Alexa und das Zauberbuch. Astrid Seehaus

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Alexa und das Zauberbuch - Astrid Seehaus

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schaute und glücklich war, so wie sie?

      Sie stand auf und öffnete die Fensterflügel. Milde Sommerluft strömte ins Zimmer. Genießerisch schloss sie die Augen und streckte sich wie eine schläfrige Katze. Herrlich, dachte sie. Ich bin ja so verliebt, und Clemens bewundert mich. Mich! Nicht die doofe Cynthia. Denn ich bin die Wand schneller geklettert als er. Weil ich so gut bin. Sie riss die Augen wieder auf. Aber warum war sie auf einmal so gut?

      „Weil ich gezaubert habe“, murmelte es aus der gegenüberliegenden Tanne.

      Gisela schüttelte den Kopf. Die Tanne sprach mit ihr? Das muss eine Taube gewesen sein, die dort schlief. Aber seit wann konnten Tauben sprechen?

      „Können sie nicht. Außer man ist eine verzauberte Taube“, kam es aus dem Grün.

      „Wer ist da?“, hauchte Gisela und dann sah sie sie. Das Mädchen mit den komischen Haaren, das so seltsam redete. „Was machst du da?“

      Alexa blinzelte Gisela verschlafen an. „Wie meinst du?“

      „Warum hockst du im Baum? Wie bist du da überhaupt raufgekommen?“

      Schlagartig war Alexa hellwach. War das eine Fangfrage? „Ich bin natürlich geklettert!“, log sie. Sie hatte sich natürlich hinaufgezaubert, aber das durfte die Hexenjägerin nicht wissen.

      Gisela glotzte. „Du kletterst einen Baum hinauf und schleppst eine Mülltonne mit?“

      „Meine Geldbörse“, erklärte Alexa.

      „Eine Mülltonne?“, krächzte Gisela ungläubig. „Und warum schläfst du auf einem Baum? Hast du kein Zuhause?“

      Alexa zögerte. Sollte sie die Wahrheit sagen? Und wie sah diese Wahrheit aus? Dass sie nicht wusste, wo sie war? Dass sie ihr Dorf nicht wiederfand? Dass Meister Schrawak sie prüfte? Hilflos zuckte sie die Schultern. „Ich komme von weit her – von so weit her, dass ich nicht zurück kann.“

      Das klang in Giselas Ohren ein wenig bedrückt. Nein, nicht bedrückt, es klang vollkommen verrückt. Genau! Das war eine Verrückte da im Baum. Die war irre. Und Gisela musste jetzt schlafen. Sie träumte bestimmt. Alles war nur ein fieser Traum. Sie stand jetzt nicht am Fenster und sprach mit einem Mädchen, das eine Mülltonne mit sich schleppte. Möglicherweise war die Kletterei an der Wand auch nur ein Traum gewesen und … möglicherweise hatte Clemens sie gar nicht bewundert, sondern … sondern … Sie wandte sich vom Fenster ab.

      „Psssst!“, machte sie und legte ihren Zeigefinger an die Lippen. „Mein Bruder ist aufgewacht. Treff mich morgen Abend im Park! Mir wird schon etwas einfallen.“ Sie schloss rasch das Fenster und wunderte sich, warum sie diesem Mädchen helfen wollte. Sie musste ihren Verstand verloren haben.

      Als sie sich in ihre Decke kuschelte, lächelte sie. Was für ein seltsamer Traum, dachte sie. Seltsam. Ja, klar, auch spannend, aber vor allem sehr, sehr seltsam.

       Im Zauberland

      Alexa verbummelte den nächsten Tag in der Fußgängerzone. Die Zauberwagen, die ohne Pferde davonknatterten, faszinierten sie besonders. Sie versuchte herauszufinden, wie die Zauberei vor sich ging. Sie umschlich eines dieser verzauberten Exemplare und begutachtete, befingerte und beschnüffelte es von allen Seiten. Trotzdem wurde sie einfach nicht schlau daraus. Sie kniete sich hinter einen großen, brummenden Wagen nieder und steckte ihre Nase in das Rohr, aus dem es übelriechend qualmte. Vielleicht war dort das Geheimnis der pferdelosen Kutschen verborgen? Plötzlich tat es einen Knall, eine schwarze Rauchwolke puffte aus dem zitternden Rohr und der davonratternde Wagen ließ Alexa würgend und keuchend zurück.

