Das Tour-Tagebuch des frommen Chaoten. Adrian Plass

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Das Tour-Tagebuch des frommen Chaoten - Adrian Plass

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als ob sie sich ganz allmählich bewusst würde, dass diese Quelle in ihr selbst war. Jede Bewegung, langsam oder schnell, war so konzentriert und zielgerichtet, dass mir der Atem wegblieb und ich einen fast schmerzhaften Drang verspürte, Anteil zu haben an dem, was mit der Tänzerin geschah. Es war eine Geschichte. Es war voller Intelligenz, voller Kraft und voller Gefühl.

      Keine Ahnung, was in den Köpfen der alten Leute vor sich ging, die ringsum in dem Raum saßen, aber es bestand kein Zweifel, dass die meisten von ihnen zumindest fasziniert und gefesselt waren von dem, was sie sahen und hörten. Auf dem Stuhl neben mir hatte Elizabeth während des ganzen Tanzes reglos gesessen, doch sobald er endete, drehte sie sich inmitten des dünnen Applauses zu mir um und bedeutete mir mit dem Finger, mein Ohr dicht vor ihren Mund zu halten.

      »Mein Papi ist Doktor«, sagte sie, »und er kommt bald nach Hause.«

      Angels bot noch drei weitere Tänze dar, jeder davon ebenso intensiv und faszinierend wie der erste. Ich nehme an, da sie ja wusste, dass wir kommen würden, hatte sie ihre besten Tänze ausgesucht, aber das hätte jeder andere genauso gemacht, ich auch. Als wir uns hinterher an dem Tee und dem Kuchen ergötzten, der durch die Durchreiche serviert wurde, sagten wir ihr, wie großartig wir sie gefunden hatten. Sie wurde wieder rot und machte ein sehr erfreutes Gesicht.

      Nachdem wir allen zum Abschied gewunken hatten, kehrten wir durch den Korridor zurück zur Eingangstür, immer noch begleitet von unserer neuen Freundin und ihrem Teddybären. Als Mrs. Banyon uns die Tür aufhielt und dabei Elizabeth behutsam daran hinderte, mit uns hinauszugehen, schaute die alte Dame hinauf in Annes Gesicht und wiederholte, was sie bei unserer Ankunft zu uns gesagt hatte.

      »Mein Name ist Elizabeth. Ich warte auf meine Mami und meinen Papi. Sie kommen bald und holen mich ab.«

      Anne schaute in das müde alte Gesicht, kreuz und quer durchzogen von feinen Linien wie altes Porzellan, und auf den gebrechlichen Körper, der so leicht und substanzlos war, dass man kaum glauben konnte, dass er noch Leben enthielt.

      »Das wird schön, Elizabeth«, sagte sie, »und Sie haben ganz bestimmt recht. Sie werden sehr bald kommen und Sie abholen.«

      * * *

      Bin enorm erleichtert, dass Angels so eine großartige Tänzerin ist. Anne, Gerald und ich verbrachten den Nachmittag zum Teil damit, darüber zu sprechen, wie sehr ihre Darbietung unsere geplanten Abende bereichern würde.

      »Und noch etwas«, sagte Anne, »das eine oder andere von Zaks Bildern passt hervorragend zu den Tänzen. Ich sehe es schon vor mir! Ich kann es gar nicht erwarten.«

      »Ganz zu schweigen davon, dass Leonard völlig aus dem Häuschen sein wird«, sagte Gerald, »dass er seine Angebetete mitnehmen kann, statt sie zurückzulassen. Die beiden sind total verschossen ineinander, stimmt’s?«

      Fragte Anne, wieso sie so sicher gewesen war, dass wir keine Enttäuschung erleben würden.

      Sie sagte: »Weiß ich nicht genau, nur hatte ich das Gefühl, hinter dem ganzen bedeutungslosen Gerede einem erwachsenen Menschen zu begegnen, als ich Angels kennenlernte. Das Problem ist nur, dass irgendetwas in dem Teil von ihr, der sich mit der Welt auseinandersetzen muss, offenbar durch Dinge, die uns eigentlich nichts angehen, ein bisschen durcheinandergeraten ist. Man muss schon genau hinhören, um heraushören zu können, was für ein Mensch sie im Herzen ist. Als sie mit diesen ganzen Sprüchen anfing, was das Tanzen ihr bedeutet, habe ich gar nicht so sehr auf die Worte gehört, sondern beobachtet, was in ihren Augen vor sich ging.«

      Ich nickte. Sogar mir war so ein gewisses Leuchten in Angels’ Augen aufgefallen, als sie vom Tanzen sprach.

