Lust und Liebe dann kam das Leben. Peter Nimsch
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Читать онлайн книгу Lust und Liebe dann kam das Leben - Peter Nimsch страница 20
»Bist wohl Leipziger?«
»Ja, schon immer gewesen. Wie lange bist du denn schon hier? Kommst doch aus Bayern, wie ich so hören kann?«
»Ich bin meinem Mann beruflich nach Leipzig gefolgt. Ist so eine schöne, lebendige Stadt, mit so freundlichen und offenen Menschen, ich würde gern ewig hier bleiben.«
»Aber?«
»Aber? Ja, es gibt ein Aber! Der Mann, also mein Mann, mit dem ich hierher bin, leitet nicht nur die Großbaustelle für eure neue Unikirche auf dem Augustusplatz, sondern auch seit längerer Zeit seine Tippse zu mehr als nur zum Tippen an.« Ganz traurig schaute sie mich auf einmal an.
Jetzt hatte sogar ich mit einer Frau Müller Mitleid.
»Da sind wir ja richtige Seelenverwandte, du beim Neuanfang und ich knapp davor.« Frau Müller drückte auf einmal zärtlich meine Hand.
›Jetzt fängt sie auch noch mit diesem Esoterikkram an. Na ja Bayern …, Berge, Kühe, Kühe und nochmals Kühe und Bilderbuchwiesen, da muss man ja esoterisch werden.‹ Immer noch hielt Frau Müller zärtlich, sie hatte wohl vorhin mein verkrampftes Gesicht bemerkt, meine Hand fest.
›Bremsen, jetzt und sofort!‹, schrie es in meinem Kopf. Das kann echt gefährlich werden mit Frau Müller.
»Bin hundemüde«, versuchte ich meinen Abgang vorzubereiten. »Habe innerhalb von knapp drei Wochen aus einer Höhle, zusammen mit meinem Kumpel Fred, eine super kreative Vorzeigehöhle gezaubert.«
»Höhle, wieso Höhle?«
Und so erzählte ich Frau Müller, wie ich meine Höhle vorgefunden hatte und wie diese jetzt aussah.
»… und im großen Zimmer steht mitten im Raum eine Duschkabine umgeben von großen Ficus Bäumen, fast wie eine kleine Oase …«, versuchte ich die Beschreibung zu beenden und mich von ihr zu verabschieden.
»… das glaube ich dir nicht, wirklich …???«, Frau Müller kriegte sich fast nicht mehr ein. »Das würde ich gerne einmal mit eigenen Augen bewundern.«
›Manche sollten meine Dusche sehen und vielleicht auch mit mir gemeinsam genießen …, mmhhh …, aber nicht Frau Müller‹, schoss es mir spontan durch den Kopf. Aber vielleicht sollte ich für ganz, ganz schlechte Zeiten, die eventuell kommen könnten, etwas vorbauen? »Na, vielleicht zeige ich sie dir mal. Bin aber heute wirklich echt kaputt«, log ich ein wenig.
Während meiner Höhlenbeschreibung war immer mal wieder Frau Müllers Hand auf meiner gelandet, zweimal rieb sie sogar wie zufällig für einen kurzen Moment ihr Knie an meinem. Es wurde mir hier einfach zu heiß, wollte nicht schon heute gleich wieder meine Vorsätze kippen. Nicht schon wieder in das alte Muster verfallen, alles zu nehmen, was sich fast von alleine ins Bett, oder wo auch sonst immer, hinlegte. Wollte sie endlich finden, die eine Liebe, die so schön und romantisch sein sollte.
Also dann, »Tschüß Lotte!«
»Servus Paul, war echt schön, dich etwas näher kennenzulernen, bis bald in diesem Theater hoffe ich!«
Zum Zahlen ging ich schnell zu Claus, damit ich hier schleunigst wegkam.
»Hasde ja ne dolle Dande heut an deinem Disch gehabt!«
›Tolle Tante? Vielleicht an deinem Ufer, an meinem Ufer sehen tolle Tanten um einiges anders aus!‹, dachte ich lieber nur, ohne es auszusprechen. Entschuldigte mich aber gleich wieder innerlich für diesen Gedanken, denn ich mochte Claus wirklich sehr. Er hatte mir mal gebeichtet, wie lange er mit seinen sehr speziellen Neigungen nach einem Partner suchen musste. Jetzt war Claus verheiratet mit ihm und fast immer sehr glücklich, sogar nach zehn Jahren Partnerschaft. Ich freute mich immer wieder für ihn.
