Die Fahrt ins Nichts. Reinhold Eichacker

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Die Fahrt ins Nichts - Reinhold Eichacker

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An seiner Stelle saß eine fremde Gestalt. Eine indische Frau...

      »Bitte sprechen Sie weiter, Herr Professor!« sagte sie mit einer tiefen, vollklingenden Stimme. Ihre großen, glänzenden Augen wanderten ruhig über die Gesichter der Gäste, als bemerke sie nicht die Verblüffung, die sich auf ihnen abzeichnete. Es dauerte einige Zeit, bis Cachin sich wieder gefasst hatte. Sein Blick irrte unwillkürlich zu Dumascu hinunter. Doch dieser bemerkte ihn nicht. Er hing an den Augen der Frau, die mit ihrer Schönheit und rätselhaften Ausstrahlung die ganze Gesellschaft in ihrem Bann hielt.

      Der Belgier zwang sich energisch klar zu denken. Alles in diesem Zimmer, in diesem sonderbaren Haus schien dazu angetan, zu verblüffen, zu verwirren. Aber er wehrte sich dagegen.

      »Ich bin der Überzeugung«, führte er den unterbrochenen Bericht zu Ende-, »dass die Bedeutung dieses geheimnisvollen, neuen Elementes für unsere Erde die aller bekannten Stoffe weit übertrifft.«

      »Ich teile diese Überzeugung. Ich danke Ihnen.« kam es gelassen vom Kopf des Tisches. »Diese Überzeugung leitete auch meine weiteren Entschlüsse. Der Meteor und seine geheimnisvolle Materie muss unser alleiniges Eigentum werden. Bisher steht nur der zweitgrößte Block zu unserer Verfügung. Die Abteilung Chemie übernimmt die Erforschung. Die notwendigen Mittel stehen bereit. Jedes mögliche Experiment ist zu wagen. Menschenleben spielen keine Rolle, wie Sie sehr richtig bemerkten, Herr Professor.« Ein eiskalter, grausamer Blick, wie der eines Raubtiers, schoss zu dem Belgier hinüber.

      Er antwortete nur mit einer stummen Verbeugung, aber seine Lippen zitterten.

      Die Frau ihm gegenüber drehte den makellosen Kopf zur Seite, als spräche sie zu einem Unsichtbaren.

      »Aber diese Versuche werden erst beginnen, wenn ich es befehle. Die ersten Experimente sind dem Chemiker Werndt zu überlassen. Ich nehme an, dass sie ihm den Tod bringen werden. Ich habe vergeblich versucht, diesen Mann für uns zu gewinnen« - heißer Zorn lag plötzlich in ihren Zügen -, »er hat meinen Agenten abgewiesen. Infolgedessen wird er unfreiwillig für uns arbeiten. Paris - Ingenieurabteilung?«

      Dumascu erhob sich lässig.

      »Sie werden als Vertreter der internationalen Kommission bei dem technischen Aufbau des Laboratoriums mitwirken. Ihr Patent erhalten Sie heute. Sie werden sich ständig in nächster Nähe Walter Werndts halten, und über jedes Experiment sofort ausführlichen Bericht erstatten.«

      Der junge Bulgare errötete unter dem herrischen Ton dieses Befehls. Wie kam diese Frau dazu, über ihn, den sie zum ersten mal sah, den man unter allerlei seltsamen Vorwänden hierhergeholt hatte, zu gebieten wie über ein willenloses Werkzeug! Das Blut schoss ihm in die Schläfen.

      Unwillig erwiederte er: »Bevor ich diese Bitte erfülle, bitte ich zunächst um nähere Aufklärung. Ich kann derartige Aufträge nur annehmen, wenn mir die Bedingungen zusagen. «

      Wieder schien es als würde die Runde den Atem anhalten. Man sah ihn fassungslos an.

      »Sind Sie verrückt?!« zischte Cachin.

      Die großen Augen der Frau am Tischende flammten für einen Augenblick zornig auf. Dann legte sich ein feines Lächeln über ihre schön-geschwungenen Lippen.

      »Bergungsabteilung!« sagte sie langsam, als sei nichts geschehen. »Abteilung Fahndung und Erz halten dauernd selbständig Verbindung mit Abteilung Technik und geben Berichte weiter an Abteilung Chemie, Finanzen, Kultus und Zentrale. Abteilung Bergung.«

      Der Italiener beugte sich dienstbereit vor.

