Ein Herz für Tiere und für Menschen die Tiere mögen. Adalbert Ludwig Balling
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Doch der Mensch kann sich erinnern –
daher ist er Mensch!
NIKOS KAZANTZAKIS3
Was wissen wir vom Leiden der Tiere?
Wir wissen wenig Konkretes. Weil die Tiere, wenn überhaupt, nur untereinander plaudern. Wir Menschen ahnen zwar vieles, was Tieren wehtut, was sie bekümmert und wie sie ihr Leben als solches verstehen. Aber wirklich wissen, nein, das geht über unsere Möglichkeiten, wenngleich es jede Menge »Pferde-Flüsterer gibt; und überall jede Menge Hunde-, Katzen- und Vogel-Versteher.
Bei Friedrich Spee (der besser bekannt wurde als Kämpfer gegen den Hexenwahn) stimmen zwar auch die Vögel in die Trauer um Christi Leiden ein, aber die Mehrzahl der Theologen schloss sich dem Jesuitenpater diesbezüglich nicht an. Sie hielten sich bedeckt. Dabei hatte schon der Völkerapostel Paulus vom Schmerz und Weh der gesamten Kreatur gesprochen: »Wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt, (in Geburtswehen liegt) und sich ängstigt. (Vgl. Röm 8,21–22)
Lange vor Paulus, in der jüdischen Tradition, machte man keinen strikten Unterschied zwischen Tieren und Menschen, was den Lebensraum anlangte: Alle Lebewesen erhielten von Gott ihren je eigenen Freiraum. Und bei der großen Flut wurden sie alle von Noah in die Arche geholt …
Was uns heute vielfach fehlt, ist die direkte Begegnung. Wir kaufen Fleisch, ohne darüber nachzudenken, woher es kommt. Wir trinken Milch – und jedes Kind weiß, die kauft Mama im Laden, und wir essen zum Frühstück ein Ei, das irgendwann mal von einer Henne gelegt worden war.
Im Fränkischen sagte man früher mit Recht: »Wenn sich ein Bauer bekehrt, spürt es im Stall das Vieh!« Er wurde auch zu seinen Tieren freundlicher, liebevoller, irgendwie auch kollegialer. Hierher passt ebenfalls ein Pauluswort: »Das ängstliche Harren der Kreatur wartet drauf, dass die Kinder (Söhne) Gottes offenbar werden.« (Röm 8,19)
Hoffnung für die leidende Kreatur
Schon vor über 25 Jahren, um 1990, schrieb der bekannte Theologe und Psychotherapeut Eugen Drewermann, man wisse, dass unzählige Millionen Tiere konsumgerecht gezüchtet und gemästet würden, »bis sie verkaufsrentabel den Weg in die Todesfabriken der städtischen Schlachthöfe« anträten. Man schätze, dass zusätzlich über 300 Millionen Tiere »aller erdenklichen Arten weltweit jedes Jahr ihr Leben für ebenso sinnlose wie grausame Experimente« lassen müssten. Es würden Versuchstiere mit angeborenen Körperschäden gezüchtet, anderen durchtrennte man die Stimmbänder, um ihre Schreie nicht hören zu müssen, wieder andere würden zu reinen Demonstrations-Zwecken einfach enthauptet. Im Dienste der Psychiatrie führe man bei Affen, Katzen und Wüstenmäusen grausame Gehirn-Operationen durch, einfach »um das Fehlverhalten dieser armen Geschöpfe« zu beobachten. (Vgl.E. Drewermann, Über die Unsterblichkeit der Tiere,Walter Olten, 1990)
I.
Als die Tiere in den Himmel kletterten
Märchen, Fabeln und Mythen aus aller Welt
Auch wenn du einen Hahn einsperrst,
geht die Sonne trotzdem auf.
