Schule aus, Neuseeland ruft 2.. Philip Raillon
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Wir haben in Christchurch eigentlich schon alles gesehen: Der Botanische Garten ist vor allem im Sommer einen Besuch wert und das kostenlose Canterbury Museum ist für Backpacker ein guter Zeitvertreib. Auch nach Lyttelton sind wir gefahren, dem ehemals größten Hafen der Südinsel. Als wir dort aus dem Linienbus aussteigen, sind wir etwas enttäuscht: Vom Charme, den unser Reiseführer beschreibt, ist nicht viel zu spüren. Auch in Lyttelton sind viele der sehr steilen Straßen kaputt, Häuser renovierungsbedürftig und die Straßenzüge verlassen – außer einer Touristengruppe, die gemeinsam mit uns aus dem Linienbus gestiegen ist, sehen wir nicht viele Leute. Und der Hafen? Der hat seit dem Erdbeben seine wirtschaftlichen Probleme, wie wir später erfahren. Zwar liegen dort noch immer viele Holzstämme am Pier, doch übergroße Frachtschiffe fehlen. Nach einem kleinen Gang, der vor allem die sehr steilen Straßen hinauf geht, verabschieden wir uns wieder vom Überseehafen. Wir wollen ja ohnehin noch hier bleiben. Und besuchen stattdessen die sich in einem perfekten Zustand befindenden Einkaufszentren außerhalb der Innenstadt. Die „Riccarton Mall“ bietet alles, was das (Shopping-)Herz begehrt. Und auch die „Northgate Mall“ glänzt mit modernem Gebäude und vielen Läden – vom Supermarkt über Bekleidungsgeschäfte bis hin zum Fitnesscenter und einer Bücherei.
Der Überseehafen in Lyttelton wirkt überraschend „little“
Als wir den Wagen dann abholen können, bezahlen wir den Mann bar auf die Hand und fahren einkaufen. Denn es soll noch an diesem Tag endlich losgehen. Das erste Ziel: Little River auf der Banks Peninsula. Für dort haben wir uns noch von zu Hause aus eine Wwoofing-Stelle organisiert. Wwoofing, das ist Arbeiten auf einer Bio-Farm, und als Bezahlung gibt es Unterkunft und Verpflegung – so wenigstens die Idee des Internetnetzwerkes, für dessen vollständige Nutzung man sich gegen jährliche Gebühr anmelden muss. Faktisch sieht Wwoofing in Neuseeland aber anders aus: Zwar gibt es auch noch Bio-Farmen, aber auch viele andere Bauernhöfe oder Leute, die Helfer für alle möglichen Arbeiten gebrauchen können, suchen nach arbeitswilligen Wwoofern. So hat auch unsere erste Station die Wwoofing-Regeln etwas abgewandelt: Wir haben uns für den Little River-Campingplatz entschieden, wo wir drei (statt üblicherweise vier) Stunden am Tag arbeiten sollen. Als Bezahlung gibt es dafür dann auch nur eine der Campinghütten (cabins) und kein Essen.
Top und Flop: Wwoofing in Little River und Waimate
Das saftige Grün der Banks Peninsula
Top und Flop: Wwoofing in Little River und Waimate
Wir verlassen Christchurch in Richtung Banks Peninsula. Voller Vorfreude, dass es endlich richtig losgeht, nehmen wir die Port Hills in Angriff. Bald wird uns klar: Schnell geht es mit unserem Van keine Berge hinauf. Die recht steilen Straßen kämpft sich unser „Super Custom Limited“ mit knapp über 30 km/h hoch. Wenn die Steigung dann noch zunimmt, sind die 30 km/h die absolute Höchstgeschwindigkeit. Doch wir haben ja Zeit … Langsam bricht die Dämmerung herein und der ohnehin schon starke Wind entwickelt sich zu einem Sturm. Ich kämpfe gegen die Böen, die uns und den Wagen von der linken Spur immer wieder auf die rechte drücken. Doch da will ich gar nicht hin! Ich versuche mich ja momentan an den Linksverkehr zu gewöhnen. Mit fortschreitender Zeit nimmt der Sturm zu, die Böen nehmen zu, die Kurven werden enger und die anderen Autos werden weniger. Vielleicht hätten wir uns doch besser für den stärker befahrenen, aber längeren State Highway 75 entscheiden sollen. Dafür ist es jetzt zu spät. Wir hatten schließlich bewusst die kürzere und landschaftlich