Der Schatz der Kürassiere. Herbert Schoenenborn

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Der Schatz der Kürassiere - Herbert Schoenenborn

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den feindlichen Linien befinden und damit den gefährlichen Teil der Unternehmung hinter sich gebracht haben, der Rest wird für meinen Freund Jean ein Kinderspiel sein.“

      Die Männer prosteten sich nochmals zu, dann verabschiedete sich Duchesne mit den Worten:

      „Ich werde jetzt die Startvorbereitungen überwachen. Bis nachher, und entspannen Sie sich.“ Die vier Ballonfahrer folgten der Ordonanz zu ihrem Ruheraum.

      Der Raum war fensterlos und wurde durch einen Luftschacht belüftet. Eine Gaslampe verbreitete ihr müdes Licht. An jeder der vier Wände stand ein Feldbett.

      „Nicht sehr einladend, aber für einen kurzen Schlaf reicht es“, bemerkte Grau. Die Männer zogen ihre Schuhe aus, entledigten sich ihrer Cuts und legten sich auf die Strohmatratzen.

      Punkt elf Uhr wurde heftig an die Türe gepocht:

      „Messieurs, bitte aufstehen, es ist soweit.“ Die Männer erhoben sich. Fréchencourt konnte man ansehen, dass er kaum ein Auge zugemacht hatte, die übrigen drei wirkten ausgeruht und voller Tatendrang. Ein wenig später betraten sie die Wachstube, wo sie bereits erwartet wurden. Der wachhabende Offizier, es war derselbe wie bei ihrer Ankunft, übereichte den Männern ihre neuen Papiere und die Unterlagen, die sie als Mitglieder des hiesigen Ballonclubs auswiesen.

      „Und hier der Auftrag der ‚Poste Française’, zwei Postsäcke nach Paris zu bringen“, ergänzte der Wachhabende.

      „Philippe, Sie sind der Verantwortliche für diese Sendung“, sagte Grau. „Auf dem Formular steht Ihr Name.“ Philippe warf einen kurzen Blick auf das Schreiben und steckte es dann unbeeindruckt in seine Westentasche.

      Der Offizier übergab Muller nun eine geöffnete Holzkiste.

      „Höhenmesser, Fernrohr und Kompass.“ Muller nahm die Instrumente einzeln in die Hand und prüfte sie eingehend.

      „Auf die können wir uns verlassen“, sagte er zufrieden an seine Mitfahrer gewandt:

      „Fehlt nur noch der Regenschutz.“

      „Die Capes hängen dort drüben“, antwortete der Wachhabende und zeigte auf einen schmiedeeisernen Kleiderständer. Duchesne, der im Hintergrund das Geschehen verfolgt hatte, trat nun zu den Männern.

      „So, Messieurs, nachdem nun alle Formalitäten erledigt sind, lasst uns nach draußen gehen, um zu sehen, wie weit meine Leute mit den Startvorbereitungen sind.“

      „Einen Augenblick noch bitte“, unterbrach ihn Grau. „Jacques, ich möchte dich daran erinnern, deine beiden Männer Claude Robin und Roger Mourai aus euren Soldlisten zu streichen, wir hatten dir ja bereits gesagt, dass sie jetzt dem Kriegsministerium unterstellt sind.“

      „Pardon, das hatte ich ganz vergessen. Lieutenant übernehmen Sie das. Vermerken Sie hinter den beiden Namen Robin und Mourai ‚Verlust.’ Den wahren Grund müssen wir verschleiern, aber so ganz aus der Luft gegriffen ist ‚Verlust’ ja nicht.“

      Die Männer verabschiedeten sich von dem Wachabenden, legten sich die Regenumhänge um die Schultern und folgten Duchesne. Als dieser die Stahltüre zum Innenhof öffnete, schlug ihnen ein von einem kräftigen Wind getriebener Nieselregen entgegen, zudem war es stockfinster.

      „Was für ein tolles Wetter“, murmelte Fréchencourt resigniert vor sich hin, so leise, dass die anderen es nicht verstehen konnten. Als sich die Augen der Männer etwas an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnten sie schemenhaft erkennen, dass sich der Ballon schon ein wenig aufgerichtet hatte und nun seitlich über dem Korb schwebte. Das Zischen des einströmenden Gases in die Ballonhülle wurde vom Wind fast verschluckt. Noch konnten die Ballastsäcke allein den Ballon am Boden halten, allerdings waren sechs Soldaten vonnöten, ihn mit Seilen gegen ein Abdriften zu sichern. Acht weitere Soldaten hielten sich unter einem Mauervorsprung bereit, um bei Bedarf die Sicherungsmannschaft zu verstärken.

