Schule aus, Neuseeland ruft 2.. Philip Raillon

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Schule aus, Neuseeland ruft 2. - Philip Raillon

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zieht der Wind herein und die Eingangstür wird zunächst mehrfach aufgeweht. Ich weiß nicht, bei wie vielen Böen ich in dieser Nacht dachte, dass nun einer der Bäume umknickt. Von Stürmen in der Heimat wusste ich, wie schnell das gehen kann. An Schlaf denke ich daher lange nicht. Während Maria neben mir unruhig einschläft, warte ich immer die nächste Böe ab und noch eine und noch eine. Gegen halb drei am Morgen lässt der Sturm endlich nach und keine kleineren Äste fliegen mehr gegen die Holzwände oder das Dach.

      Unser „Lohn“: Bett und Küche in dieser Hütte

      „Heute Nacht wäre ich gerne in meinem warmen Bett in Witten und nicht hier, irgendwo im Nirgendwo auf der Banks Peninsula“, schreibe ich an diesem Abend in mein kleines Tagebuch. Völlig übertrieben? Naja, uns ist zwar nichts passiert. Doch als wir am nächsten Morgen die Handys einschalten, haben wir mehrere SMS und verpasste Anrufe von der Familie in Christchurch auf dem Display. Der Sturm hatte in Christchurch und der gesamten Region Canterbury mächtig zugeschlagen: eingedrückte Fenster, abgedeckte Dächer oder umgekippte Bäume in Christchurch. Und als wir später auf dem Campingplatz endlich den Besitzer, Marcus, treffen, berichtet er, dass viele Bäume auf der Straße gelegen hätten, als er am vorherigen Abend gegen 22 Uhr aus Christchurch gekommen sei. Dieselbe Route, die wir nur zwei Stunden eher gefahren waren. Außerdem erfahren wir in den nächsten Tagen, dass zahlreiche Menschen im Westen der Südinsel für Tage ohne Strom waren und am Haast Pass, der die Westküste im Süden mit dem Rest des Landes verbindet, zwei Kanadier in dieser Nacht von einer Schlammlawine mitgenommen wurden – wir hatten also richtig Glück.

      Direkt am Zeltplatz fließt ein Bach entlang

      Wir treffen also endlich den Besitzer. Marcus, ein junger und etwas wuseliger Mann, hat sich mit dem Kauf des Campingplatzes vor etwa zehn Jahren einen Lebenstraum erfüllt. Er erklärt uns alles und zeigt uns unsere neue, richtige Unterkunft. Eine der einfachen Hütten, die aber eine eigene, kleine Küchenzeile und neben einem Schlaf- auch einen Wohnbereich haben. Ganz wichtig: Wir bekommen auch den Zugang zum Wlan-Netzwerk, was für den Kontakt mit zu Hause nicht zu unterschätzen ist. Außerdem stellt Marcus – der generell immer nur über den Campingplatz rennt, anstatt zu gehen – uns Noemie und Fabien vor. Das Backpacker-Paar ist ebenfalls als Wwoofer auf dem Little River Campingplatz. Nach abgeschlossenem „Umzug“ aus der winddurchlässigen Gruselbude der ersten Nacht in unsere neue Hütte geht es an die Arbeit: Während Maria und Noemie eine der besagten Hütten (oder cabins) anstreichen müssen, ziehen Fabien und ich los, um einen der kleinen Bäche zu säubern, Unkraut zu jäten und ein Beet umzugraben. Dann will Marcus mit uns gemeinsam große Holzscheiben als Sitzgelegenheiten zu einer Feuerstelle transportieren.

      Maria setzt den Wanderweg instand

      Zu dritt hieven wir die schweren Stücke in einen alten Van und laden sie an der richtigen Stelle ab. Nach der zweiten Fuhre rutscht der Van vom Pfad ab und landet mit dem rechten Hinterrad in dem kleinen Bach. Nach halbstündigem Rätseln und Ausprobieren steht fest: Das war‘s erst mal mit dem Van. Wir müssen mit der vorherigen Arbeit weitermachen und Marcus versucht einen Bekannten mit einem Geländewagen aufzutreiben – was dann auch irgendwann im Laufe des Tages funktioniert. Nach dem Mittagessen und einem kurzen Päuschen geht es wieder an die Arbeit. Fabien und ich müssen nun Zäune und Treppenstufen an den zahlreichen Wanderwegen, die vom Campingplatz durch Buschwerk die Hügel hinauf führen, reparieren. Schon am Ende des ersten Arbeitstages tut mir alles weh. Allerdings haben wir viereinhalb Stunden gearbeitet und können diese „Überstunden“ die nächsten Tage abstottern – denn an diesen arbeiten wir weiter an den Wanderwegen. Allerdings ist unsere ehrgeizige Arbeit nur ein Anfang: Marcus, der immer mal wieder vorbeischaut, uns lobt und auch mit anpackt, könnte eine ganze „Wwofing-Armee“ gebrauchen, wie Fabien es treffend formuliert.

