Eines Tages hol’ ich sie mir!. Heidemarie Pläschke

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Eines Tages hol’ ich sie mir! - Heidemarie Pläschke

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zu Papier. Gegen 18 Uhr klopft es wieder und Laras Mutter sagt: »Nun wird es aber Zeit für das Abendessen. »Erst einmal allesamt bitte Hände waschen.«

      Gesagt – getan. Dann nehmen sie wieder im Esszimmer Platz und laben sich bei selbst gemachten Kartoffelsalat und heißen Würstchen.

      Danach regt Lara an, doch etwas zu tanzen und fragt: »Könnt ihr twisten?«.

      Lara hat eine Schallplatte mit entsprechender Musik: »Let’s twist again …« von Chubby Checker. Nicht alle sind darin geübt, aber Lara macht es ihnen vor. Dann versucht es eine nach der anderen und siehe da, es geht und macht mächtig Spaß. Die Mädels werden immer besser, drehen ihre Knie und ziehen die Beine wieder an …, twisten eben … Dabei wird der Text wieder und immer wieder mitgesungen.

      Irgendwann ist Schluss mit Feiern. Einige Mädels lassen sich abholen, andere bringt Laras Mutter nach Hause. Artig wird sich bedankt für »Speis’ und Trank« sowie für die herrlichen Stunden.

      Zwar haben Stines Eltern ein kleines Haus gemietet, in dem es zwei Kinderzimmer gibt, aber trotzdem muss Stine sich mit ihrem fast zwei Jahre jüngeren Bruder ein winziges Zimmer teilen. Es ist so klein, dass beide Betten an den Fußenden zusammenstoßen. Jeder hat nur den Platz, der neben seinem Bett zur Verfügung steht. Das sind nicht mehr als zwei Quadratmeter. Stine hat mit den Jahren die Puppenstube und den Kaufmannsladen gegen einen kleinen Tisch mit zwei Korbsessel ausgetauscht, die in der Wohnung ihrer Eltern übrig wurden. An der Wand neben dem Fenster hängt ein kleines Regal, welches ihre Mutter aus dickem Draht und zwei kleinen Brettern gebastelt hat. Darauf finden die wenigen Bücher Platz, die Stine immer wieder liest. Ihr Bett ist ein platzsparendes Klappbett. Somit entsteht wenigstens tagsüber etwas mehr Bewegungsfreiheit. Das alte Metallbett ihres Bruders nimmt ein Viertel der Fläche der gesamten kleinen Dachmansarde ein. An der gegenüberliegenden Wand gibt es eine kleine Kommode, die unten zwei Türen hat und darüber zwei kleine Glasscheiben zum Aufschieben sowie zwei kleine Schubladen. Dieses Möbelstück stand vorher im Wohnzimmer ihrer Eltern und hat einen ideellen Wert. Wie oft hat Stines Mutter erzählt, dass sie damals dieses kleine Schränkchen von einem Tischler in Travemünde hat fertigen lassen und es mit Wurst und Speck nach und nach abgezahlt wurde. So ist auch Stine in gewisser Weise stolz auf diese kleine Kommode, welche sie zusammen mit ihrem Bruder benutzen darf.

      Auch für den großen Teddy und einige Spielsachen ihres Bruders ist noch Platz.

      Das Zimmer daneben, quasi das 2. Kinderzimmer, haben Stines Eltern aus Kostengründen an den jüngeren Bruder ihres Vaters untervermietet. Da gibt es sogar einen kleinen Ofen, der zum Glück in der Ecke zu ihrem Kinderzimmer steht und somit indirekt wenigstens etwas Wärme abgibt. Trotzdem bleibt es ein kalter Raum. Im Winter kann nicht aus dem Fenster geschaut werden, denn Eiskristalle versperren den Blick. Manchmal pustet Stine solange an der Scheibe bis sich ein kleines Loch zeigt und dort eine Eisblume durch ihren Atem schmilzt und einen Mini-Blick nach draußen ermöglicht. Auf dem nicht ausgebauten Teil des Bodens steht ein großer Kleiderschrank, der ausreichend Platz bietet für die Garderobe von Stine, ihren Bruder und Onkel Fritz. Isoliert ist nichts und die Dachpfannen sichtbar.

      Natürlich hat es nicht nur Nachteile, dass der Onkel nebenan wohnt. Außer, dass er durch seinen »Kanonenofen« für etwas Wärme sorgt, beschenkt er Stine und ihren Bruder immer reichlich zu Geburtstagen und zu Weihnachten. So sind u. a. Märchenbücher der Gebrüder Grimm und Andersen ins Haus gekommen. Stines Eltern bekamen von ihm Kaffeebestecke in Silber mit 90er Auflage.

