Schulzeit – eine Zeit schöner Erlebnisse?!. Margot Wilke
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Da die fünfte und sechste Klasse von Fachlehrern unterrichtet wurde, mussten sie also ebenfalls diesen Weg gehen und so geschah es, dass durch den Wechsel der Lehrer die beiden Klassen manchmal in der Pause allein waren. Undenkbar? Nein! Eine Schülerin jetzt Großmutter, erinnert sich: „Wir haben gar keinen Lehrer zur Aufsicht gebraucht. Die Jungen spielten Fußball und wir Mädchen hatten Sprungseile, Bälle oder spielten Gummizwist. Beim Schippern oder Hüpfkästchen waren alle dabei. Diese Spiele gehören heute der Vergangenheit an und nur noch wir Großeltern wissen, was diese für Spaß bereiteten. Wenn dann der Lehrer kam und es geklingelt wurde, gingen wir ruhig in unsere Klassen.“ Das wäre heute undenkbar.
Eine kleine Episode, an die ich mich heute noch schmunzelnd erinnere, erlebte ich am ersten Schultag nach den großen Ferien mit einem Kleinen der 1. Klasse. Ich erkundigte mich, ob ihm der erste Schultag gefallen habe. Das Ergebnis habe ich immer noch vor Augen. Ein kleiner Kerl mit einem großen Schulranzen auf dem Rücken, blonden Löckchen und einer Brille. Mit groß aufgerissenen Augen streckte er mir die Zunge heraus. Ich musste hell auflachen. Als er in der 10. Klasse war, erzählte ich ihm diese Begebenheit und die empörte Antwort: „Ich habe ihnen doch nie die Zunge herausgestreckt.“
Diese beschauliche Zeit und somit auch der Schulweg gehörten der Vergangenheit an, als 1976 eine neue Schule gebaut wurde, in der dann die Klassen 1 bis 10 unterrichtet werden konnten.
Neue Schule – neuer Schulweg
Durch das Entstehen eines Neubaugebietes war eine neue Schule notwendig geworden und diese wurde nach einjähriger Bauzeit am 1.9.1976 übergeben. Noch am letzten Ferientag erfolgte ein Großeinsatz von Eltern, Lehrern und Kollegen des Schulamtes, um die Reste der Bauarbeiten zu beseitigen, die Fußböden zu reinigen und die Fenster zu putzen. Provisorisch pflasterte eine Baufirma einen kleinen Teil des Schulhofes.
Der erste Schultag konnte beginnen und dieser mit einem Appell. Die Schülerzahl von 200 auf rund 1000 ergaben neue Situationen und neue Probleme.
Gedanken einer Schülerin der 6. Klasse zum Eröffnungsappell: „Der Bürgermeister sprach über den Wert der Schule. Als ich hörte, wie viel dieses Gebäude gekostet hatte, war ich mächtig erstaunt.
Diese Schule kostete drei Millionen Mark. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und wollte es nicht glauben. Was wird wohl in dieser modernen Schule anders sein als in unserer alten?“
Das sollte sie bald erfahren.
Eine Schule – kribbelbunt. Flure und Klassen waren verschiedenfarbig tapeziert. Unbeschreibliche Tapeten im gesamten Schulgebäude. Futuristische Phantasiemuster in futuristischen Farben und dazu entsprechende Gardinen Der Innenarchitekt musste wohl von einem anderen Stern gekommen sein. Aber das war noch nicht alles. Es war eine Glasfasertapete. Wenn die Schüler mit ihr in Berührung kamen oder sich an die Wand lehnten, begann das große Jucken. Es dürfte wohl jedem klar sein, dass es in den ersten Schulwochen auch dadurch eine kribblige und unruhige Atmosphäre war.
Aber das war damals noch das kleinste Problem. Ein weit größeres waren die letzten Meter des Schulweges.
Die Schule war auf Ackerland gebaut, aber der Schulhof war noch nicht begehbar, also noch Ackerland. Dieses war von schweren Baufahrzeugen tief durchwühlt und total schlammig.
Die neue Schule war eine Insel im Schlamm. Durch diesen mussten sich nun alle durchkämpfen. Dementsprechend sahen Gänge und Klassen nach wenigen Minuten aus. Für die Schüler kein Problem, für die Reinigungskräfte Schwerstarbeit. Da die Schule sowieso verschlammt war, kam es auf mehr oder weniger nicht mehr an. Also, rein in den Schlamm.
