Ein Herz für Tiere und für Menschen die Tiere mögen. Adalbert Ludwig Balling
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So blieb dem Löwen nichts anderes übrig, als eine neue Generalversammlung einzuberufen.Während noch die Stimmen ausgezählt wurden, gab es einen gewaltigen Donnerschlag, und alle Anwesenden duckten sich und rannten heimwärts. Bald herrschte Totenstille auf dem Versammlungsplatz, nur der Wind strich leise über die schattigen Bäume und Sträucher.
Das Problem für den Falken begann mit dem Suchen eines passenden Geschenkes für den Himmel – und wie er es nach oben transportieren könnte? Da entdeckte er eine Fledermaus, kopfunter an einem Ast hängen. Wäre sie vielleicht etwas Passendes? Nein! Der Falke erinnerte sich daran, dass Fledermäuse Erzfeindinnen des Himmels sind; darum hingen sie ja beim Schlafen kopfunter, um ja nicht gen Himmel schauen zu müssen. Mit einer Fledermaus würde er also den Himmel wohl kaum versöhnen können.
Nach einiger Zeit erblickte der Falke unten auf der Wiese ein kleines, putziges Lämmchen. Und dieses unschuldige Tier gefiel ihm so sehr, dass er hinunterstieß und mit einem raschen Griff das Tier-Baby an sich riss und sofort wieder in die Lüfte entkam, das zitternde Lämmchen fest zwischen seinen scharfen Krallen.
Der Empfang im Himmel war frostig. Nachdem der Falke ehrfürchtig gegrüßt hatte, nannte er den Zweck seines Kommens und trug die Bitte um Entschuldigung der Tiere des Waldes vor. In ihrem Namen bot er das Lämmchen als Versöhnungsgeschenk an. Der Chef des Himmels schwieg lange und anhaltend, ehe er nach einer schier peinlichen Pause sagte: »Ich danke dir, mein Freund, für deine Worte und für dein Geschenk, aber bevor ich es annehme, musst du mir sagen, was das Mutterschaf gesagt und getan hat, um sein Kind wieder aus deinen Fängen zu befreien.«
Diese Art von Frage hatte der Falke ganz und gar nicht erwartet. – Das Mutterschaf, so begann er stotternd, habe weder etwas gesagt noch getan! – Als der Chef des Himmels das hörte, wurde er unwillig und rief voller Zorn: »Geh! Ich verzichte auf dein Geschenk, das dich nichts gekostet hat. Nähme ich es an, so würden mich zeitlebens die traurigen und vorwurfsvollen Augen des Mutterschafes verfolgen!«
Enttäuscht und niedergeschlagen kehrte der Falke zur Erde zurück und übergab das Lamm wieder seiner Mutter. Entmutigt grübelte er lange nach, suchte nach einer anderen Lösung, und sann gar auf Rache. Am Ende entschloss er sich, dem Himmel ein Hühnerküken zu bringen. Er kreiste über dem Hühnerhof und wartete auf einen günstigen Augenblick. Sobald die Glucke den Raubvogel erblickte, lockte sie ihre Küken zu sich, aber schon zu spät; der Falke hatte bereits eines der erst vor wenigen Tagen Geschlüpften in seinen Krallen. Der verbissene Angriff der Henne blieb ohne Erfolg.
Bei seiner Ankunft über den Wolken bot der Falke seine neue Versöhnungsgabe voller Demutsgesten und Bücklingen dem Chef des Himmels an – und hatte diesmal mehr Glück. Seine Mühen wurden anerkannt, und der Falke trat seinen Heimflug zur Erde an mit dem Versprechen, sobald wie er unten ankomme, werde es regnen. Er hatte seinen Horst noch nicht ganz erreicht, da begann es auch schon in Strömen zu regnen. Später musste er noch an den guten Rat des Himmelskönigs denken: »Wisse, flinker Chef der Lüfte, Erfolg kostet Mühe, setzt Leidensbereitschaft voraus – und: Nimm nie etwas für dich in Anspruch, für das du dich nicht hast plagen müssen!«
(Mythen aus Simbabwe: Adalbert Ludwig Balling, »Sie standen am Ufer der Zeit«, Verlag Mariannhill Würzburg, 1981)
Zur Zeit der großen Hungersnot
Vor langer, langer Zeit, als es noch keine Menschen auf dieser Erde gab, herrschten Frieden, Eintracht und Freundschaft unter allen Tieren. Alle – Vögel, Kriechtiere und Vierfüßler – regierten gemeinsam das Land. Und weil niemand den anderen unterdrückte oder übervorteilte, waren alle zufrieden. Das älteste und weiseste Tier war eine Riesenschlange, eine uralte Python. Niemand kannte ihr genaues Alter; aber ihr waren alle Namen der Tiere, Bäume, Sträucher, Gräser und Früchte sehr geläufig. Sie wusste auch, welche Früchte essbar waren und welche nicht. Ihren mächtigen Körper hatte sie gewöhnlich in vielen Windungen um einen Busch gewickelt. So brauchte sie ihren Stammplatz nur selten zu verlassen, denn sie lebte meistens von den vielen roten und weißen Beeren, die das Jahr über an den buschigen Ästen ihres Wohn-Baumes wuchsen und reiften.
