Zwei Freunde. Liselotte Welskopf-Henrich

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Zwei Freunde - Liselotte Welskopf-Henrich страница 30

Zwei Freunde - Liselotte Welskopf-Henrich

Скачать книгу

genußreiche Nächte kann sie sich doch nicht versprechen.«

      Wichmann wurde weiß wie die Wand. »Herr Borowski! Sie sind bei einer Dame zu Gast, und Sie sprechen von einer Dame. Ich erwarte nicht von Ihnen, daß Sie selbst eine Empfindung dafür haben … Sie sind nicht dementsprechend konstruiert, und für Ihre seelische Struktur können Sie letztlich nicht verantwortlich gemacht werden; keiner springt über seinen eigenen Schatten. Ich mache Sie aber jetzt darauf aufmerksam, daß Sie das angeschlagene Thema in meiner Gegenwart besser vermeiden. Sie könnten sich sonst Unannehmlichkeiten zuziehen.«

      »Danke verbindlichst für die Warnungstafel! Der Knappe verteidigt seinen Ritter und seine Dame! Fräulein Hüsch, unsere schöne Gastgeberin, brauchen Sie aber nicht zu verteidigen, Herr, sie kennt doch die Welt und ist nicht eben erst aus einem Mädchenpensionat entlassen. Ihre Bemerkung mit der seelischen Struktur ist aber für einen Moralprediger pikant. Sie heben damit alle sogenannte sittliche Verantwortlichkeit auf? Chacun à son goût?«

      »Nur daß der eine einen guten, der andere einen schlechten Geschmack hat. Das ist der Punkt, wo der Hase im Pfeffer liegt und das Niesen anfängt«, bemerkte Lotte Hüsch.

      »Über Geschmack läßt sich nicht streiten.«

      »Darum habe ich auch nur eine schlichte Feststellung getroffen«, sagte Wichmann noch einmal scharf. »Sie können sich danach richten oder nicht. Die etwaigen Folgen sind Ihnen jetzt bekannt.«

      »Sie scheinen mit dem Kontrollreferat gleich beginnen zu wollen. Wie die Alten sungen …! Na, lassen wir das. Aber Duellforderungen sind gesetzlich verboten.«

      Borowski hatte die drohende Miene des Regierungsrates Schildhauf bemerkt, der nur darauf wartete, Wichmann in einem entstehenden Ehrenhandel beizuspringen. Als Borowski jetzt klein beigab, widmete sich Schildhauf mit voller Aufmerksamkeit dem Pfropfen, den er einer Weinflasche aus dem Hals ziehen wollte.

      Der Wein war gut, Wichmann kam allmählich wieder zu sich. Als die Flaschen einander folgten, begriff er wenigstens, wofür er Fräulein Hüsch wieder einmal einen Überbrückungskredit von fünfzig Reichsmark gewährt hatte. Im Zurückzahlen zu gegebenen Terminen war das Mädchen ja pünktlich. Das mußt man ihr lassen.

       »Der Wein und die Frauen,

       die Lüfte, die lauen …

       du kannst nicht drauf bauen …«

       »Wie’n Kater miauen …

       am Dickende kauen …«

      setzte Borowski fort. »Fangen Sie nur nicht wieder an zu dichten, Nathan, hören Sie auf, eh’ Sie angefangen haben, sonst geh’ ich hoch!«

       »Die Frau’n und der Wein,

       schenk mir noch mal ein!«

      Borowski stöhnte. Fräulein Hüsch warf Schildhauf und Wichmann, die je eine Flasche verwalteten, den Blick zu, der dem Dichter das Gewünschte verschaffte.

       »Oh … oh … danke sehr …

       ohne Gegenwehr …

       trink ich mehr und mehr …«

      »Es ist genug, mein Herr!« Borowski lachte. »Ex!«

      Man tat ihm Bescheid.