      „Bä!“, spuckte sie aus. Sie wischte sich den Ruß von der Nase und murmelte: „Hölle und Verdammnis! Das ist schlimmer als der Gestank von Strobels Schweinen.“

      Sie seufzte, zu gerne hätte sie mehr über diese Zauberkraft herausgefunden. Ihre Blicke wanderten umher, bis sie an einem Mann hängen blieben, der zu einer Zauberkutsche ging, eine schwarze Stange an der vorderen Glasscheibe anhob, etwas darunter hervorzog, das wie zerknittertes Papier aussah, gegen ein Vorderrad trat, laut „Scheiße!“ brüllte, das Papier in seine Jackentasche schob, einstieg und davonbrauste.

      Alexa nickte zufrieden. So machten die Menschen das hier. Aha, gut zu wissen.

      Da es so viel Neues zu sehen gab, wusste sie nicht, wohin sie zuerst gucken sollte. Mit Interesse beobachtete sie ein Mädchen, das einen Stock gegen ein schwarzes Rad drückte, das mit einem anderen Rad durch Eisenstangen verbunden war, und staunte nicht schlecht, als das Mädchen auf diese sonderbare Eisenbrille kletterte und davonstrampelte. Völlig verblüfft war sie, als ein Junge mit weit ausgestreckten Armen auf einem Brett an ihr vorbeisauste und damit über eine Holzbank sprang, währenddessen einen Salto vorwärts über die Banklehne machte, wieder auf diesem Brett landete und auf ihm weiterraste. Und als dann noch etwas an ihr vorbeisauste, wobei jemand bewegungslos auf einem schmalen Brett stand und sich an einer Stange festhielt, war es ihr absolut klar: Das konnte nur Zauberei sein.

      „Tod und Teufel! Das ist rechte Zauberkunst“, murmelte Alexa. „Meldec Schrawak, du hast mich in ein wahrhaft verhextes Land geschickt.“

      Pferde sah Alexa nirgends, auch keine Kühe, Schafe, Schweine, Ziegen, Hühner, Enten oder Gänse. Es gab keine Esel oder Maultiere, die die Ware trugen. Eigentlich sah sie außer Tauben und angeleinten Hunden gar keine Tiere, was sie sehr wunderte.

      Die Frauen trugen Beinlinge wie die Männer daheim oder waren fast nackt an den Beinen. Ihre Röcke waren so kurz wie Alexas Leinenhemd. Keine trug lange Röcke so wie sie. War eine Steuer auf Röcke erhoben worden? Oder verbot die städtische Kleiderordnung lange Röcke? Alexa schüttelte den Kopf. Sie musterte die Männer. Diese trugen lange oder kurze Beinlinge. Keiner trug etwas auf dem Kopf, weder Mützen, Hüte noch Körbe. Einige schmückten sich mit schwarzen Gläsern auf der Nase und sahen aus wie Riesenbrummer. Sie sah keinen Brunnen, aus dem Wasser geschöpft wurde, und keine Waschsteine, auf denen die Wäsche gewaschen wurde, und als sie auf den Marktplatz kam, wunderte sie sich, dass niemand am Pranger stand. Wenn sie es recht betrachtete, fehlte der Pranger völlig. Sie drehte sich nach allen Seiten um. Niemand schien Notiz davon zu nehmen, dass es keinen Pranger gab. Alexa wusste sich darauf keinen Reim zu machen. Sie entschied, sich erst einmal neu einzukleiden.

      Die rollende Geldbörse vor sich herschiebend trödelte sie die Fußgängerzone entlang und musterte die Auslagen der Geschäfte. Tod und Teufel, dachte sie, als sie vor einem Schaufenster stand und fasziniert eine viereckige dünne Platte betrachtete, in der zwergenkleine Menschen ziellos herumliefen. Sie krauste die Stirn. Also, es gab in diesem Zauberland keinen Pranger, der auf dem Marktplatz stand, weil … weil … genau: Weil die Übeltäter in diese Platte gesperrt wurden. Aber wie? – Sie hatte keine Ahnung. Das war beängstigend.

      Sich nach allen Seiten umsehend schlenderte Alexa weiter und betrat ein Bekleidungsgeschäft.

      Staunend hielt sie inne. Uuuu, so viele Kleider! Es gab kurze Röcke und ganz kurze Hemdchen, Röcke mit Fransen und durchsichtige Hemdchen mit Schleifen, rote Röcke, grüne Hemdchen und blaue, geblümte Röcke, gepunktete und gestreifte Hemdchen, aber keinen einzigen langen, schwarzen Rock. Ungeduldig griff sie sich einen graublau gestreiften Rock und zog sich mit ihrer Geldtonne in eine Umkleidekabine zurück. Sie wisperte eine Verwandlungsformel. Aus graublau gestreift sollte schwarz werden. Doch statt eines langen, schwarzen Rocks quiekte plötzlich ein graublau gestreifter Hamster in ihrer Hand. Leise sprach sie die nächste Verwandlungsformel. Aus dem Hamster wurde ein graublau

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