schönere Strecke gewählt – dafür ist der Weg offenbar ungemütlicher und zeitlich länger. Und auch als wir die Port Hills endlich hinter uns lassen und auf den State Highway abbiegen, windet es noch stark. Die fortgeschrittene Dämmerung und der starke Wind zwingen mich dazu, auf der Mittellinie zu fahren. Von den beiden großen Seen, dem Lake Ellesmere und dem Lake Forsyth, bekomme ich kaum etwas mit. Mein Augenmerk gilt den Bäumen, die sich am Straßenrand bedrohlich im Wind biegen. Der Lake Ellesmere ist mit 180 Quadratkilometern der größte See Canterburys. Er hat mit unter drei Metern eine geringe Wassertiefe und keinen ständigen Abfluss – daher wird das Wasser, falls der Wasserspiegel zu sehr steigt, durch künstliche Kanäle abgelassen. Diese werden bei Bedarf von den Landwirten der Region durch das sehr schmale Stück Land zwischen See und Pazifik gebaut. Jetzt peitscht der Wind das Wasser in hohen Wellen über die Oberfläche. Einfach nur weiterfahren. Ein großer Ast fliegt über die Straße. Weit kann es doch nicht mehr sein, oder? Irgendwann wird es so dunkel, dass ich die Baumspitzen nur noch erahnen kann – zu spät, um nach umstürzenden Bäumen Ausschau zu halten.
Little River, ein Campingplatz mit Idylle
Erst am zweiten Tag treffen wir unseren Wwoofing-Host Marcus
Als wir endlich in Little River, dem ersten kleinen Örtchen auf der Banks Peninsula, ankommen, biegen wir rechts ab und fahren durch ein Tal mit düsteren, großen Tannen zum Campingplatz. Diesen verschluckt gerade die Dunkelheit, während über uns der Wind in den Wipfeln tost. Im Lichtkegel der Scheinwerfer folgen wir der Aufforderung eines Schildes und läuten die kleine Schiffsglocke an der Anmeldung – nichts tut sich. Um uns herum herrscht absolute Dunkelheit. Kein Licht und außer dem Rauschen der schwarzen Tannen kein Geräusch. Noch mal läuten – immer noch nichts. Auch auf meinen Anruf hin melden sich sowohl im Festnetz als auch auf dem Handy des Campingplatz-Besitzers nur die Anrufbeantworter. Das fängt ja klasse an: Kein Wwoofing-Gastgeber, eine geschlossene Anmeldung, kein Licht, und wo sind eigentlich die anderen Camper? Niemand hier. Waren wir zu voreilig, jemand Fremdem unsere Zusage zu geben? Mit Taschenlampen machen wir uns auf den Weg über den verlassenen Platz, vorbei an den leeren cabins, in denen wir uns eigentlich schon mit Licht, Heizung und etwas Leckerem zu essen gesehen hatten. Kalt ist es nämlich Anfang September auch noch. Schließlich finden wir eine Hütte, in der Licht brennt, und klopfen an. Es öffnet ein überraschter Herr mit einem blauen „Autobahn“-T-Shirt. Immerhin jemand, der unsere Sprache spricht. Falsch gedacht, stellt sich schnell heraus – er ist nur Fan der gleichnamigen Band. Der Besitzer des Campingplatzes ist er leider nicht, dieser sei samt Frau in Christchurch beim Einkaufen. Er selbst ist nur ein Freund der Familie und lebt in dieser Hütte. Aha. Und wir? Von uns hatte er zuvor nichts gehört. Also gehen wir auf die Suche nach einem Schlafplatz: Die einzige nicht verschlossene Kabine ist ein Gartenhäuschen mit Bett, zwei Gemälden, einem Kühlschrank und Laub. Denn die Tür war vom Wind aufgeweht worden. Naja, aber wir sind froh: Immerhin haben wir eine Unterkunft mit Strom und sogar einer wärmenden Elektroheizung. Wir geben uns zufrieden. Kochen müssen wir allerdings in der offenen „Küche“ des Campingplatzes – zwei Kochstellen samt Regenwasserversorgung unter einem Holzdach. Der Lampion schwingt im Wind. Dann geht es in unser Nachtdomizil. Das Elektrogebläse taut uns und die Hütte langsam auf. Allerdings hauen die Äste der umstehenden Bäume auf das kleine Wellplastikdach. Eine Stunde später hat der Sturm auch im Tal des Campingplatzes richtig losgelegt. In Abständen von wenigen Sekunden kündigen sich die