      »Ich denke«, fuhr Anne fort, »die Wahrheit ist, dass ich spüren konnte, wie ein echter Tanz in ihr mitschwang. Hört sich das sehr albern an?«

      »Überhaupt nicht. Aber ich wundere mich immer noch darüber, dass du gleich am ersten Abend etwas von der Tournee gesagt hast. Ehrlich gesagt, ich war ein bisschen sauer. Ich meine, wir hatten noch keine Gelegenheit gehabt, darüber zu reden, und es hätte dazu führen können, dass Leonard und Angels furchtbar verletzt und enttäuscht gewesen wären. War das nicht ein bisschen riskant?«

      »Ich habe gewusst, dass du sauer warst, Liebling, aber …«

      »Woher willst du gewusst haben, dass ich sauer war? Ich dachte, das hätte ich für mich behalten.«

      Anne und Gerald brachen in Gelächter aus.

      »Ach, Schatz, so etwas könntest du beim besten Willen nicht für dich behalten. Wenn du sauer bist, legst du immer den Kopf schief und presst deine Lippen zusammen und ziehst die Mundwinkel nach unten …«

      »Und du schnaufst durch die Nase«, fügte Gerald hinzu.

      »Das ist ja ein reizendes Bild, das ihr zwei da von mir malt. Wie ein Walross, das schlechte Laune hat. Aber wir kommen vom Thema ab. Ich hatte dich gefragt, Anne, wieso du es riskiert hast, Angels gegenüber die Tournee zu erwähnen, bevor wir sie hatten tanzen sehen?«

      »Na ja«, sagte Anne zögernd, »auf die Gefahr hin, dass sich das wieder ziemlich albern anhört, ich glaube, ich habe es getan, weil es Momente gibt – nicht so oft, aber hin und wieder –, wo man einfach mal einen Umriss in die Luft zeichnen muss, damit Gott ihn ausmalen und in ein richtiges Bild verwandeln kann. Das glaube ich wirklich. Aber du hast recht, es ist riskant, und falls sich herausstellt, dass ich mich geirrt habe, hättest du wirklich allen Grund zu deiner Walrossnummer.«

      »Ich frage mich«, sagte ich, »ob wir dieses Bild mit dem Walross vielleicht wieder vergessen könnten.«

      »Kein Problem, Paps«, sagte Gerald und grinste mich an, wie er es immer getan hat, schon seit er ein Dreikäsehoch war, »du brauchst nur nie wieder sauer zu sein.«

      Rief nach dem Tee bei Barry an, um zu fragen, ob es okay wäre, noch eine weitere Person mitzunehmen, und als Angels und Leonard heute Abend vorbeikamen, sagten Anne und ich ihr noch einmal, wie sehr uns ihr Tanz gefallen hatte, und fragten sie, ob sie nicht Lust hätte, mit uns auf die Tournee zu kommen und jeden Abend zwei oder drei Tänze zum Programm beizusteuern. Habe selten gesehen, wie Freude, Furcht und Begeisterung einander so im Kreis herum jagten, wie sie es in Angels’ Gesicht taten, als wir das sagten. Thynn konnte fast nur noch lallen vor Freude bei dem Gedanken, dass sein Schatz uns begleiten würde, aber er bekam, wen wundert’s, fast augenblicklich einen seiner crescendoartig anschwellenden Panikanfälle.

      »Das ist ja toll!«, sagte er. »Das hätte ich nie gedacht, dass wir auf der Tournee zusammen sein könnten! Moment! Wartet mal, was ist denn mit den Hotels und so? Die sind doch alle ausgebucht. Da sind bestimmt keine Zimmer mehr frei. Und im selben Zimmer schlafen können wir nicht, weil ich doch Christ bin, so ein Pech! Nun kann sie doch nicht mitkommen.

      Moment mal! Sie kann doch mein Zimmer haben und ich komme nicht mit. Nein, das hilft auch nichts; dann wären wir ja auf der Tournee nicht zusammen, und ich habe ihr doch nur mein Zimmer angeboten, damit sie mit auf die Tournee kann, damit wir auf der Tournee zusammen sind, und wenn ich nicht mitkomme, hat es ja keinen Sinn, auf mein Zimmer zu verzichten, weil wir ja nicht …«

      »Mein lieber Leonard«, unterbrach Anne, die sehr gut wusste, dass solche Tiraden bis in alle Ewigkeit weitergehen können oder zumindest so lange, bis Leonard platzt oder vor Erschöpfung in Ohnmacht fällt. »Es ist bestimmt gar kein Problem, ein zusätzliches Zimmer zu buchen, und wenn doch, finden wir garantiert eine Lösung. Schlimmstenfalls kann sich Gerald in unserem Zimmer ein Feldbett aufstellen lassen oder so. Stimmt doch, Gerald?«

      »Na

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