Der Schatz der Kürassiere. Herbert Schoenenborn

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Der Schatz der Kürassiere - Herbert Schoenenborn

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– Rheinisches Nr. 8 – aus Deutz. Das Regiment erhielt nach der gewonnenen Schlacht bei Gravelotte den Befehl, einen Teil der Lücke zwischen dem I. und VII. Armeekorps zu füllen, um den Belagerungsring um Metz zu schließen. Die beiden Kompanien der 3. Eskadron hatten in der Nähe der Ortschaft Pouilly, jeweils zwei Kilometer von einander entfernt, Stellungen bezogen. Der Stab der Eskadron unter Rittmeister* von Seidel hatte sich in Pouilly einquartiert.

      „Kannst du uns auf der Karte einmal zeigen, wo genau wir uns jetzt befinden, Anton?“, fragte Seconde-Lieutenant Kurt Müschen.

      „Ich will es versuchen, Kurt.“ Premier-Lieutenant Franz Anton von Buschhagen, erhob sich, schloss die Fensterläden und ging zu seiner Satteltasche, die er auf einer Holztruhe abgelegt hatte. Der Tasche entnahm er eine Generalstabskarte und breitete sie auf dem großen Eichentisch in der Mitte des Raumes aus.

      „Stell bitte die Flamme der Funzel etwas größer, damit wir was erkennen können, Oskar“, forderte er Ahren auf. Der Wachtmeister drehte den Docht ein Stück heraus und schob dann die Lampe in die Nähe der Karte.

      „Also, dort im Norden ist Metz, hier im Südwesten der Stadt befindet Gravelotte. Südlich davon, ungefähr hier, war der Verfügungsraum unseres Regiments.“ Buschhagen untermalte das Gesagte mit dem Finger auf der Karte.

      „Wir sind heute Morgen zunächst in südöstliche Richtung geritten, an den Stellungen des VII. Korps vorbei, haben bei Couvry das Flüsschen Seille* überquert und den Ort Pouilly im Norden umgangen. Dann sind wir ungefähr hier auf diese Straße gestoßen, die von Pouilly nach Metz führt. Dieser sind wir zunächst in Richtung Metz gefolgt. Nach ungefähr eineinhalb Kilometern haben wir die Straße nach rechts verlassen und sind eine ganze Weile auf einem Feldweg, der nicht eingezeichnet ist, ostwärts geritten.“ Buschhagen beschrieb auf der Karte einen Kreis.

      „Unser Quartier muss sich demnach hier irgendwo zwischen dem Fort Queuleu und Pouilly befinden, hoffentlich außerhalb der Reichweite der Kanonen des Forts. Leider ist der Kartenmaßstab zu groß, so dass eine genaue Ortsbestimmung nicht möglich ist. Wo genau wir uns befinden, muss morgen früh ein Spähtrupp herausfinden.“

      „Dann kann der in einem erkunden, wo die 1. Kompanie Stellung bezogen hat“, fügte Müschen hinzu.

      „Da hast du Recht, Kurt. Aber dann benötigen wir zwei Trupps, einen schicken wir nach Osten, den anderen nach Westen. Ich habe die Befürchtung, dass wir hier so schnell nicht wieder wegkommen und die Erholungspause länger dauert, als uns lieb ist. Jedenfalls werden wir uns morgen zunächst einmal häuslich einrichten. Wir können froh sein, ein festes Dach über dem Kopf zu haben und nicht biwakieren zu müssen.“ Buschhagen schaute auf seine Taschenuhr:

      „Es ist gleich Mitternacht, auch wir sollten uns so langsam aufs Ohr legen. Wer weiß, was uns der morgige Tag so alles bringen wird. Allerdings möchte ich vorher noch etwas frische Luft schnappen. Ich glaube, es hat aufgehört zu regnen.“

      „Sollen wir mitgehen, Kurt und noch ein lecker Zigärrchen rauchen, bevor wir uns hinlegen?“, fragte Ahren.

      „Eine gute Idee, Oskar. Ich werde mir aber lieber ein Pfeifchen stopfen, das erste seit drei Tagen.“ Als sie vor die Türe traten, empfing sie eine klare Luft und es wehte ein frischer Wind aus nördlicher Richtung. Die Wolkendecke war teilweise aufgerissen und gab stellenweise den Blick auf den Sternenhimmel frei.

      „Gehen wir mal vors Hoftor. Da hin und wieder aus der Richtung des Forts Kanonendonner zu hören ist, können wir vielleicht schon einmal den ungefähren Abstand zur Festung errechnen“, schlug von Buschhagen vor.

      „Hoffentlich sind wir weit genug entfernt, sonst wird es ungemütlich“, fügte Müschen hinzu.

      „Denen ihre Kanonen schießen maximal zwei Kilometer weit und das nur mit Rückenwind“, lästerte von Buschhagen.

