Kalte Zukunft. Benjamin Blizz
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Auf dem Rücksitz lag ein dünner Basthut, den er sich beim Aussteigen lässig auf den Kopf warf und mit einer gekonnten Handbewegung zurechtrückte. Eine Signorina in einem feuerroten Sommerkleid bemerkte ihn und winkte ihm flirtend zu. Er vollführte eine charmante Verbeugung, ging aber nicht weiter auf das Spiel ein.
Sein Vorname passte zu ihm wie die Faust aufs Auge, denn er besaß nicht unerhebliche Ähnlichkeit mit dem charmanten Verführer vergangener Tage. Er war ein Casanova, die Frauen liebten ihn, was nicht nur auf sein gespielt zuvorkommendes Verhalten zurückzuführen war. Vermutlich lag es an seiner sonnengebräunten reinen Haut, seinen vollen schwarzen Haaren und oder dem muskulösen Körperbau. Eine flüchtige Bekanntschaft hatte ihm im Liebeswahn zugeflüstert, dass seine Augen denen eines wilden Stieres und einer zahmen Katze zugleich ähnelten. Er hatte sie nie wieder gesehen.
Obschon er sich vorgenommen hatte, es bedachtsam anzugehen, übermannte ihn nun doch die Aufregung, nachdem er die Hälfte des Piers hinter sich gelassen hatte. Wer mochte der ominöse Auftraggeber sein? In den Kreisen, in denen er für gewöhnlich verkehrte, war der Name noch nie gefallen. Wahrscheinlich würde er sich ohnehin nur mit einem Mittelsmann treffen. Die wenigsten Auftraggeber erschienen beim ersten Mal persönlich. Wenn sie es doch taten, dann sagte das etwas über sie aus, nämlich, dass sie entweder leichtsinnig und von sich selbst eingenommen waren, oder dass sie keine Konsequenzen scheuten, was Giacomo stets misstrauisch werden ließ.
Um nicht nachlässig zu werden, konzentrierte er sich wieder auf seine Umgebung.
Die Boote schaukelten geräuschvoll auf und ab und die Möwen zogen tief ihre Kreise. Es würde Regen geben und sich abkühlen, denn der Wind hatte aufgefrischt und zerrte nun energisch an seiner Kleidung. Fast hätte es ihm den Hut vom Kopf geweht.
Ein alter Seemann vertäute brummend seinen Kahn, griff nach der Whiskyflasche, die neben ihm auf dem Boden stand, und nahm einen tiefen Schluck. Leicht torkelnd wankte er an Giacomo vorbei in Richtung Hafenmeister. Hoffentlich lichten ihn ein paar Touristen ab, dachte Giacomo schadenfroh.
Am Ende des Piers saß ein Mann mittleren Alters auf einer steinernen Bank. Er trug Anzug und Krawatte, weswegen Giacomo nicht daran zweifelte, dass es sich bei ihm um seine Kontaktperson handelte. Niemand sonst hätte bei diesem Wetter Schlips und Kragen getragen. Auffälliger ging es kaum, aber Giacomo ermahnte sich, sein Gegenüber trotzdem nicht zu unterschätzen.
Schweigend setzte er sich neben ihn, und musterte die ungewöhnlich helle Haut des Fremden. Wie abgemacht lehnte eine Angelrute an der Bank.
»Invan si pesca se l’amo non ha l’esca«, sagte Giacomo das vereinbarte Codewort auf, was so viel bedeutete wie: Man fischt umsonst, wenn der Angelhaken keinen Köder hat. Es war ein altes Sprichwort und deswegen unverfänglich.
»Quanto è vero«, antwortete der Fremde, wonach beide für einen Moment den Fischerbooten hinterher schauten, ehe sie sich einander zuwandten. Aus den Augenwinkeln bemerkte Giacomo einen weiteren Anzugträger, der nicht weit entfernt auf einem der Boote stand. Sie wurden beobachtet. Giacomo deutete mit einer leichten Kopfbewegung in die Richtung, und der Fremde nickte.
»Alles in Ordnung. Nicht hinter jeder Ecke lauert der Feind, Signore.«
Ungeniert winkten sich die beiden Anzugträger zu.