Eines Tagen verursachte eine schreckliche Trockenheit eine landweite Hungersnot. Die Früchte fielen vorzeitig und unreif von den Bäumen, das Gras verdorrte und wurde strohhart. Im gesamten Land gab es nur noch einen Baum, der grüne Blätter trug und köstliche Früchte reifen ließ. Das war der Baum der Pythonschlange. Da sie groß und mächtig war, wagte keines der anderen Tiere, sie darum zu bitten, diese Früchte mit ihnen zu teilen.
Die Hungersnot wurde aber immer schlimmer; es starben viele ältere Leute, aber auch Kinder und Jugendliche sowie viele Tiere. Und die Hungersnot und das Elend breiteten sich noch weiter aus; da beschlossen die Tiere, einen Boten zur großen Schlange zu schicken und sie zu bitten, ihre Früchte mit ihnen zu teilen. Die flinke Ratte wurde zur Botschafterin bestimmt: »Bitte, erlauchte Freundin aller Tiere, gib uns bitte die Erlaubnis, unseren Hunger von deinen Früchten zu stillen, sonst sterben wir allesamt!« Die Schlange hörte freundlich zu, hatte Mitleid und antwortete: »Alle Tiere sind herzlich eingeladen von meinen Früchten zu essen, aber nur, wenn du dir meine Adresse so lange merken kannst, bis du es allen mitgeteilt hast. Dies ist meine Adresse: Mein Heim ist der Qunube-Baum!«
Die flotte Ratte eilte voller Freude zurück zur Versammlung der Tiere, aber, o weh, dort musste sie feststellen, dass sie den Namen des Baumes, wo die Python wohnte, vergessen hatte. Unterwegs hatte sie den Namen mit dem Klicks-Laut mehrmals wiederholt: Qunube, Qunube! Aber jetzt war er weg; sie hatte ihn glatt vergessen. Die Tiere waren darüber sehr erbost und jagten sie davon mit den Worten: »Nur einem Schwachkopf kann das passieren! Hau ab!«
Jetzt entsandten sie die Ziege. Die Python zischte unwillig, als sie hörte, was geschehen war: »Was für Dummköpfe, diese Ratten; Qunube ist der Name meines Baums, hast du verstanden!?« – Die Ziege bedankte sich und eilte davon, immer wieder »Qunube, Qunube« murmelnd. Eine Zeitlang ging alles gut, doch dann erblickte das ausgehungerte Tier ein paar grüne Blätter, lief hin und verzehrte sie. Und schon erging es ihr wie der Ratte; auch sie hatte den Namen des Schlangenbaums vergessen, und wurde ebenfalls von den anderen Tieren ausgeschimpft.
Nun wandten sie sich an ihren König, den Löwen höchstpersönlich: »Großer Herr, bitte, erweise uns diesen Dienst und rette uns vom Hungertod! Dein Hirn ist größer als das aller anderen Tiere …« – Da blieb dem Löwen nichts anderes übrig, und er beeilte sich. Von der Python wurde er königlich begrüßt: »Majestät, Sie höchstpersönlich!? Welche Ehre Sie mir antun!« Während sie noch dem Löwen huldigte, pflückte sie ein paar saftige Früchte von ihrem Baum, sodass dem Löwen das Wasser im Mund zusammenlief. »Qunube, Qunube!« heißt der Baum, zischelte die Schlange mit spöttischem Unterton; »merk dir das!« Beschämt bedankte sich der Löwe und machte sich auf den Heimweg. Schläfrig und müde vom langen Marsch schlummerte er ein, und als er wieder erwachte, konnte auch er sich nicht mehr an den exotischen Namen des Baumes erinnern. Traurig und mit eingezogenem Schwanz schlich er weiter zum Versammlungsort der Tiere. Die brauchten ihn erst gar nicht zu fragen, sie sahen es ihm an, dass auch er den Namen vergessen hatte, doch niemand wagte es, ihn zu tadeln.
Stumm und traurig schauten alle auf den Boden und dachten bei sich: