Zwei Freunde. Liselotte Welskopf-Henrich

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Zwei Freunde - Liselotte Welskopf-Henrich

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(Mit einer Gebärde)

       ich darf nicht sagen, wie – zu schließen.«

       Faust: »Pfui über dich!«

      Der junge Faust auf der Roßhaarmatratze fühlte seinen Zustand erkannt und war, wie sein größeres Symbol, verärgert. Er feuerte das Buch auf den chinesischen Teppich.

      Als er des Morgens übernächtig erwachte, haßte er das Geschöpf des Mephistopheles, das ihn in seinem Traum verführt hatte, und er suchte zu vergessen.

      Ein Umweg führte ihn um den Park herum, den er auf einmal scheute, und seine Seele griff nach dem Gleichmut der Sandsteinmauern mit ihren Simsen und Friesen, um sich daran zu halten. Der Vogel Greif, seine Flügel und Löwenklauen, die in Stein über Amtsfenstern gebildet waren, wollten ihn zum erstenmal sonderbar berühren, aber er zog sich davor zurück und eilte die nüchterne Treppe von der Ottostraße her hinauf zu den schlecht beleuchteten, grau belegten Korridoren. In seinem Zimmer stand ein neuer Strauß, kindisch in seinem bunten Aussehen und seinem Vorhandensein überhaupt. Die Hand wollte ihn zur Seite rücken, da kippte die Vase, Wasser floß über den Schreibtisch und machte diese Sache noch lächerlicher.

      Wichmann warf die Blümchen in den Papierkorb und verbarg die Vase im Waschtisch; er würde sie heute Fräulein Sauberzweig mit einer unmißverständlichen Ablehnung weiterer derartiger Liebesdienste zurückgeben. Das Handtuch wischte den Schreibtisch trocken, auf gehäufte Schriftstücke waren Tropfen gefallen. Blumen gehörten nicht in den Dienst.

      Nein. Übrigens wird die Aufwartefrau sie heute abend sicher aus dem Korb holen und ins Wasser stellen.

      Wichmann vergrub sich in die Bezirksreform, nachdem er die laufende Arbeit mit Hast erledigt hatte. Er mußte endlich den Gedanken herbeizwingen, der diese Reform weiterbrachte. Nur auf die Eingebung zu warten hatte keinen Zweck. Wie in einem chemischen Laboratorium mußte er Versuche anstellen, bis die Lösung endlich gelang … Wenn er nur einige Hilfskräfte gehabt hätte, denen er das rein Technische aufbürden könnte! Dennoch war es vielleicht ganz gut, selbst einige Blätter zu schneiden, Berechnungen anzustellen, Mitteilungen zu ordnen. Die einfache Hantierung lenkte ab, und das Sachliche drang von außen her in die Seele ein … vielleicht.

      Ob es angebracht war, sich einmal bei einer zuständigen Stelle über die Aussichten auf seine Ernennung zum Regierungsrat zu erkundigen?

      Zur Mittagsrunde gedachte er bei Fräulein Hüsch zu erforschen, was sie Näheres über den offiziellen Ball gehört habe.

      Er kam jedoch nicht dazu, und am nächsten Tage erschien ihm die Frage samt den Beweggründen, die ihn dazu verleiten wollten, nur töricht.

      Als die Woche wieder um war, ergab es sich jedoch, daß Oskar Wichmann zu dem Tee mit anschließendem Abendbrot bei Lotte Hüsch mit einem sehr gründlichen Muskelkater der ersten Reitstunde erschien. Dank seiner Willensanstrengung, die in ihrem Mißverhältnis zu dem gegebenen Anlaß komisch war, bewegte er Beine und Körper gerade vorwärts, brachte mit schmerzendem Kreuz eine Verbeugung zustande und nahm ohne auffallende Steifheit auf seinem Stuhl Platz.

