sein, war uns gesagt worden. Mit 15.50 Uhr sind wir also quasi zehn Minuten zu früh. Unsicher suchen wir das Haus. Am Straßenrand stehen zwei Hausnummern, es gehen zwei Schotterwege davon ab. Wir wollen gerade zu dem unteren Haus fahren, das mehr nach Farm aussieht, da winkt eine Frau vom oberen aus. Also doch zum anderen. Wir stellen Eddie vor der Tür ab und werden von Jackie begrüßt. Sofort herzlich und sehr freundlich und das, obwohl sie eigentlich auf heißen Kohlen sitzt: In einer halben Stunde will sie mit ihrem Mann Alistair und den beiden Kindern Blake und Georgia für den Abend ausgehen. Alistair ist allerdings noch auf der Farm unterwegs – Männer eben. Wir verbringen also unseren ersten Abend weitestgehend allein auf Cairnmuir Station. Mit uns ist nur der Wach- und Haushund Hiedi. Wir machen uns ein aufwendiges Essen in der großartigen Küche: Steak mit geschmorten Pilzen und Kartoffeln. Und nach der ersten Dusche seit drei Tagen schmeckt diese Mahlzeit noch besser. Kurz: Wir fühlen uns so richtig wohl! Als die vier zurück sind, müssen wir im Internet zeigen, wo wir wohnen. Das Interesse an uns ist groß, die Distanz untereinander von Anfang an klein. Wer hätte an diesem Abend gedacht, wie viel Zeit wir noch hier mit dieser Familie verbringen würden …

      Am nächsten Morgen beginnt die Arbeit. Weil die Schafschur, wobei wir laut Jackie helfen sollen, erst am folgenden Tag beginnt, kriegen wir eine Aufgabe im Garten: Unkraut jäten. „Arbeitet nicht zu hart, es ist Sonntag“, gibt uns Alistair auf den Weg. Da ich mir das Quad, ein allradgetriebenes Geländefahrzeug, einfach nehmen soll, wie Alistair schon am Abend zuvor gesagt hatte, bringen wir das gezupfte Unkraut damit zum Kompost. Bald wird klar, was unsere Hauptaufgabe bei der Familie ist: Als erste Wwoofer bei Jackie, Alistair und den Kindern überhaupt bringen wir in erster Linie internationales Flair in das Haus. Abends nimmt Alistair uns mit auf die Farm, wo wir die Schafe zusammentreiben– also eigentlich treiben mehr seine vier Schäferhunde und wir schauen nur zu. Trotzdem ist es interessant. Bei der Fahrt über den Farmweg in Alistairs Geländewagen rennt ein Kaninchen über den Hügel. Mit seinem Jagdgewehr erlegt er das Tier, denn Kaninchen sind in Central Otago eine schreckliche Plage – vor allem für die Farmer und Obstplantagen. Doch dazu später mehr. All dies ist schon am zweiten Tag sehr faszinierend und macht Vorfreude auf mehr. Die nächsten Tage müssen wir auf der Farm arbeiten. Zwar haben unsere Aufgaben nichts mit den Schafen zu tun, aber wir dürfen den Schafscherern zuschauen: Die Scherer eines externen Unternehmens arbeiten zu lauter Musik, wie am Fließband. Während von hinten Schafnachschub in das scheunenartige Wellblechgebäude getrieben wird, scheren vorne vier Personen je ein Schaf. Sie brauchen unter einer Minute, um die Wolle an einem Stück abzubekommen

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