Schule aus, Neuseeland ruft 2.. Philip Raillon

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Schule aus, Neuseeland ruft 2. - Philip Raillon

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Rucksäcke. Mit dem Gepäck geht es dann in die Schlange für die Einreisekontrolle – wir kennen diesen etwas nervigen, aber wohl nötigen Umstand bereits aus Sydney. Neu ist allerdings, dass schon während wir unsere Rucksäcke gerade wieder tragbar machen, Sicherheitspersonal mit Spürhunden entlang schlendert. Der schwarzweiß gefleckte Hund ist richtig süß. Er findet aber beunruhigend viel Gefallen an Marias Trageutensil. Jetzt finde ich ihn nur noch bedingt süß! Die Folge: Unsere Einreisekarten bekommen einen kleinen Vermerk mit großem Ausmaß: Am ersten Schalter müssen wir alle Lebensmittel ausräumen. Nutella, Gewürze und Tee sind kein Problem. Meine Wanderschuhe werden sicherheitshalber gereinigt – ein angenehmer Service. Weniger angenehm sind die Fragen der Beamtin. „Haben Sie wirklich keine frischen Lebensmittel dabei?“ Durch die Androhung von mehreren hundert Dollar Strafe kommen wir dann doch ins Grübeln, gehen mehrfach unseren Packvorgang durch und sind uns dann sicher: Wir haben nichts Frisches dabei. Trotzdem wird unser gesamtes Gepäck gefilzt und dann durch einen Scanner geschickt. Kein Fund. Alles gut, wir können nach fast anderthalb Stunden endlich aus dem Sicherheitsbereich raus. Von wegen. Wieder wird uns einer dieser „süßen“ Hunde zum Verhängnis: Kurz bevor wir durch die Schiebetür nach draußen wollen, schnuppert nochmals einer an Marias blau-lila Rucksack und bellt. Der diensthabende Chefbeamte räumt daraufhin höchst persönlich den kompletten Rucksack aus – findet letztlich aber, wie auch die Male zuvor, doch nichts. Immerhin sind die neuseeländischen „Grenzbehörden“ freundlich und geben uns schon gleich Tipps mit, was wir in Christchurch machen können. Mit zwei Stunden Verspätung betreten wir endlich den öffentlichen Bereich des Christchurcher Flughafens, wo wir bereits erwartet werden.

      Fiona kommt direkt auf uns zu. „Maria und Philip?“ Ja, das sind wir! Fiona Prest ihr Mann und die drei Söhne sind eine der Familien, die wir noch in Deutschland ausfindig gemacht haben. Marias Cousin lebte einst bei der Familie im Christchurcher Ortsteil Avonhead als Austauschschüler. Nun sind wir für einige Nächte eingeladen. Wie viele es aus den angedachten „zwei, drei Übernachtungen“ im Spielzimmer der Familie werden sollten, ist schon fast unangenehm. Doch die Familie ist offen, freundlich und hilfsbereit – wohl, auch weil sie wissen, wie es ist, in einem gänzlich unbekannten Land anzukommen: Sie immigrierten vor einigen Jahren aus Afrika nach Mittelerde.

      Für uns sind Fiona und Gary mit ihren drei Söhnen jedenfalls die kostenlose und deutlich herzlichere Alternative zu einer teuren Organisation. Gleich am Anfang helfen uns Fiona und Adam, der mittlere Sohn, dabei, die Zeitungen nach inserierten Backpacker-Autos zu durchschauen. Denn das steht als Erstes an: der Kauf eines Wagens. Außerdem werden wir im Verlauf der nächsten Tage viele informative und nette Abende zusammen mit der Familie verbringen. Die Freundlichkeit und Offenheit unserer neuen Bezugspersonen ist überwältigend. Mit dabei ist auch Paul, der damalige Austauschschüler der Familie. Der Kieler ist im selben Alter wie wir und bereits seit einigen Wochen in Neuseeland.

      Der wird es nicht, …

      Noch am ersten Abend suchen wir über die Internetseiten gumtree.co.nz, eine kostenlose Kleinanzeigenplattform, und trademe.co.nz, eine Versteigerungsseite, nach einem passenden Wagen. Direkt nehmen wir Kontakt mit den ersten Backpackern auf und verabreden uns für den nächsten Tag. Fiona bringt uns zum ersten Treffen: Zwei US-Amerikaner sind kurz vor Ende ihrer Reise und wollen uns ihren alten Mazda mit Vierradantrieb verkaufen. Die von meinem Vater erstellte Liste mit zu überprüfenden Punkten versuche ich durchzugehen. Der babyblaue Wagen ist aber nicht nur dreckig und unaufgeräumt, sondern fällt auch ansonsten durch zusammengebastelte Technik und rostiges Gehäuse auf. Nach einer Probefahrt – zum ersten Mal im städtischen Linksverkehr und fast mit einem Unfall – will ich unsere Verhandlungstaktik anwenden. Aber anstatt so zu tun, als wäre Maria der Preis viel zu hoch, unterhält sie sich lieber mit der Freundin des Verkäufers. So wird das nix. Dennoch halten wir uns das Angebot offen.