      „Was hätten wir nur bei besserem Wetter gemacht?“, ließ sich Fréchencourt, diesmal lautstark, vernehmen. In seiner Stimme schwang so etwas wie Galgenhumor mit.

      „Dann hätten wir heute nicht starten können. In einer klaren Nacht wäre das Risiko entdeckt und beschossen zu werden, viel zu groß, denn überall hier in der Nähe befinden sich Vorposten der Deutschen, die ein wachsames Auge auf Fort Plappeville haben. Nur bei diesem Mistwetter geht unser Plan auf“, antwortete Muller. Fréchencourt beschloss, sich seinem Schicksal zu ergeben.

      Es dauerte noch gut zwei Stunden, bis ein Unteroffizier dem Festungskommandanten den Ballon startklar meldete. Nachdem die Instrumente im Ballonkorb verstaut und die beiden Postsäcke außen am Korb befestigt waren, verabschiedete sich die Ballonbesatzung von Duchesne und bestieg über eine Leiter den Korb.

      „Viel Platz haben wir ja nicht“, schrie Grau gegen den Wind an.

      „Die wenigen Stunden werden wir überstehen, oder leidet jemand an Klaustrophobie?“, entgegnete Muller ebenso lautstark.

      „Wenn alles klar ist, gebe ich jetzt das Startzeichen.“ Als die Gefährten nickten, hob Muller die Hand. Die Männer der Haltemannschaft, die inzwischen auf über dreißig Mann angewachsen war, ließen die Halteseile zunächst langsam durch die Hände gleiten, bis sich auch der Ballonkorb oberhalb der Festungsmauern befand, dann ließen sie die Seile auf ein Kommando los. Der Ballon machte einen Sprung nach oben. Muller öffnete schnell hintereinander einige Ballastsäcke, so dass der Ballon sehr schnell an Höhe gewann. In wenigen Augenblicken verschwand das Fort aus den Augen der Männer, die Dunkelheit verschluckte die Erde unter ihnen. Die Fahrt ins Ungewisse hatte begonnen.

       Deutsche Stellung Nähe Metz, 20. August 1870, ein Tag vorher

      „Scheißwetter“, sagte einer der drei Soldaten, die in der kargen Wohnstube des verlassenen Bauernhauses saßen. Das schwache Licht einer Petroleumlampe verbreitete sein diffuses Licht im Raum. Die Flamme war auf die geringste Leuchtkraft zurückgedreht. Das war der Situation geschuldet, denn man befand sich schließlich mitten in Feindesland und wollte den Gegner nicht mit einem hell erleuchteten Fenster auf sich aufmerksam machen. Zudem ging auch das Petroleum langsam zur Neige.

      „Seit wir am frühen Abend hier eingerückt sind, regnet es ununterbrochen.“

      „Das hat auch seine guten Seiten, Kurt. Wegen des schlechten Wetters wird in dieser Nacht wohl nichts mehr passieren. Die Franzosen haben sich nach Metz zurückgezogen und lecken ihre Wunden. Unsere Entscheidung, heute Nacht auf Patrouillengänge in die nähere Umgebung zu verzichten, geht daher vollkommen in Ordnung“, entgegnete der ranghöhere Offizier, der auf einem wackeligen Holzstuhl vor dem einzigen Fenster des Raumes saß und in eine totale Finsternis starrte.

      „Dein Wort in Gottes Ohr. Ich hoffe, dass es diese Nacht ruhig bleibt. Wir sind alle ziemlich erschöpft und können jede Stunde Schlaf gut gebrauchen, Anton. Wir haben zwar in die Kämpfe bei Gravelotte nicht mehr eingreifen müssen, sollten aber nicht vergessen, dass wir dennoch die letzten beiden Tage fast ununterbrochen im Sattel gesessen haben.“ Er wandte sich an seinen Kameraden, der auf der Bank neben ihm saß:

      „Hast du die Männer schon zur Ruhe geschickt, Oskar?“

      „Ja Kurt, sofort nach dem die Pferde versorgt waren, so gegen neun. Ich habe sie in der Scheune einquartiert. Zwei Mann Posten bei den Pferden, zwei Mann am westlichen und ein Mann am östlichen Hoftor. Wachwechsel alle zwei Stunden,

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