      Onkel Fritz arbeitet auf dem Golfplatz in Travemünde und wollte, dass auch in seiner Familie etwas Luxus einzieht. Abends sitzt er mit am Tisch, wenn es warmes Essen gibt. In der »feinen Gesellschaft« in Travemünde hat sich Onkel Fritz viele Benimmregeln abgeschaut, die er während des Essens Stine und ihrem Bruder lehrt.

      In seinem Zimmer gibt es ein Regal, das war so voll mit Reader's Digest Büchern, dass sich die Bretter biegen, was Stine imponiert. Onkel Fritz ist sehr auf Bildung bedacht. Er sich freut, dass auch Stine Interesse an seinen Büchern bekundet und erlaubt es ihr, diese zu lesen.

      Nachdem Onkel Fritz schon mindestens ein Jahr lang eine Freundin hat, die er heiraten will, kommt der Tag, an dem er auszieht. Besonders freut sich Stine, dass sie nun ein eigenes Zimmer kriegen soll; und dann noch das mit dem Ofen. Kommode, Tisch und Sessel samt Klappbett ziehen nun um in das Zimmer, das durch den Auszug von Onkel Fritz frei geworden ist. Da Stine dringend einen neuen Schreibtisch benötigt, bekommt sie einen ganz neumodischen, der sich durch das Anheben der mittleren Platte in einen Frisiertisch mit Spiegel verwandeln lässt.

      Das Zimmer ist einfach ausgestattet, aber hübsch hergerichtet.

      Nun darf Stine eine Party feiern. Alle Klassenkameradinnen und ihre Cousine Helma, die im Ort wohnt, sind eingeladen.

       Stine ist mächtig stolz in ihrem neuen Zimmer mit dem ganz besonderen Schreibtisch

      Stine hat ein neues kornblumenblaues Kleid bekommen, das einen weißen Webpelzkragen hat und dadurch vornehm aussieht. Sie trägt schwarze Pumps und kommt sich richtig damenhaft vor. Sowieso fühlen sich gerade an diesem Tag alle Mädchen trotz ihrer 15 Jahre schon richtig »groß«. Helma zählt allerdings schon 17 Lenze.

      Zu Trinken gibt es zur Feier des Tages, außer des sonst üblichen selbsthergestellten Safts, auch Brause und Cola. Oh, und lange Strohhalme, solche ganz modischen mit Knick, durfte Stine sogar einkaufen. Es gibt belegte Brote und allerlei Knabbereien. Stine hat sogar einen Plattenspieler und zwei kleine Schallplatten (Singles), die nun immer und immer wieder abgespielt werden.

      So erklingt: »Abends in der Mondscheinallee wird so viel geküsst, weil …« von Connie Francis.

      Dann noch dieses: »Peter und Lou, die so alt sind wie ich gehen träumend verliebt …« von Francoise Hardy.

      Stine hat diese beiden Platten bestimmt schon hundert Mal gehört und kann die Texte mitsingen. Im Nu sind alle angesteckt und singen was das Zeug hält. Dazu tanzen die Mädels und freuen sich über diesen schönen Tag.

      Stine genießt ihr neues Zimmer in vollen Zügen und freut sich jeden Tag aufs Neue, dass sie nun ein so schickes Zimmer hat.

      Wenige Monate später haben beide Mädels Konfirmation.

       Stine ist konfirmiert

      Auch Stines Tante, eine Schwester ihres Vaters, und deren Sohn, Stines Cousin, sind eingeladen. Schon im Sommer zuvor ist dieser mit seinem Freund zu Besuch gewesen und hat sich offensichtlich in Stines Mutter verliebt, die mit Stines Vater nicht glücklich ist. Auch Stine leidet schon jahrelang sehr unter der Disharmonie zwischen ihren Eltern. Sie selber sagte ihrer Mutter schon Monate vorher, dass sie den Vater doch verlassen sollte, weil es hier nicht auszuhalten ist. Stine kann schlecht einschlafen wegen des Kraches zwischen ihren Eltern. Trost findet sie in einem winzigen Teddybären. Durch Kratzen an der Bettdecke verschafft sie sich monotone Geräusche, auf die sie sich zu konzentrieren versucht, um überhaupt in den Schlaf zu kommen.

      Was Stine an diesem Tag noch nicht ahnt ist, dass es die letzte Feier mit der Familie ist.

      Sie bekommt herrliche Azaleen geschenkt, die sie liebevoll in ihrem Zimmer platziert. Sie stehen noch in voller Blüte als Stines Mutter eines Morgens verkündet, dass sie ausziehen will.

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