Giacomo ging nicht weiter darauf ein. »Sie haben einen Auftrag für mich?«
»Nana, immer mit der Ruhe, Signor Salvadore!« Ein aufgesetztes Lächeln entblößte makellose Zähne von einem Weiß, das an poliertes Elfenbein erinnerte. »Ich werde Ihnen keine Mappe mit rot eingerahmten Photographien überreichen, und dann war’s das.« Der Mittelsmann schien äußerst belustigt. »Wenn Sie für uns arbeiten wollen, werden Sie Ihren eifrigen Abzugsfinger für eine Weile bandagieren müssen, fürchte ich.«
In diesem Augenblick begriff Giacomo, dass er es tatsächlich ganz nach oben geschafft hatte. Der Mann, mit dem er verhandelte, war nicht irgendein Lakai, sondern eine einflussreiche Persönlichkeit. Wie bedeutsam diejenigen sein mochten, die ihn geschickt hatten, konnte er nur erahnen.
Von nun an durfte er sich jedenfalls keine Fehler mehr erlauben, ansonsten würde man ihn am nächsten Tag aufgedunsen aus dem Hafenbecken fischen. Normalerweise wähnte er sich gegenüber seinen Auftraggebern im Vorteil, diese Selbstsicherheit war ihm jedoch mit wenigen Sätzen genommen worden. Der Fremde hatte Giacomo auf subtile Art deutlich gemacht, dass er nicht nur unbedeutend, sondern auch entbehrlich war. Das hatte er nicht erwartet, er war es gewohnt, gebeten zu werden, wenn jemand seine Dienste in Anspruch nehmen wollte, er war nämlich kein Killer von der Sorte, die sich für keinen Auftrag zu schade waren.
»Signor Salvadore, man sagte mir, Ihre Erfolgsquote läge bei einhundert Prozent. Kann ich mich darauf verlassen, dass dies zutreffend ist? Sie müssen wissen, ich persönlich habe Sie vorgeschlagen; es hängt also viel davon ab, ob mein Vertrauen in Sie gerechtfertigt war.«
»Wenn ich mir Misserfolge oder Ungenauigkeiten erlauben würde, dann würde ich jetzt nicht hier sitzen. Ich kann Ihnen versichern, meine Motivation ist das Geld, keine Religion oder pseudo-esoterische Scheiße. Ich hoffe, dies beantwortet Ihre Frage klar und deutlich.«
Giacomo lehnte sich zurück. Alles was er gesagt hatte, entsprach der Wahrheit. Er hatte nichts zu befürchten.
»Genau das wollte ich hören.« Der Fremde taxierte ihn mit seinen strahlend blauen Augen. »Wenn Sie dabei sein wollen, brauche ich jetzt eine verbindliche Zusage. Danach gibt es kein Zurück mehr. Bedingungslose Loyalität setzen wir voraus. Wenden Sie sich gegen uns oder gefährden Sie in irgendeiner Weise die Operation, werden Sie eliminiert. Schließen Sie den Auftrag erfolgreich ab, erhalten Sie das Geld. Ein Vorschuss ist verhandelbar.«
»Wie viel?«, fragte Giacomo kühl. Stimmte die Summe, würde er ohne zu zögern einschlagen, denn er zweifelte nicht daran, dass eine Ablehnung seinen sofortigen Tod zur Folge haben würde. Mitwisser waren in diesem Metier unerwünscht, und Fehler wurden nicht toleriert. Man konnte sich bis zu einem gewissen Grad absichern, aber letztendlich stand man alleine da – gegen ein ganzes Netz von Auftragskillern.
Erfreulicherweise gab es selbst unter den brutalsten Auftragsmördern eine Art Ehrenkodex: Deal blieb Deal! Die Ehre spielte in der organisierten Kriminalität eine große Rolle. Giacomo musste unwillkürlich an Francis Ford Coppolas Mafiastreifen ›Der Pate‹ denken: Wie viel Wahrheit doch in dem alten Film steckte!
»Zehn Millionen, drei als Vorschuss. Jedes Teammitglied erhält dieselbe Summe.«
»Ich arbeite aus Prinzip nicht mit anderen zusammen.«
»Ihre Prinzipien gehen mir am Arsch vorbei, Mann.« Das künstliche Lächeln war einer steinernen Maske gewichen. »Die Mission ist für vier Personen ausgelegt. Finden Sie sich damit ab, oder gehen Sie. Ihre Antwort?«
Giacomo ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Das gehörte zum Spiel. Er bereute nur, die Zigarettenschachtel weggeworfen zu haben. »Einverstanden.«
Das breite Lächeln kehrte zurück. »Ich wusste, dass Sie die richtige Entscheidung treffen würden. Sie sind engagiert, Señor Salvadore. Wenn Sie mir bitte folgen würden.«
Leichtfüßig sprang der Fremde auf das Boot. Dem Stewart gab er ein Handzeichen, und mit dröhnendem Motor verließen sie das Hafenbecken und steuerten hinaus aufs offene Meer.
***
Das kleine Motorboot verfügte zwar über eine Kajüte,