      Man saß an einem großen runden Tisch. Auf der Glasplatte, die die helle Politur schützte, lagen die kleinen Deckchen, deren jedes für einen Gast einen Teller und die Tasse trug. Der Tee duftete gut; die Brötchen mit Schinken, Ei, Sardellen, Senf und Kaviar waren für Herrengeschmack richtig zubereitet; es begann ein Futtern, dessen Lebhaftigkeit auf unverbildete Triebe schließen ließ. Die Anwesenden waren zahlreich, die Themen Dienst und Frauen die einzig gemeinsamen. Lotte Hüsch sah mit ihrem kräftig braunen Haar und dem reinen Teint wirklich gut aus; das kornblumenblaue schmucklos getragene Seidenkleid stand ihrer Art und ihren Farben. Wichmann betrachtete sie wie ein hübsches Tier im Zoo. Zwischen ihm und ihr befand sich jetzt ein unsichtbarer Graben, den er gar nicht mehr zu überspringen wünschte. Ihre zierliche Hand mit dem funkelnden Ring schenkte Tee ein; der Regierungsrat aus dem Staatsministerium, dessen Schmiß heute besonders herausfordernd wirkte, half beim Herumgeben der Tassen.

      »Also ham Sie gehört? Am 20. Dezember im ›Hotel de l’Europe‹… geht man hin?«

      »Sind Gäste zugelassen?« fragte der mit dem Schmiß.

      »Von verbündeten Mächten … warum nicht? Kommen Sie?«

      »Wenn mein Terminkalender mich nicht schon anderweitig festlegt, mit dem größten Vergnügen, gnädiges Fräulein.«

      »Kommen Sie auch, Herr Korts?«

      »Nein.«

      »Warum denn nicht?«

      »Ich komme nicht.«

      »Tanzen Sie nicht?«

      »Nein.«

      »Warum denn nicht?«

      »Weil ich das für eine unnütze Art der Fortbewegung halte, sich umeinander im Kreis zu drehen. Ich gehe lieber gradeaus vorwärts, voran.«

      »Ach, Quatsch. Kommen Sie doch! Wenn Grevenhagen und Boschhofer kommen …!«

      »Wissen Sie das?«

      »Natürlich. Sie ham ja Karten genommen. Grevenhagen kommt mit seiner Frau.«

      Ein leichtes »Ah« lief um den Tisch. Wichmann fühlte sich merkwürdig fremd und abwesend.

      »Dann kann ich ja auch mit Ihnen kommen, Fräulein Hüsch«, rief Korts.

      »Herr Korts, ich füttre Sie hier nicht, damit Sie frech werden.«

      »Herr …« Die Narbe des Mitglieds aus dem Staatsministerium schwoll an. Der Ton klang hilfsbereit und händelsuchend.

      »Bitte die Tasse, Herr Regierungsrat Schildhauf … seien Sie vorsichtig … Sagen Sie, Herr Korts, also Sie kommen doch?«

      »Ich werd’ mir’s überlegen.«

      »Boschhofer möchte ich tanzen sehn, Kinder!«

      »Er fordert Sie auf, Fräulein Hüsch, das ischt einmal sicher.«

      »Wieso?«

      »Er ischt ein Junggeselle, und Ihr Onkel ischt Reichstagsabgeordneter. Er hat Sie ja auch auf die Beförderungslischte gesetzt.«

      »Boschhofer? Das muß doch Grevenhagen machen!«

      »Fragen Sie nur unser Auskunftsbüro …«

      »Herr Nathan? Was wissen Sie denn Neues?«

      »Daß Sie jetzt erst auf die Liste gekommen sind, Gnädigste. Grevenhagen hatte sich für unzuständig erklärt.«

      »Na, hören Sie, was soll denn das? Ich arbeite doch bei ihm!«

      Bei dem Wort ›arbeiten‹ brach die Mehrzahl der Herren in ein despektierliches Gelächter aus.

      »Was lachen Sie denn? Er muß mich doch zur Beförderung eingeben!«

      »Hat sich aber als unzuständig erklärt. Die Bücherei sei nicht seine Referatsangelegenheit, sondern eine allgemeine Abteilungssache.«

      »Na hören Sie! Da könnte ja der Pöschko

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