Schule aus, Neuseeland ruft 2.. Philip Raillon
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Spielplatz in Okains Bay: Wie in „alten“ Schulzeiten
An einem anderen Tag sind wir die „Touristen-Strecke“ der Banks Peninsula gefahren. Die ruhige Straße führt über den Mittelkamm der Halbinsel und bietet tolle Panoramen in die vielen Buchten hinein. Wir machen einen Abstecher nach Okains Bay hinunter. Die Fahrt in die kleine Bucht lohnt sich. Das Mini-Örtchen war einst richtig im Aufschwung, wie eine Informationstafel am verlassenen Strand verrät. Bei abblätternder Farbe lese ich, dass die einst so wichtige Käsefabrik den letzten Käse in den 1960er-Jahren auf den Markt brachte; und das einzige Hotel, in dem Gäste aus nah und fern unterkamen, brannte bei einem Unfall ab – allerdings geschah dies schon 1880. Jetzt gibt es nur noch einen riesigen Campingplatz, dessen Spielplatz wir kindisch verunsichern. Wir denken uns noch, dass der Platz direkt am Strand schön und für die Abgeschiedenheit ziemlich weitläufig sei, denn Camper sind hier Mitte September kaum zu sehen. Später erfahren wir, dass der Campingplatz „Okains Bay“ einer der größten auf den Banks Peninsula ist und für die Sommermonate teils schon Wochen vorher gebucht werden muss. So kann man sich täuschen …
Wir verlassen die Banks Peninsula eher als ursprünglich geplant. Marcus hatte alle Hütten vermietet, da wir unseren Ankunftstag durch den Kauf des Wagens erst sehr spät festgesetzt hatten und das Wwoofing so immer wieder nach hinten verschieben mussten. Noch vom Little River Campingplatz aus schreiben wir weitere Wwoofing-Stationen an. Das Ziel: Eine Farm oder einen Weinberg zu finden, wo wir Erfahrungen sammeln können, die uns dann später einen Job in der Landwirtschaft verschaffen. Zunächst bekommen wir nur Absagen oder gar keine Antworten. Also erweitern wir unseren Radius und schreiben Farmen in ganz Canterbury an. In Waimate finden wir schließlich jemanden, der unsere Hilfe so nötig gebrauchen kann, dass er sogar direkt anruft und uns für in drei Tagen zu sich bittet. Zufrieden, eine neue Unterkunft gefunden zu haben, machen wir uns auf den Weg. Marcus ist begeistert von unserer Arbeit und lädt uns ein wiederzukommen – als Wwoofer oder Camper. Zum Abschied setzt er uns einen Kommentar auf unser Wwoofing-Profil im Internet: „Vor kurzem waren Maria und Philip auf dem Little River Campingplatz unsere Gäste. Es war uns eine Ehre, ihre ersten Wwoofing-Gastgeber zu sein und ich freue mich, sagen zu können, dass sie super waren. Wir hätten sie sehr gerne länger bei uns gehabt. Sie waren beide interessiert und offen für alle Jobs und erledigten diese sehr sorgfältig und kompetent. Ihr Englisch ist sehr gut und sie verstanden, was wir erreichen wollten. Die Aufgaben beinhalteten das äußerst akkurate Anstreichen von Fensterrahmen, Putzen, das Bewegen von schweren Gegenständen, Garten- und Wanderwegarbeiten. Ohne Beaufsichtigung arbeiteten sie hart und mit Eigeninitiative an der Fertigstellung der Projekte. Treppenstufen bauen, Geländer montieren, Geröll beseitigen und Kies verteilen. Viel harte und schwere Arbeit, aber alles mit einem Lächeln. Die Wanderwege sind jetzt in einem besseren Zustand als je zuvor. Sie sind motiviert und geschickt – also nutzen Sie die Gelegenheit, sie zu beherbergen, wenn Sie kontaktiert werden. Wir wünschen ihnen für ihre Reise alles Gute und hoffen, sie einmal wiederzusehen.“
Und auch die beiden anderen Wwoofer, Noemie und Fabien, schreiben uns einige nette Worte: „Wir haben zwar nur ein paar Tage zusammen mit Philip und Maria gewoofed, aber es reichte, um festzustellen, wie verantwortungsbewusst, motiviert und engagiert sie bei der Arbeit waren. Auch wenn sie etwas jünger sind, sind sie die reifsten Wwoofer, die wir in den letzten sechs Monaten beim Woofen kennengelernt haben. Außerdem sprechen sie sehr gut Englisch. Wir wünschen ihnen alles Gute!”