      Fabien und ich reparieren Zäune

      Während die körperliche Arbeit an den Wanderwegen noch Spaß macht, zählt die Aufgabe, die Plumpsklos für die nächsten Gäste zu putzen zu den unschöneren Wwoofing-Arbeiten. Ein Plumpsklo zu putzen ist tatsächlich nochmals eine Stufe schlimmer, als es zu benutzen.

      Die Nachmittage nutzen wir, um die Banks Peninsula zu erkunden. Hoch und runter gehen die kurvenreichen Straßen – und das mitunter steil. Dafür bietet sich einem immer wieder ein toller Blick, teils in nur spärlich bewohnte Buchten. Akaroa, der Hauptort der Insel und im Sommer ein Touristenmagnet, ist auch eines unser Ausflugsziele. Wir laufen dort nicht nur durch die kleinen Straßen, die dank der französischen Besiedlung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch immer französische Namen haben, sondern schauen uns auch nach Jobs um. Wir fragen in der Touristen-Info, in Geschäften und Cafés. Alle verweisen uns allerdings an eine kleine Arbeitsagentur oder sagen, wir sollten im Sommer zur Hauptsaison wiederkommen.

      Im Sommer sind die Parkplätze hier voller!

      Bei der Jobvermittlung fragen wir nicht an, denn dort hatte schon Marcus für uns angerufen. Das plötzliche Interesse an einem bezahlten Job kommt in erster Linie vom Kauf des Wagens – denn der hatte ja mehr Geld gebraucht als ursprünglich kalkuliert. Außerdem hatten wir einen heißen Tipp von unserem Rostentferner in Christchurch bekommen: Wir sollten in Akaroa in einem bestimmten Hotel nach Jack fragen. Der Mitarbeiter kenne viele örtliche Farmer und habe häufig Jobs zu vergeben. Was für eine Chance! Sich über Kontakte vom Rest der Backpackermasse herauszuheben, klingt in unseren Ohren vielversprechend. Auch, wenn ein Job zu diesem Zeitpunkt noch nicht zwingend notwendig ist, ergibt es für mich Sinn, zu arbeiten, solange noch Puffergeld da ist und nicht damit zu warten, bis der Notgroschen aufgegessen ist. Als wir gleich nach unserer Ankunft in das Hotel gehen, ist Jack allerdings nicht zu finden. Er arbeite erst in drei Stunden, so die Auskunft des nur mäßig freundlichen Personals. Also überbrücken wir die Zeit: Wir besichtigen den alten Friedhof, schauen uns einige der alten Häuschen (wobei „alt“ in diesem Falle immer relativ zu betrachten ist) an und gehen zum Akaroa Lighthouse. Der kleine Leuchtturm ist den kurzen Weg wert – oder man macht es so wie drei asiatische Touristen: Im Van hinfahren, aussteigen, drei Fotos mit beeindruckenden Sprung-Einlagen machen, die daraufhin auch ich mehrfach darbiete, und weiter geht es. Sie laufen noch nicht einmal die zwanzig Meter um den Turm herum …

      Akaroa Harbour

      Drei Stunden später finden wir uns wieder an dem Hotel ein. Ansprechpartner Jack ist noch immer nicht da. Wir sagen seiner Kollegin unser Anliegen und sie führt uns in die angeschlossene Kneipe, wo wir warten sollen. Um uns herum raue Farmer, die auf die Fernsehbilder des dazugehörigen Wettbüros starren. Zehn Minuten später betritt ein älterer Mann die Bar und wird kurz von seiner Kollegin auf uns aufmerksam gemacht. Wir fühlen uns nicht wirklich wohl – und Jack gibt sich auch nicht die Mühe, dies zu ändern. Nachdem er uns weitere Minuten warten lassen hat, kommt er zu uns rüber. „Ihr wollt also einen Job? Irgendwelche Erfahrungen?“. Kein Hallo, keine weiteren Fragen – nichts. Vollkommen perplex verneine ich. Er brummelt irgendetwas vor sich hin und fordert uns auf, unsere Namen und Handynummern zu notieren. Er melde sich dann in den nächsten Tagen bei uns, sagt unser Geheimtipp, dreht sich um und geht ohne ein weiteres Wort. Überrascht und mit einem unguten Gefühl im Bauch sehen wir zu, dass wir schnell aus dem Laden herauskommen und fahren wieder Richtung Little River Campingplatz. Wir sind uns einig: Auf seine Jobvermittlung können wir auch gut verzichten. Gemeldet hat sich Jack aber ohnehin

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