»Bis bald, Claus!« und ich ging die wenigen Schritte bis zu meiner Kreativhöhle.
›Soll es etwa schon wieder so weitergehen?‹, dachte ich, als ich wenige Minuten später auf meinem Lieblingsplatz saß, mich die zahlreich sprießenden Bananenblätter umhüllten und ich über mein weiteres Leben sinnierte. Mal schnell ‘n bissel vögeln, Frau Müller hatte sich ja geradezu aufgedrängt. Wäre bestimmt ein Einfaches gewesen, mit ihr einen entspannten und genussvollen Abend zu verbringen.
Was danach kam, hatte ich schon zu oft erlebt, kannte ich einfach zu gut. Bissel vögeln, manchmal sogar für mehr als eine Nacht. Und bei der Vögelei, die länger andauerte, bauten sich bei mir und meinen jeweiligen Partnerinnen Hoffnungen auf, die leider sehr oft grundverschieden waren. Aber irgendwann, manchmal früher, manchmal später, merkte dann einer von uns beiden, das Gefühl, es könnte etwas Längeres werden, verflüchtigte sich schneller, immer schneller. Manchmal gleichzeitig, dann war der Schlussstrich zum Glück ziemlich einfach. Komplizierter wurde es nur, wenn diese Ernüchterung bloß bei mir oder bei ihr eintrat. Nach der anfänglichen Gier nacheinander kamen dann ganz langsam oder auch schnell die störenden Eigenschaften des anderen wieder zum Tragen, welche in den ersten heißen Aufeinandertreffen vollkommen ausgeblendet waren.
›Unsere Körper sind schon ganz schön kompliziert, der damalige Programmierer hätte jedem von uns lieber mal eine Gebrauchsanweisung mitgeben sollen, dann würde vieles einfacher laufen‹, grübelte ich vor mich hin.
So richtig klar war ich mir hinterher nie, was wieder mal zum Schluss der Bekanntschaft geführt hatte. Es machte einfach nicht Peng und aus war der Traum! Oft waren es die Ansichten vom Leben oder die Einstellungen zu den Dingen, die so auf dieser runden Kugel passieren. Von meiner Seite aus führte aber oft die geistige Programmierung der jeweiligen Bekannten zum Abflachen meiner Begeisterung. Es ging mit mir einfach nicht, schon nach kurzer Zeit, wenn Tante X glaubte, Paul ist ihr sicher, auf den Alltag umzuschalten. Und dieser sah oft sehr gruselig für mich aus, da war das tägliche Betrachten und womöglich noch danach Diskutieren von flachen Fernsehserien das Geringste.
Schon in meiner Zeit als Werber hatte ich etwas oft traurig feststellen müssen: Schön, klug und selbstbewusst sind Eigenschaften, die ich eigentlich noch nie zusammenhängend gefunden hatte.
Musste an Claudi denken, mit meinen Anforderungen an die Traumfrau hatte ich bestimmt genau so wenig Chancen, wie sie mit ihren Vorlieben und den vorhandenen begrenzten Möglichkeiten, diese jemals zu finden.
›Deine Wünsche klingen ganz schön arrogant‹, kam es von unten.
›So bin ich nun mal, mein Lieber, ist denn das so schlimm, was ich mir vorstelle?‹
›Nein, hast schon recht Paul, bleib einfach ehrlich, bleib wie du bist, nur zusammen können wir richtig glücklich werden.‹
Mir gingen Bilder aus der damaligen Zeit durch den Kopf. ›Bei den vielen Fotoshootings für die jeweilige Werbekampagne traf ich mit extravaganten Models zusammen, wo du, mein Lieber, schon nach den ersten Probeshootings Hurra geschrien hast. Aber als dann einige von diesen Supermodels den Mund aufmachten, hast du dich verräterisch verkrochen und dich reumütig bei mir entschuldigt.‹
›War aber nicht immer ganz so schlimm‹, kam es leise zurück. ›Manchmal hatten wir auch unseren Spaß‹, und wie zur Bestätigung spürte ich ein leises Zucken in der Hose.
Wieder einmal war mein Leben vollkommen auf den Kopf gestellt. Wieder