Der Schatz der Kürassiere. Herbert Schoenenborn
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Der Premier-Lieutenant war etwas über einsachtzig groß und athletisch. Seine mittelblonden Haare waren, wie in Kriegszeiten üblich, kurz geschnitten. Die dichten Augebrauen über seinen stahlblauen Augen waren der einzige Haarwuchs in seinem ovalen Gesicht. Die gerade Nase und der energische Mund gaben ihm einen entschlossenen Gesichtsausdruck. Von Buschhagen hatte eine angenehme Stimme, und obwohl er darauf bedacht war akzentfrei zu sprechen, konnte er zu seinem eigenen Leidwesen seine kölnische Herkunft nicht leugnen. Seinen Soldaten gegenüber war er gerecht, handelte stets sehr überlegt und setzte seine Männer nie einer unkalkulierbaren Gefahr aus.
Seconde-Lieutenant Kurt Müschen, in Zons geboren, war zwei Jahre jünger als von Buschhagen. Da er keine Lust hatte, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, der ein bekannter Kunsthistoriker und Sachverständiger für sakrale Kunst war, brach er sein Kunststudium ab und trat mit einundzwanzig Jahren in die preußische Armee ein. Nach seiner Offiziersausbildung in Brandenburg wurde er 1866 kurz vor Ausbruch des „Deutschen Krieges“ auf eigenen Wunsch ins Rheinland zu den Kürassieren nach Deutz versetzt. An der Schlacht bei Königgrätz nahm er als Fähnrich teil. Er rettete zusammen mit Ahren durch beherztes Eingreifen das Leben von Buschhagens. Hierfür erhielt er das „Eiserne Kreuz 2. Klasse“. Er selbst kehrte unversehrt nach Deutz zurück. Wegen Tapferkeit im Gefecht bei Mars la Tour, am 16. August dieses Jahres, wurde er vom Fähnrich zum Seconde-Lieutenant befördert. und erhielt das Kommando über den zweiten Zug der Kompanie.
Müschen hatte ungefähr die gleiche Statur wie von Buschhagen. Dass in seinen Adern auch italienisches Blut seiner Mutter floss, war unverkennbar. Seine Haare waren schwarz und ebenfalls kurz geschnitten. In seinem kantigen immer leicht gebräunten Gesicht saßen unter geschwungenen schmalen Brauen tiefliegende dunkle Augen. Die Nase war leicht gebogen, und obwohl sein Mund ein klein wenig zu breit geraten war, konnte man sein Gesicht als äußerst attraktiv bezeichnen. Was Müschen ärgerte, dass er schon wenige Stunden nach einer Rasur wieder unrasiert aussah.
Der Seconde-Lieutenant hatte eine dunkle Stimme, seinen rheinischen Dialekt konnte er nur schwer verbergen. Müschen war forsch und immer gut gelaunt. Da er sein Herz auf der Zunge trug, musste ihn von Buschhagen hin und wieder zügeln. Obwohl sein Verhältnis zu den Soldaten kameradschaftlich war, tat dies seiner Autorität keinen Abbruch. Aufgrund seiner stattlichen Erscheinung und seines attraktiven Aussehens, war Müschen zweifellos ein Frauenschwarm, was er vortrefflich auszunutzen wusste.
Der dritte im Bunde war Wachtmeister Oskar Ahren und mit 42 Jahren der Älteste der drei Männer. Im Jahr 1828 als vierter Sohn einer betuchten Bauernfamilie unmittelbar vor den Toren Kölns in Weidenpesch geboren, hatte er keine Aussicht, den elterlichen Hof jemals zu erben. Er wurde daher 1846 mit achtzehn Jahren Soldat. Oskar Ahren begann seine Laufbahn zunächst beim Dragonerregiment Nr. 4, bevor er 1847 zu den Kürassieren versetzt wurde. Kampferfahrung sammelte er 1848 bei Straßenkämpfen während der Bürgerunruhen in Erfurt und ein Jahr später bei der Niederwerfung der Revolution in Baden. Kontinuierlich kletterte er die Unteroffiziersleiter nach oben, bis er schließlich 1865 zum Wachtmeister befördert wurde. In der Schlacht bei Königgrätz rettete er zusammen mit Müschen, ohne Rücksicht auf das eigene Leben, den schwer verwundeten von Buschhagen. Ahren wechselte im Kampfgetümmel von seinem Pferd auf das von Buschhagens, hinter den bereits im Sattel zusammengesunkenen Schwerverletzten, riss die Zügel an sich und ritt aus der Kampflinie, während Müschen mit seinem Pallasch* den Feind auf Distanz hielt und gleichzeitig Ahrens Pferd aus der Kampfzone brachte. Für diese kühne Tat erhielt er wie Müschen das „Eiserne Kreuz 2. Klasse“. Ahren war für die Versorgung der Kompanie zuständig. Seit Seconde-Lieutenant von Schnell wegen einer Schussverletzung ins Lazarett musste, wurde ihm kommissarisch das Kommando über den zweiten Zug übertragen.
