Die 40 bekanntesten archäologischen und historischen Stätten in Albanien. Wolfram Letzner
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Funde und Befunde
Die riesige Fläche des antiken Apollonia stellt an den Besucher durchaus seine Anforderungen. Die archäologischen Forschungen haben zwar schwerpunktmäßig wichtige Denkmäler ans Tageslicht befördert, doch das eine oder andere liegt etwas abseits und muss erlaufen werden. In der Hitze des Sommers kann das manchmal anstrengend sein.
Topografie
Apollonia gliedert sich in zwei Bereiche. Es handelt sich um eine Oberstadt, die sich zwischen den beiden akropolenartigen Hügeln ausdehnt. Hinzu kommt eine Unterstadt, die sich über 85,4 ha erstreckt. Diese Angabe lässt sich gut anhand des teilweise erhaltenen Mauerrings ermitteln.
Man kann sich leicht vorstellen, dass eine solch große Fläche nicht vollständig ausgegraben werden kann. Jedoch haben geophysikalische Untersuchungen sowohl in der Oberstadt als auch in Teilen der Unterstadt wichtige Informationen zum Stadtplan geliefert. Der Besucher sieht davon fast nichts und ist daher auf seine Vorstellungskraft angewiesen.
Es war wenig überraschend, in der Unterstadt ein rechtwinkliges Straßennetz vorzufinden, in das sich die bislang ausgegrabenen Gebäude gut einpassten. Das Straßennetz der Oberstadt weicht in seiner Ausrichtung von dem der Unterstadt ab, was aber dem Gelände geschuldet ist. Darüber hinaus ließen sich hier keine Querstraßen nachweisen.
Es ist natürlich eine spannende Frage, wie sich die Stadt im Laufe der Zeit entwickelt hat. Darauf können die geophysikalischen Methoden keine Antwort geben und die Spatenforschung hat bislang keine ausreichenden Informationen geliefert. Die Archäologen vermuten aber, die Unterstadt sei im 4. oder 3. Jh. v. Chr. angelegt worden und überlagere eine ältere Bebauung.
Stadtmauern
Ein Indikator, der die Bedeutung der Stadt widerspiegelt, ist die gute Stadtbefestigung. Die ältesten Spuren der Mauer, im Osten der Stadt, deuten auf eine Entstehung im 6. Jh. v. Chr. hin und mögen schon mit einer illyrischen Siedlung in Verbindung gestanden haben.
Ein Ausbau der Befestigungsanlagen fällt in das 4. Jh. v. Chr., im 3. Jh. n. Chr. wurden sie nochmals erneuert. Die zweischalige Mauer aus Kalksteinblöcken war 4 km lang und 3 m dick. Ergänzt wurde sie durch Türme, von denen sich eindrucksvolle Rundtürme mit einem Durchmesser von 16,5 m an der Westseite erhalten haben.
Die zwei wichtigsten Tore, im Osten und Süden gelegen, waren mit flankierenden Türmen versehen. Darüber hinaus konnten die Archäologen weitere Toranlagen identifizieren.
Die Baumaßnahmen an der Befestigung lassen sich in die Zeit der Römischen Republik datieren. Nordöstlich des Marien-Klosters stießen die Forscher auf eine entsprechende Mauer aus Ziegelsteinen, die auf älteren Bauresten ruhte.
Die Akropolen
Viele antike Städte verfügten über eine Akropolis. Oft war sie der Ursprung der Stadt, letzter Rückzugspunkt im Kriegsfall und kultisches Zentrum. In Apollonia konnten die Archäologen gleich zwei entdecken, die aber bislang nur unzureichend erforscht sind. Nördlich des monumental ausgebauten Zentrums erhebt sich der Hügel, der die ursprüngliche Akropolis trägt. Soweit es sich bislang sagen lässt, standen hier in römischer Zeit gewerbliche Gebäude, die dem Steinraub des Mittelalters zum Opfer fielen.