Es geht also weiter. Bevor wir nach Waimate fahren, das mit 230 Kilometern Richtung Süden schon recht weit „unten“ liegt, machen wir noch mal einen Abstecher nach Christchurch: Wir müssen die Kühlaggregate, die wir bei Fiona und Gary in Avonhead vergessen hatten, abholen und wollen außerdem zu einem Fabrik-Verkauf. Neuseelands bekannteste Kekse, die „Cookie-Time“-Cookies, schmecken nicht nur gut und haben einen hohen Suchtfaktor, sondern sind auch ziemlich teuer. Daher wollen wir zum Fabrik-Verkauf am State Highway 1 südlich von Christchurch, direkt nach der Stadtgrenze. Es lohnt sich: Die Bruchware schmeckt genauso gut und ist erheblich günstiger. Wir decken uns also ein und fahren weiter. In Ashburton, etwa auf der Hälfte der Strecke, machen wir einen Abstecher zum Meer. Doch das ist gar nicht leicht zu finden. Die langen und schmalen Verbindungsstraßen verlaufen nicht direkt zum Strand – denn vor der Küstenlinie liegen Felder und die Straßen enden oftmals auf Feldwegen und die wiederum bei den Kühen. Schließlich finden wir doch noch einen Zugang zum Meer, wo wir neben mehrere Meter hoher Brandung unser Mittagessen köcheln – schon mal Milchreis auf einem Campingkocher zubereitet? Es wird eine längere Mittagspause als geplant.
Achtung, Wellen!
Unsere Unterkunft in Waimate, leider ohne Strom
Die Canterbury Plains, wie die große flache Landwirtschaftsregion zwischen Christchurch und Waimate heißt, bietet außer den Städten Ashburton und Timaru nicht viel – außer eben Kühen und Schafen. Und als wir die großen Weiden auf dem State Highway 1 passieren, fallen uns noch all die umgekippten Bäume am Straßenrand auf. Der große Sturm, den wir bei unserer Ankunft in Little River erlebten, hatte voll zugeschlagen und etliche Bäume entwurzelt. Außerdem waren viele Haushalte ohne Strom – so auch unsere Bleibe in Waimate. Von Anfang an sind unsere neuen Gastgeber, ein junges Bauernpaar, nicht allzu freundlich. Als wir ankommen, richtet der Bauer mit seiner Freundin gerade den Wohnwagenanhänger her. Denn das kleine Häuschen, in dem die Farmarbeiter wohnen, war seit dem Sturm, also seit sieben Tagen, ohne Strom. Die riesigen, alten Nadelbäume an der Auffahrt zur Farm liegen noch immer unangetastet dort. Begraben haben sie nicht nur die Stromleitung zu unserem Cottage, sondern auch zum Haus der alten Farmer, den Eltern. Lediglich der junge Farmer, unser Gastgeber, und seine Freundin haben noch Strom in ihrem Haus. Zunächst denken wir uns bei dem Stromausfall nichts:
Für eine heiße Dusche soll der Wohnwagen vor der Tür sorgen, und ein lauter Dieselgenerator rattert vor der Tür für einen Heizstrahler im Hausinneren. Im Wohnzimmer lodert außerdem noch das warme Feuer im Kamin. Also alles kein Problem, wäre es nicht gerade Frühling in Neuseeland und würden nicht die meisten Neuseeländer mit Strom heizen. Wir teilen uns das Farmhaus mit einem Studenten aus England, der sein praktisches Jahr auf der Farm absolviert. Alex gehört nicht zu den Redseligen und wir tun uns schwer, sein Englisch zu verstehen – aber er ist immerhin freundlich zu uns. Beim ersten Abendessen taut das Farmerpaar dann doch etwas auf (in ihrem Haus gibt es schließlich Heizung, Warmwasser und Strom). Wir werden anschließend bei unserem Häuschen abgesetzt und fallen müde ins Bett: Vier Decken, zwei Schlafsäcke und dicke Pullis schaffen es nur so gerade eben, Maria und mich warm zu halten. Verflucht sei diese Unsitte der Elektroheizungen.
Um genau neun Uhr steht der Bauer am nächsten Morgen hupend vor der Haustür. Schnell greifen wir noch einen Extrapulli, unsere Arbeitshandschuhe und stürmen raus. Voller Vorfreude auf die Arbeit mit den Tieren setzen wir uns zu ihm in den Wagen. Vielversprechend drehen wir eine Runde über die Farm und kontrollieren, ob über Nacht Lämmer zur Welt gekommen sind – sind sie aber nicht. Heute Morgen ist der Bauer sogar mal freundlich und kündigt an, uns in den kommenden Tagen auch ein wenig zu den Tieren erzählen zu wollen. Erst mal werden wir aber wieder an unserem Häuschen abgesetzt und er holt uns eine „Schubkarre“: Ein alter Ford, der seit einigen Jahren in der Scheune steht, keine Spiegel, kein Licht, keinen WOF (TÜV) hat und auch nicht mehr zugelassen ist. Die nächsten viereinhalb Stunden dürfen wir kleine Stöcke und Äste um sein Haus herum aufsammeln, auf das Scheunen-Fahrzeug werfen und zu einem großen Haufen – einem späteren Scheiterhaufen – bringen. Anfangs ist es noch lustig, mit der alten Klapperkiste zu fahren, spätestens nach der dritten Fahrt geht uns der ständig ausgehende Motor aber genauso auf den Geist wie der Job an sich. Etwa einmal die Stunde kommt der Bauer in seinem Geländewagen vorbeigebraust und guckt kritisch. Nach etwa viereinhalb Stunden kommt er dann mit der Motorsäge, sägt einen nur angebrochenen Ast klein und geht wieder. „Den könnt ihr noch wegbringen,