Ahren war schlank und muskulös und nur unwesentlich kleiner als die beiden anderen. Sein fast rundes Gesicht wurde von einem dichten halbmondförmig geschnittenen Schnurrbart beherrscht. Seinen Kopf bedeckten kurze braune struppigen Haare, die zu zähmen ihm nie gelang. Die leicht gerötete Nase zeugte davon, dass er einem mäßigen Alkoholgenuss nicht abgeneigt war, und seine listigen Augen verrieten, dass ihm der Schalk im Nacken saß. Sein gutmütiges Aussehen konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ahren im Kampf weder Rücksicht auf sich noch auf seine Gegner nahm. Er war in Gefechten immer in vorderster Linie zu finden und galt daher im Regiment als „Haudegen“. Dass er bisher nie ernsthaft verwundet wurde, war darauf zurückzuführen, dass er in der Lage war, jede Situation sehr schnell erfassen und analysieren zu können.
Hinzu kam, dass er ein hervorragender Reiter war, wie man sagte, der beste im Regiment. Seinen Soldaten war er stets ein väterlicher Freund und daher äußerst beliebt.
Ahren hatte eine große Schwäche für schöne Frauen, wollte aber nicht heiraten, aus Rücksicht auf das weibliche Geschlecht, wegen seines Berufs, wie er zu sagen pflegte. Wenn sein Dienstplan es zuließ, konnte man ihn einmal die Woche, in einem Etablissement auf der „Deutzer Freiheit“ antreffen. Der Wachtmeister war bei den Damen äußerst beliebt, da er sich ihnen gegenüber immer sehr großzügig zeigte.
Ahren redete meistens Hochdeutsch, allerdings mit einem unüberhörbaren kölnischen Einschlag. Manchmal verfiel er bewusst oder unbewusst in unverfälschten Dialekt, nicht immer verständlich für diejenigen, die nicht aus dem Rheinland stammten.
Es konnte nicht verwundern, dass die drei Offiziere seit der Schlacht bei Königgrätz eine enge Freundschaft verband.
„Ich werde bei Tagesanbruch zunächst mit Oskar nach Pouilly reiten und Rittmeister von Seidel Vollzug melden“, unterbrach von Buschhagen die Stille.
„Du, Oskar, kümmerst dich bitte um Proviant und Munition, während ich auf der Kommandantur bin.“
„In Ordnung, Anton, ich würde aber zur Verstärkung gerne den Kürassier Breuer und den Gefreiten Becker mitnehmen, denn wir wissen ja noch nicht, ob das hier wirklich sicheres Terrain ist“, erwiderte Ahren.
„Du hast Recht Oskar, mach was du für richtig hältst“, stimmte von Buschhagen zu.
„Kurt, du hast ab jetzt das Kommando über die Kompanie. Sende morgen früh die Spähtrupps aus, denn ich möchte am Abend die genaue Lage des Hofes und die Stellung unserer 1. Kompanie in die Karte eintragen. Die Männer sollen kein Risiko eingehen und unbedingt Feindberührung vermeiden. Beim Abendappell erwarte ich meine Leute vollzählig und unverletzt anzutreffen. Ansonsten ist Ruhetag mit den üblichen Sicherheitsvorkehrungen befohlen“, von Buschhagen ließ keinen Zweifel aufkommen, wer das Kommando hatte.
„Lasst uns jetzt zurückgehen, ich hab genug frische Luft geschnappt, und in fünf Stunden ist schon Wecken.“ Müschen erhob sich und setzte sich sofort wieder hin.
„Psst, da vorne kommt jemand“, flüsterte er und wies in Richtung der Frontlinie. Die Männer zogen sich geduckt in den Schatten der Bäume zurück. Im diffusen Licht der Nacht konnten sie auf dem freien Feld vor sich drei schemenhafte Gestalten erkennen, die eiligen Schrittes auf das Waldstück zustrebten. Als die Unbekannten näher kamen, konnten sie einige französische Wortfetzen vernehmen.
„Die vermuten hier keine Deutschen, sonst würden sie vorsichtiger sein“, raunte von Buschhagen.
„Soldaten sind es jedenfalls nicht, das können sowohl Freischärler als auch Bauern sein“, entgegnete Müschen leise.
„Kommt, drei gegen drei, die schnappen wir uns, aber Vorsicht, es ist möglich, dass sie bewaffnet sind, je nach dem, mit wem wir es zu tun haben“ raunte Ahren, sprang auf und stürmte mit gezogenem Pallasch in Richtung der Fremden, die beiden anderen folgten. Die Unbekannten, die inzwischen noch ungefähr zwanzig Meter von dem