      „Keine Meldung Soldaten“, sagte Ahren, als sie in die Nähe des Postens kamen. Einer der Wachen stand innerhalb der Hofmauer, der andere jenseits des Tores und beobachtet aufmerksam die Umgebung. Die Soldaten hatten sich auf eventuelle Nahkämpfe eingestellt, denn sie hatten vorsorglich ihren Karabinern die Bajonette aufgepflanzt. Die erste Nacht in einer neuen Stellung war erfahrungsgemäß sehr heikel. Die Soldaten hatten zwar sofort nach ihrer Ankunft die nähere Umgebung erkundet und feindfrei gemeldet, aber die Rheinarmee war nah und ihre Stoßtrupps und die Franctireurs waren eine permanente Bedrohung.

      Das Gehöft lag sehr einsam, eingebettet in eine grüne hügelige Landschaft. Rund um den Hof war freies Schussfeld von mindestens zweihundert Metern. Ein eventueller Angreifer würde Mühe haben, sich ungesehen zu nähern und wenn es doch gelingen sollte, würde sich ein Eindringen als sehr schwierig gestalten, denn zwischen den einzelnen Hofgebäuden, Wohnhaus, Scheune und Stallungen, befanden sich mannshohe Mauern. Ein großes Tor im Westen und ein kleineres Tor im Osten waren die einzigen Zugänge zum Innenhof. Das Gehöft war somit als Vorpostenstellung geradezu ideal.

      Die Männer schlenderten über den steinigen Feldweg, der vom großen Tor in westliche Richtung führte und nach ungefähr zweihundert Metern zwischen Bäumen verschwand. Die bestellten Felder links und rechts waren nicht abgeerntet. Die Bewohner mussten den Hof samt ihren Tieren Hals über Kopf verlassen haben. Dafür sprach auch, dass noch fast die komplette Möblierung des Wohnhauses, viele landwirtschaftliche Geräte und auch einige Futtervorräte vorhanden waren.

      „Ich kann mich nicht erinnern, hier lang geritten zu sein“, meinte Müschen kopfschüttelnd.

      „Ich auch nicht, aber als wir den Hof entdeckten, waren wir nun einmal sehr angespannt, denn wir mussten damit rechnen, entweder auf die Bewohner, auf Franctireurs oder versprengte gegnerische Soldaten zu treffen. Aber Gott sei Dank mussten wir uns mit niemandem rumschlagen“, entgegnete Ahren.

      „Gehen wir doch noch ein Stück weiter, bis zu den Bäumen da vorne. Ich meine, da hätte ich heute Nachmittag im Vorbeireiten eine Bank gesehen“, sagte von Buschhagen.

      „Ach enä, Anton hatte noch einen Blick für Nebensächlichkeiten, während wir uns vor Angst fast in die Hosen gemacht haben“, feixte Müschen. Inzwischen hatten sie sich dem Waldstück genähert.

      „Da vorne ist tatsächlich eine Bank“, vermeldete Ahren. Die Männer ließen sich auf der aus Baumstämmen grob gezimmerten Sitzgelegenheit nieder.

      „Komm Oskar, gib mir bitte auch eine Zigarre“, bettelte von Buschhagen. „Ich wollte zwar mit dem Rauchen aufhören, aber ihr wisst ja, wenn ihr gleich mit dem Paffen anfangt, und ich euch zusehen muss, werde ich unleidlich.“ Ahren reichte Buschhagen grinsend sein Zigarrenetui. Still vor sich hin rauchend, hing jeder seinen Gedanken nach.

      Premier-Lieutenant Franz Anton von Buschhagen, 1842 in Köln geboren, entstammte einer preußischen Offiziersfamilie und entschied sich ganz im Sinne seines Vaters früh für die militärische Laufbahn. Mit zwanzig Jahren kam er 1862 zum Kürassier-Regiment in Deutz. Während des Deutschen Krieges 1866 erhielt er das „Eiserne Kreuz 1. Klasse“. In der Entscheidungsschlacht, bei der bei Königgrätz die Truppen Preußens auf die Armeen Österreichs und Sachsens trafen, wurde er durch eine österreichische Kugel zwischen Schulter und linker Brust schwer verwundet. Sein Glück war, dass Ahren und Müschen ihn rechtzeitig aus der Kampfzone brachten. Die Ärzte im Lazarett hatten ihm gesagt, dass er die schwere Verletzung nur deshalb überlebt habe, weil das aus nächster Nähe abgefeuerte Geschoss glatt durch die Lunge hindurchgegangen sei. Bei einem Lungensteckschuss hätten sie ihm nicht helfen können. Im Anschluss an den Lazarettaufenthalt war er in Privatpflege bei Frau Anette von Rosenberg in Kolberg*. Buschhagen verliebte sich unsterblich in die schöne junge Offizierswitwe. Nach seiner Genesung kehrte er noch im gleichen Jahr zum Regiment zurück,

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