Wer bringt den meisten Dreck in die Schule? Wer kommt am schnellsten durch? Wer kann am besten waten?
Stundenlange Beratungen der Lehrer brachten keine Erfolge.
Dann kam die erste Idee: Große Steine sollten den Weg markieren. So geschah es auch. Ein neuer Spaß und Schüler sind erfinderisch. Die Steine wurden als Sprunginseln benutzt. Von Stein zu Stein springen oder von Stein zu Stein springen und schubsen. Wer hält die Balance? Beliebt war auch daneben springen. Das war doch mal ein interessanter Schulweg: Vergnügen und Gaudi, jedoch für das Schulpersonal ein Problem.
Wieder und immer wieder Beratungen, aber es änderte sich nichts.
Dann kam die zweite Idee: Bretter auf die Steine, also einen Steg anlegen. Das brachte neues Vergnügen. Es änderte sich aber nichts. Wer den Steg nicht benutzen wollte, zog über das Schuhwerk Einkaufstüten und band sie mit Bindfaden unterhalb der Knie fest. Der Schulweg blieb ein Schlammweg. Die meisten versuchten mit dieser Situation fertig zu werden. Nur einer nicht, Peter. Peter war der Sohn einflussreicher Eltern. Deshalb verlangten einige Lehrer, dass er so wie seine Eltern sein müsste, also Vorbild. Und das wollte Peter nun wieder nicht. Er wollte Schüler sein, wie die anderen. Deshalb ging er demonstrativ neben dem Steg. Nein, er ging nicht, er stapfte mühselig durch den zähen Schlamm. Es war nicht leicht, bei jedem Schritt die Füße aus dem Schlamm zu ziehen. Verschwitzt erreichte er die Schule. Ermahnungen und Strafandrohungen erfolgten. Das brachte ihm zwar zu Hause Ärger ein, aber bei seinen Schulkameraden war er für sein Elternhaus rehabilitiert und erreichte, dass er nun ein Schüler wie jeder anderer war und seine Dummheiten nicht ungestraft blieben.
Und dann kam die grandiose Idee, ein tolles Ergebnis der Beratungen. Wenn es bei Klassentreffen zu diesem Thema kommt, wird darüber gelacht und erzählt. Anscheinend gehört es mit zu den schönsten Erinnerungen, als die Anweisung kam: „Die Schüler bringen ihre Hausschuhe mit.“
Über das Wie folgten Stunden über Stunden von Vorschlägen, bis ein Ergebnis umgesetzt werden konnte. In den Gängen wurden schmale Spinde montiert und klassenweise mit den dazugehörigen Schlüssel auf die Klassen aufgeteilt. Der Wechsel der Fußbekleidung erfolgte 30 Minuten vor Unterrichtsbeginn. Diese halbe Stunde war für den Hausmeister nicht nur eine harte Geduldsprobe, sondern auch Schwerstarbeit. In den Gängen wimmelte es von Hunderten von Schülern und Schuhen. Streitigkeiten mussten geschlichtet werden. Hier und dort fehlte ein Hausschuh, an anderer Stelle war wieder einer zu viel. In den Schultaschen wurden nach Schlüssel gekramt. Bei vergessenen oder fehlenden musste der Hausmeister öffnen.
Es war eine halbe Stunde Chaos. Punkt 7.30 Uhr war der Spuk vorbei. Zurück blieben verschmutzte Gänge und vereinzelte Schuhe oder Hausschuhe.
Fußballfieber
Und gerade ein Hausschuh flog durch eines der großen Fenster. Der Täter war schnell ermittelt. Und es kam zu einem Schulleiter-Schüler-Gespräch:
„Was hast du dir dabei gedacht?“
„Der Hausschuh lag da und ich wollte ihn zur Seite stoßen. Da packte mich das Fußballfieber. Ich fühlte mich auf dem Platz und sah das Tor. Ich konnte nicht anders, schoss mit Wucht – da krachte er auch schon durchs Fenster.“ Der Schulleiter, der eine Fußballmannschaft trainierte und von diesem Virus selbst infiziert war, nickte bedächtig und verständnisvoll. „Hm, was nun?“
„Eine neue Scheibe!“
„Du hast recht, aber nimm dich das nächste Mal zusammen, die Schule ist