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Als die erste Stunde begann, schaute sich Herr Schkoki jede Bastelarbeiten in Ruhe an. Als er mein Werk betrachtete, sagte er: „Oh, das Haus ist ja wirklich sehr schön! Später, wenn du erwachsen bist, wirst du bestimmt ein Bauingenieur für unser zukünftig freies Land werden. Die Schüler klatschten und unser Lehrer verkündete, dass ich heute der Beste sei und die Note 20 verdient hätte.
Mir wurde gleichzeitig heiß und eiskalt. Unter dem Tisch fühlten sich meine Füße in den kalten Plastikschuhen sehr unangenehm an, aber mein Herz war warm vor Freude. Mir war nicht klar, warum mein Körper bebte. War es wegen meines selbst gebauten Hauses oder waren es die schönen Augen von Säran? Dann bildete ich mir plötzlich eine Geschichte zu dem Haus ein, ohne dem Lehrer weiter zuzuhören. Säran war in meinem Haus, rannte die Treppe herunter in den Hof, fiel in meinen Teich und schrie, denn sie konnte nicht schwimmen. Wie ein Held sprang ich in hinterher, um sie vor dem Ertrinken zu retten. Ich rief: „Säran, hab keine Angst, gleich sind wir draußen. Gleich haben wir es geschafft.“ Ich brachte sie in ein Zimmer meines Hauses, wo sie die nasse Kleidung wechseln konnte. Sie zitterte und fror. Ich wollte die Heizung anmachen und bemerkte, dass ich vergessen hatte, eine einzubauen. Die Stimme von Herrn Schkoki riss mich aus meinen Träumen: „Hussein, ich habe dich etwas gefragt. Wieso gibst du keine Antwort?“ Schade, mein Tagtraum hatte ein jähes Ende gefunden.
Nach Schulschluss ging ich nach Hause und sah meine Mutter sehr besorgt. Mein Bruder Nasser war nicht in der Schule gewesen. Er hatte gestern keine Hausaufgaben gemacht und sich am Morgen nicht in die Schule getraut. Er hatte so getan, als würde er sich auf den Weg machen, sich dann aber den ganzen Vormittag draußen im Schnee herumgetrieben. Dabei hatte er sich eine schlimme Erkältung geholt und war fiebrig. Meine Freude über die beste Note war schnell vergessen. Mein Bruder faselte dauernd vor sich hin. „Ich habe Angst! Gestern hatte mein Schulkamerad keine Hausaufgaben gemacht. Der Lehrer hat vier Bleistifte zwischen seine Finger gesteckt und als Strafe die Hand zusammengepresst. Das hat ihm sehr wehgetan.“ Würde man es selbst ausprobieren, wüsste man, dass das einer Art Folter glich, bei der die Fingerknochen brechen konnten. Mein Bruder musste fürchterliche Angst gehabt haben, dass ihm das Gleiche bevorstand. Laut rief er: „Wo ist er jetzt?“ Er war völlig wirr. Ich nahm seine Hand und sah, dass seine Stirn glühte. Er wimmerte: „Der Lehrer … Hausaufgaben … Katzen … Kuchen …“ – alles wild durcheinander.
Meine Mutter eilte mit einer Schüssel Salzwasser und einem Tuch an sein Bett und wischte seine Füße ab. Dann tupfte sie den Schweiß von seinem Gesicht und legte das kalte Tuch auf seine Stirn, um das Fieber zu senken. Sie flüsterte: „Ach Nasser, warum hast du dich im Schnee versteckt? Und dann auch noch ohne warme Jacke!“
Ich schaute meine Mutter an und sagte: „Nasser hat keine warme Jacke.“
„Ja, ich weiß“, sagte sie, „aber ich habe kein Geld, euch allen warme Jacken zu kaufen. Euer Vater ist so geizig, es reicht gerade einmal für unser Essen. Wenn ich deine Tante sehe und ihre Familie mit unserer vergleiche, wird mir schwindelig. Ihr Mann verdient weniger Geld als euer Vater, aber die leben viel besser. Ich weiß nicht mehr, wie ich das eurem geisteskranken Vater beibringen soll.“
Heimlich ging meine Mutter zur Tante und lieh sich Geld aus, damit sie Nasser zum Arzt bringen konnte. Fast einen Monat lag mein Bruder krank in seinem Bett und meine Mutter weinte und pflegte ihn täglich mit allen verfügbaren Hausmitteln. Das Fieber sank nur langsam. Nasser hatte große Angst, weil er ja nun keine Hausaufgaben machen konnte. Er hatte Angst, dass der Lehrer, wenn er wieder gesund war, auch seine Hände als Strafe mit Bleistiften zusammenpressen würde.