Eine kleinere, etwa 1,3 ha große Akropolis liegt östlich des Zentrums. Hier konnte ein Tempel ausgegraben werden, der entweder Apollo oder Artemis geweiht war. Datiert wird er in die spätantike Zeit.
Bouleuterion (Abb. 10)
Schlägt man heute ein Buch über Apollonia auf oder liest einen Zeitschriftenartikel, so ist darin fast immer das im 2. Jh. n. Chr. entstandene Bouleuterion abgebildet. Aufgrund einer Inschrift wird es auch Agonothetendenkmal genannt. Der Begriff Agonothet bezeichnet einen Beamten, dessen Aufgabe es war, verschiedene Wettbewerbe auszurichten und zu überwachen.
Das antike Rathaus wurde in den Jahren 1926 / 1927 ausgegraben, aber bis zur Restaurierung sollte es noch 50 Jahre dauern. Das Gebäude zeigt eine reich dekorierte Fassade. Sechs korinthische Säulen tragen das Gebälk und den Giebel. Der Innenraum verfügte über eine Art Orchestra und eine Cavea: Hier tagte der Rat, hier wurde über das Schicksal Apollonias entschieden.
Aufgrund einer Inschrift auf dem Architrav wissen wir, wer diesen aufwendigen Bau errichtet hat. Es handelt sich um einen Quintos Villios Krispinos Phourios Proklos, ein guter römischer Name in griechischer Transkription. Die Inschrift nennt den Anlass für diese Stiftung. Proklos errichte sie zum Gedenken an seinen im Krieg gefallenen Bruder. Um diese großzügige Maßnahme publikumswirksam zu verkaufen, ließ er laut Inschrift zur Einweihung noch 50 Gladiatoren antreten. Man kann sich durchaus vorstellen, dass diese Kämpfe im umgebauten Theater stattfanden.
Abb. 10 Apollonia. Das Bouleuterion ist das Wahrzeichen der Stadt.
Bogenmonument
Vor dem Bouleuterion findet der Besucher die Reste von vier Pfeilern aus Ziegelsteinen. Dabei handelt es sich um die letzten Spuren eines großen Bogenmonumentes, das an einer Straßenkreuzung stand. Es war etwa 14 m breit und 10 m hoch sowie ursprünglich mit Marmor verkleidet. Datiert wird das Monument in das 2. Jh. n. Chr. und wird in der Literatur gerne als Triumphbogen bezeichnet.
Prytaneion
Ein wichtiges Gebäude in einer griechisch geprägten Stadt ist das Prytaneion. Dieses diente – will man sich moderner Terminologie bedienen – als Verwaltungssitz der Stadt. Das Prytaneion, hinter dem Bouleuterion gelegen, wurde schon 1960 ausgegraben. Die Fassade war mit Säulen korinthischer Ordnung geschmückt. Bei den Ausgrabungen kamen elf Statuen ans Tageslicht, die alle dem 2. und 3. Jh. n. Chr. zugewiesen werden konnten.
Das Odeon
Gegenüber dem Bouleuterion, also an der Nordseite der Agora, liegt das Odeon (Abb. 11). Es lehnt sich an den Akropolishügel an, sodass keine aufwendigen Substruktionen errichtet werden mussten. Als Baumaterial nutzte man Ziegel, die aber in der Antike nicht zu sehen waren. Die Fassade war mit weißem Putz versehen und im Inneren des Gebäudes die Wände mit farbigem Marmor verkleidet. Mit seinen 16 Sitzreihen bot der steil ansteigende Zuschauerraum Platz für etwa 300 Personen. Das Gebäude wurde multifunktional genutzt und übernahm auch Anforderungen, die bis dahin im Theater stattgefunden hatten.
Im Zusammenhang mit dem Odeon ist auch ein kleines Heiligtum zu erwähnen, dass sich nach Westen hin anschloss. Man kann sich also fragen, ob das Odeon auch kultisch genutzt wurde.
Die Bibliothek
Etwas unscheinbar liegen im Ruinengelände rechts vom Odeon oder Bouleuterion