(Irisches Sprichwort)
Als die Spinne einen Faden an den Wolken befestigte
Vor langer, langer Zeit, da fühlten sich die Tiere sehr einsam, denn sie hatten noch keine Frauen. Oft standen sie am Waldrand beisammen und hielten Rat, wie sie dies ändern könnten. Nach langer Debatte hin und her sagte der Hase: »Ich habe gehört, dass es droben über den Wolken viele Frauen gibt. Warum holen wir uns nicht einige herunter? – Schön wär’s, aber wie? lautete die allgemeine Rückfrage. Da meldete sich die Spinne; sie wüsste Rat: »Ich werde einen starken Faden spinnen und diesen an einer Wolke verankern. Dann könnt ihr daran hinaufklettern und euch Frauen vom Himmel holen!«
Damit waren alle einverstanden – und sofort machte sich die Spinne ans Werk; immer höher hinauf spann sie ihren Faden. Bald war sie ganz aus den Augen der anderen Tiere verschwunden. Da erklärte der als besonders schlau bekannte Hase, nun sei alles bereit, der Aufstiege könne beginnen. Allen voran packte der Elefant nach dem Faden, unmittelbar gefolgt vom Büffel, Löwen, Affen und den vielen anderen Tieren, die sich nach einer Gefährtin sehnten. Schließlich erreichten sie das himmlische Land, hoch über den Wolken. Und die Suche nach der jeweils passenden Frau ging schnell voran; jeder nach seinem Geschmack. Die Brautpreise wurden von allen korrekt bezahlt – nur ein Tier weigerte sich, dies zu tun: der Hase. Er hatte sich zwar auch eine schöne junge Frau ausgesucht, aber er weigerte sich, dafür zu zahlen. Stattdessen kroch er hinter die Hütte seiner künftigen Schwiegermutter, griff nach einem Topf Getreide und hielt Mahlzeit. Er aß so viel, dass nur noch ein kleiner schäbiger Rest übrig blieb. Anschließend nahm er, listig wie immer, noch rasch ein paar Körnchen aus dem Topf und zerrieb sie im Pelz der Spinne. Als die Schwiegermutter den fast leeren Topf entdeckte, schrie sie nach dem Dieb. Da flüsterte ihr der hintertriebene Hase ins Ohr: »Lass doch die Pelze aller Tiere untersuchen – und du wirst staunen, wo sich der Dieb versteckt hält!?« Der Vorschlag wurde akzeptiert und Hase und Häsin beauftragt, die Untersuchung durchzuführen.
Als sie daraufhin zuerst die Spinne überprüften, fanden sie den Mehlstaub in ihrem Pelz – und damit wurde sie des Diebstahls überführt. Die Spinne wehrte sich empört, aber niemand glaubte ihr. Da schrie sie noch lauter: »Das ist euer Dank dafür, dass ich euch beim Aufstieg geholfen habe! Das werdet ihr büßen; jetzt könnt ihr selber gucken, wie ihr wieder hinunter kommt!« Schnell ergriff sie den Spinnfaden, kletterte hinunter und rollte den Faden hinter sich auf.
Nun ergriff die Tiere arge Ratlosigkeit. Ihre Strick-Leiter war und blieb verschwunden. Was tun? Da sagte der Affe: »Ich will mein Glück versuchen – mit einem kühnen Sprung«, sprach es, nahm einen kurzen Anlauf und hüpfte hinunter. Er fiel auf einen steinharten Felsen und war sofort tot. Die anderen Tiere, die ihm gefolgt waren, erlitten das gleiche Schicksal. Zuletzt waren nur noch Elefant und Hase übrig. Als der Elefant zum Sprung ansetzte, hüpfte der Hase auf seinen breiten Rücken und klammerte sich an den riesigen Elefantenohren fest. Auch der Dickhäuter fiel in den Tod – nur der Hase überlebte den Sprung. Seitdem hat kein Tier mehr versucht, ungefragt in den Himmel zu klettern.
(Aus Zentralafrika, zuerst veröffentlicht in: Adalbert Ludwig Balling,
»Sie standen am Ufer der Zeit«, Mariannhill Würzburg, 1981)
Wie sich die Tiere des Waldes mit dem Himmel wieder aussöhnten
Vor vielen Jahren war der Himmel so verärgert über die Tiere des Waldes, dass er ihnen keinen Regen mehr schickte. Das Gras verdorrte, der Boden wurde hart und härter, selbst die größeren Flüsse versiegten bis auf ein paar Wasserlöcher. Menschen und Tiere litten schrecklichen Durst. Eine schlimme Hungersnot kam über das ganze Land – und sogar große Bäume begannen vorzeitig die Blätter fallen zu lassen und starben ab.
Zu alledem drohte der Himmel mit noch schlimmeren Strafen, falls die Tiere nicht bald Frieden schlössen. Da rief der Löwe eine Generalversammlung aller Tiere ein: »Willkommen, Freunde!« hob er mit königlicher Miene an. »Ich denke, ihr wisst, warum ich euch gebeten habe, hierher zu kommen. Für jene wenigen, die es nicht ahnen, kurz Folgendes: Wir wollen hier und heute darüber beraten, wie wir den Himmel wieder besänftigen können, dass er uns Regen sendet. Bitte, macht Vorschläge, ich bin ganz Ohr!«