Unser kleinster Bruder, Mansor, trat zu Nasser ans Bett und tröstete ihn. „Mach dir keine Sorgen wegen der Hausaufgaben. Ich helfe dir und mache sie für dich. Aber dafür gibst du mir dein Taschengeld. Nasser nickte und antwortete: „Gut, okay, du bekommst mein Taschengeld.“
Ich dachte an all das Lob und die beste Note 20, die ich für mein gebasteltes Haus bekommen hatte, aber ich schwieg. Ich wollte meinen Bruder damit nicht verletzen. Wenn er wieder gesund war, würde ich ihm nachmittags auch etwas helfen, damit er keine Angst zu haben brauchte, wenn er wieder in die Schule kam.
Jewad kam zu mir nach Hause und ich sprach mit ihm im Hof, damit meine Eltern und Geschwister nichts bemerkten. Er sagte: „Hussein, ich habe für dich eine Ferienarbeit gefunden.“ Es ist keine leichte Arbeit für uns Schüler, wir bekommen auch nur wenig Geld. Aber es ist besser, als wenn wir in den Ferien nutzlos auf der Straße herumlaufen.
Ich stimmte ihm zu und nickte.
„Was denkst du, Hussein? Ist doch besser, oder nicht?“
„Ja, ich bin einverstanden“, antwortete ich.
„Aber ich möchte dir noch etwas zu unserer Arbeit sagen“, fuhr Jewad fort.
„Ich bin ganz Ohr!“, entgegnete ich.
Dann erzählte er: „Bevor ich mit unserem Arbeitgeber gesprochen habe, war ich bei unseren Freunden, die du aus dem Kaffeehaus kennst. Sie sagten, wir müssten uns öfter treffen, um über das Ziel unserer Arbeit zu diskutieren. Unsere Arbeit ist eine ideologische Sache. Wir wollen den Arbeitern, ja der ganzen Bevölkerung helfen, dass sie vor Ausbeutung und Ungerechtigkeit besser geschützt sind. Wir sind für mehr Gerechtigkeit. Wir wollen mit den Menschen über die Ungerechtigkeit sprechen, ihnen zuhören, wo sie ihre Probleme haben. Jeder Einzelne wird uns sein Leid klagen und so werden wir uns ein besseres Bild von der gesamten Situation machen können. Wir wollen ihr Vertrauen für eine gute Sache gewinnen und mit den Menschen für ein gerechteres Leben kämpfen. Die Arbeiter haben nichts zu verlieren. Außer ihrem Leid, das von der Ausnutzung ihrer Arbeitskraft bewirkt wird. Von dem Lohn, den sie bekommen, kann kaum eine Familie ein würdiges Leben führen. Der krasse Unterschied ist bei dem anderen Teil der Bevölkerung zu sehen. Ich meine damit all die Beamten, die Geistlichen, das Ministerium, die nicht mit ihren Händen arbeiten, aber im Wohlstand leben, indem sie den armen Teil der Bevölkerung ausnehmen. Dieser Ungerechtigkeit wollen wir uns zusammen mit den Arbeitern widersetzen. Das sehen wir als unsere höchste Aufgabe. Aber lassen wir zunächst dieses Thema. Sag mir lieber, wie es dir geht und was es Neues bei dir gibt. Wie hat dir letzte Woche die Diskussion im Kaffeehaus gefallen?“
Ich überlegte einen Moment und antwortete: „Es geht mir gut.“ Ich sagte nichts über mein Haus und die beste Note 20, weil ich dachte, er würde das vielleicht als lächerlich empfinden. Vielleicht dachte er über mich, ich sei ein kleiner Junge, der sich über solche banalen Dinge freute. Jewad war schließlich älter als ich und erwachsener. Stattdessen sagte ich: „Weißt du, Jewad, ich war begeistert von unserer Diskussion im Kaffeehaus. Das war ganz anders als das, was wir in der Schule lernen. Ich muss noch viel darüber nachdenken und vieles lesen, damit ich begreifen kann, wie diese Reform aussehen könnte. Ich denke dauernd an die Worte von Kak Shwane, der im Kaffeehaus zwei Seiten aufgezeigt hat, die positive und die negative. Also die Vor- und Nachteile.
„Ja klar“, sagte Jewad und lächelte mich an. „Natürlich erwartet niemand, dass du alles gleich verstehst. Wir werden noch sehr viel darüber sprechen und diskutieren. Hab keine Angst. Hast du gehört, dass Kak Kawe einen Artikel über die Weiße Revolution geschrieben hat, was sogar der Schah belobigt hat?“
Schnell antwortete ich: „Nein, ich habe das nicht gehört oder gelesen.“
„Es gibt darüber unterschiedliche Meinungen in unserer Stadt“, erklärte Jewad. „Die einen sagen, es sei schlecht, man dürfe sich nicht in die Politik und in Reformen des Schahs einmischen, und es sei nicht gut, für einen solchen Artikel vom Schah gelobt zu werden. Aber das ist jetzt alles zu viel, wir werden bald näher darauf eingehen. Ich bin spät dran und muss los. Kommst du übermorgen ins Kaffeehaus?“
„Ja,