      Weiter geht es: Der Herbergsvater eines Hostels in Christchurch soll auch Wagen verkaufen. Als wir ihm von unserem Budget erzählen, zerstört er unsere Illusionen. „Unter 3500 Dollar bekommt ihr nichts, was einigermaßen vernünftig ist“, sagt er. Unsere Grenze liegt bei 3000 Dollar. Schließlich entscheiden wir uns gegen eine seiner ohnehin nur rustikal ausgebauten Karren und suchen weiter, schauen uns einen Toyota Townace in der Innenstadt an, machen eine Testfahrt mit einem weiteren, diesmal allradbetriebenen Toyota Townace und besichtigen den kleinen Geländewagen einer Australierin, die ihre Schrottlaube für 1500 Dollar irgendwie loswerden will. All diese Angebote verwirren uns zwar kräftig, helfen uns letztlich nicht weiter – mit Ausnahme der zuletzt genannten Australierin. Vor lauter Frustration, dass sie noch immer keinen Kunden hat, und das zwei Tage bevor sie abreist (um ehrlich zu sein, der Albtraum eines jeden Backpackers), drückt sie uns einen Flyer in die Hand. „Der Automarkt dort hat zig Autos. Aber alle teuer“, sagt sie und schiebt noch hinterher: „Müsst euch halt entscheiden, wie viel ihr anlegen wollt.“ Ein Hoffnungsschimmer. Denn all die bisherigen Wagen haben uns nicht komplett zugesagt – so langsam wollen wir aber Fortschritte sehen, denn es sind mittlerweile schon vier Tage seit unserer Ankunft vergangen. Am nächsten Morgen steigen wir in den Linienbus und fahren in die Innenstadt. Am zentralen Busbahnhof ausgestiegen, laufen wir nach Süden und versuchen uns im Straßensystem der Christchurcher Innenstadt zurechtzufinden, was keine leichte Aufgabe ist. Schließlich finden wir aber den Car Market in der Battersea Street.

      … aber das ist jetzt unser: Eddie!

      Gemeinsam mit Richard, dem Verkäufer dort, laufen wir durch die Halle mit Vans, die ehemalige Backpacker für Miete dort haben stehen lassen. Richard, der also nur Vermittler ist, zeigt uns einige Wagen: Manche sind zu klein, andere zu alt oder zu teuer. Gute Wagen sind schon reserviert oder ich traue den Vierrädern noch nicht mal mehr fünf Kilometer zu, so alt sehen sie aus. Enttäuschung macht sich bei Maria und mir breit. Schon wieder kein geeigneter Wagen? Richard grinst und macht nebenbei die Seitentür auf: Weitere vierzig Backpacker-Karren stehen dort und warten auf den zukünftigen Besitzer. Und unter dieser großen Auswahl findet sich tatsächlich auch ein Wagen, der unsere Aufmerksamkeit erregt. Ein Toyota Hiace von 1988, mit 256.000 Kilometern auf den Achsen – doch ansonsten klasse. Hoffnungsvoll nehmen wir den Wagen auf eine Probefahrt mit. Schon bald steht fest: Der soll es sein! Glücklich halten wir zum Mittagessen an und inspizieren den Wagen von innen. Ein großes Bett zum Aufklappen, dazu noch Platz, um sich drinnen hinzusetzen; viele Ausrüstungsgegenstände und eine gute Musikanlage bietet der Wagen auch. Also lassen wir ihn vom Mechaniker des Car Market überprüfen. Er – als dazugehöriger Mechaniker natürlich – gibt grünes Licht. Über die nächsten Tage hinweg verhandeln wir mit den Verkäufern via E-Mail: Da noch einiges am Wagen repariert werden muss, wollen wir nicht einfach den geforderten Preis bezahlen, sondern müssen uns erst mit den Vorbesitzern, die seit vier Monaten schon wieder zu Hause in Frankreich sind, einigen. Für die entscheidenden Mails stehe ich nachts um halb drei neuseeländischer Zeit auf und wir erhandeln einen guten Preis: 4000 Dollar, inklusive der nötigen Reparaturen. Auch für die Erneuerung des neuseeländischen TÜVs, dem WOF (Warrant of Fitness), müssen noch einige Dinge getan werden. Denn der Wagen hat zwar noch zwei Monate die Zulassung, doch jetzt kommen die Vorbesitzer noch für die Auffrischung auf – so die Regeln des Car Market. Es dauert dann noch weitere fünf Tage, bis die Frontscheibe gewechselt, der Rost entfernt und die Abblendlichter ausgewechselt sind.

      Mitten in der City: Earthquake-Ruinen

      All die Vorbereitungen und die Reparaturen haben deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen, als ursprünglich erwartet, aber wir haben die zwölf Tage in Christchurch genutzt: Wir eröffneten ein Bankkonto, beantragten die Steuernummer (IRD-Nummer) und unternahmen auch einiges. Die Metropole der Südinsel wirkt im Jahr 2013 auf uns so, wie ich mir eine deutsche Großstadt 1948 vorstelle. Wo in den Straßen keine Löcher sind, da ist der Asphalt wellig. In der Innenstadt stehen nur noch wenige Gebäude

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