      »Die Frauen und die Trauben haben doch eine gewisse Ähnlichkeit, zum Beispiel …«

      »Die Frauen und der Wein, meinen Sie, Herr Casparius?«

      »Nei, ebe net. Die Frauen sind die Trauben. Bei den Frauen und der Philosophie müsse Sie immer bei Adam und Eva anfange, Herr Schildhauf.«

      »Eva, Eva, jawohl!«

      »Der Adam ischt auch nicht zu verachte, mein Herr. Ohne den Adam wär’ aus einer Traube niemals ein Wein geworden, verstehen Sie? Das ischt unser Verdienscht, und desweg muß man bei den Traube anfange. Die sind, wie der liebe Gott sie hat wachse lasse, sauer oder süß, weich oder hart … Und da kommen dann wir und fangen an zu keltern. Bei den einen, da wird gleich ein goldgelber Saft draus, der in unserm Glas schillert, aber bei den andern kann sich ein Elefant die Kern in die Füß’ trete, eh’ daß die gekeltert sind, und mer muß allweil noch ein bißle Zucker zusetze.«

      »Das ist hierzulande leider überhaupt sehr beliebt.«

      »Ich weiß, ich weiß, auch da, wo er nicht hingehört. So eine kleine Fälschung soll beim weiblichen Geschlecht auch vorkommen … man denkt, es isch Natur …«

       »… und stößt auf die Kultur,

       die Puderquaste fuhr …«

      »Ein Glück, daß Ihnen die Reime ausgehen, Herr Nathan! Nur die Puderquaste macht’s nämlich auch nicht! Da schauen Sie sich die Lundheimer an – Ihre Laura Lundheimer …« Fräulein Hüsch biß in ein Lachsbrötchen. Sie aß wenig. Die schlanke Linie erzwang Lebensregeln.

      »Wieso ›meine‹ Lundheimer?«

      »Das kann sich doch jeder denken … bei den Nachrichten, die Sie immer von dort beziehen?«

      Der Angeredete lachte breit. »Ich mache mächtigen Vorgesetzten keine Konkurrenz. Das verstößt völlig gegen meine Auffassungen.«

      »Von der Seite her wäre Ihre Tugend allenfalls verständlich, obwohl ich nicht dran glaube.«

      »Für was für einen Don Juan halten Sie mich denn, Gnädigste?«

      »Der Leporello hat auch gern poussiert. Vom Poussieren allein wird einer noch kein Don Juan, wissen Sie! Sonst hätten wir mehr von der Sorte.«

      »Aha! Da kommen Ihre weiblichen Ideale zutage.«

      »Klar! Ich mach’ noch Ansprüche.«

      Das Gespräch ging in Witzeleien über. Die Weinflaschen wurden leer. ›Cognac‹ erschien auf der runden Tafel.

      »Donnerwetter! Sie strengen sich ja an für ihre Amtskollegen! Auf das Wohl unserer Gastgeberin!«

      Wichmann stieß mit an und trank das letzte Glas aus. Er war noch vollkommen nüchtern und saß jetzt wie ein angenehm unterhaltener Zuschauer im Theater. Mit seinem eigentlichen Leben hatte alles, was an der Tafel um ihn vorging, nichts mehr zu tun. Als man bei der Flasche echten ›Cognac‹ die Plätze wechselte, setzte sich Schildhauf zu Wichmann und erzählte Anekdoten aus der Corpszeit. Sie waren nicht alle neu, aber der Erzähler war so ehrlich begeistert davon, daß Wichmann bei seinem dröhnenden Lachen aus Freundlichkeit mittat. Korts hatte sich zu den beiden gefunden. Er schien guter Stimmung.

      Auf dem Heimweg, den Schildhauf, Wichmann, Korts und Casparius als erste antraten, gelang es Schildhauf, Wichmann allein zu sprechen.

      »Wollen Sie nicht in unsern Klub eintreten? Grevenhagen als Pate … von Linck ist sicher auch bereit? Sie lernen dort Menschen kennen. Was wir heute gesehen haben, waren doch nichts als Tierchen. Schade um die Hüsch. Sie ist ein Vollweib. Wie ist es denn mit Korts? Er kommt von der IG-Farben und soll Karriere vor sich haben? Wenn Sie

Скачать книгу