      »Jede Gelegenheit, weiterer Meteorstücke habhaft zu werden, ist auszunützen. Chemie!«

      Cachin hob seine Hand.

      »Sobald die Ergebnisse Walter Werndts zur Ausnutzung reif sind, oder Werndt den ersten Experirnenten zum Opfer gefallen sein sollte, erwarte ich Meldung. - Kultus! Wer bei der Mitwirkung versagt, verschwindet!«

      Die Köpfe der Anwesenden duckten sich eine Handbreit nieder. Jeder wollte einen Blickkontakt mit anderen oder der Herrin vermeiden. Dennoch konnte sich keiner von ihnen der gnadenlosen Konsequenz ihrer Worte entziehen.

      »Bestie!« zischte Cachin zwischen den Zähnen. Wieder schoss dem Pariser das Blut in die Schläfe, ob dieser grausamen Drohnung der Sprecherin. Sein ganzer Stolz bäumte sich auf gegen diese Behandlung auf. Er verstand diese Männer nicht, die sich willenlos beugten.

      »Ich bitte ums Wort!« stieß er nach drüben.

      Erst jetzt sah er, dass der Stuhl wieder leer war. Durch den Vorhang trat wieder der weiße Sekretär und überreichte jedem der Herren einen länglichen Brief. »Ich danke den Herren.«

      Hastig gingen die Gäste hinaus. Dumascu ging als letzter, dicht hinter Cachin.

      Als er das Zimmer verlassen wollte, hob der Hindu am Vorhang die Hand. »Die Herrin erwartet den Sahib!«

      Der Bulgare stutzte einen Augenblick. Sein Instinkt warnte ihn, aber dann gewann sein Stolz die Oberhand. Es sollte ihm eine Erleichterung sein, dieser Frau seine Meinung zu sagen. »Wo ist sie?« fragte er mit betonter Unhöflichkeit.

      Der Hindu ging ihm geschäftig voraus, und ließ ihn am Vorhang mit einer tiefen Verbeugung vorbei.

      Dumascu stand in einem verschwenderisch ausgestatteten, indischen Zimmer. Schillernde Seidenteppiche bedeckten jede Handbreit der Wände. Rund um den Fußboden, der in weichen Fellen versank, lagen Polster und Kissen. Gedämpftes Licht spielte auf den goldenen Beschlägen der Hocker und Tischchen.

      In der Mitte des Zimmers, auf einem breiten Tigerfell lag die indische Frau. Mit einer weichen Handbewegung lud sie den Gast ein, näherzutreten und sich auf ein Polster zu setzen. Ruhig und interessiert studierte sie sein Gesicht.

      »Sie sind heißblütig und mutig«, sagte sie träumerisch, mit ihrer vollen, tiefen Stimme. »Ich kann mutige Männer gebrauchen.«

      »Ich liebe es nicht, einer Unbekannten zu gehorchen!« sagte er kurz mit bewusster Schärfe. »Ich liebe es deshalb auch nicht, meinen Mut Ihnen gegenüber zu beweisen.«

      Sie lächelte leicht.

      »Sie werden Gelegenheit erhalten, ihn auch sonst zu beweisen. Rauchen Sie?«

      Sie reichte ihm eine Schale mit Zigaretten. In ihrer Frage lag etwas wie ein suggestiver Befehl.

      Obwohl der Ingenieur eigentlich ablehnen wollte, griff er doch nach den Papyros und setzte eine Zigarette in Brand. Ein leichter, süßlicher Geruch verbreitete sich in dem Zimmer.

      »Ich danke Ihnen, dass Sie, einer der hoffnungsvollsten und erfolgreichsten Techniker Frankreichs, meinem Ruf gefolgt sind«, setzte sie das Gespräch freundlich fort. Irgend etwas in ihrer Stimme zwang den Bulgaren, ganz gegen seine Gewohnheit, unhöflich zu bleiben.

      »Ich bin nicht Ihrem Ruf gefolgt, Madame, sondern meine Behörde hat mich nach Benares geschickt, um dort technische Arbeiten zu leiten.«

      Der süße Geruch der Zigarette legte sich wohltuend auf seine Sinne.

      »Benares? Die Stadt des heiligen Wassers?« wiederholte sie. Es war wie ein Singen. »Sie ist schön, diese Stadt, aber geheimnisvoll, Benares. Waranasi...«

      Ein eigenartiger Zauber ging von diesen Silben

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