Die 40 bekanntesten archäologischen und historischen Stätten in Albanien. Wolfram Letzner
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Historischer Überblick
Amantia ist eine Höhensiedlung, die auf einem etwa 20 ha großen, felsigen Plateau liegt. Ihren Anfang nahm die Stadt in einer vorstädtischen Siedlung, die Hekataios von Milet jedoch nicht erwähnt.
Aufgrund der archäologischen Befunde lässt sich aber erkennen, dass die Entwicklung zur Stadt ab der Mitte des 5. Jhs. v. Chr. stattfand. Dabei war der Ort das Zentrum des Stammes der Amantier. Im Jahr 230 v. Chr. wurde die Stadt Mitglied des epirotischen Bundes.
Der Ort blieb bis 168 v. Chr. frei, geriet dann aber unter römische Kontrolle und wurde Teil der Provinz Macedonia. Im Jahr 67 n. Chr. wurde Amantia schließlich der neuen Provinz Epirus Nova zugeordnet. Über die innere Geschichte der Stadt während der Kaiserzeit ist sehr wenig bekannt. Hatte sie über Jahrhunderte hinweg gut vom Handel profitiert, so scheint mit der Anlage und zunehmenden Bedeutung der Via Egnatia eine Stagnation eingesetzt zu haben. Als Widerspruch dazu lässt sich aber eine Inschrift anführen, die den Bau eines Speichers durch einen P. Pomponius Aelianus im 2. Jh. n. Chr. belegt. Auch über diesen Zeitraum hinaus besaß Amantia einige Bedeutung, denn für das Jahr 344 n. Chr. wird es als Bischofssitz aufgeführt.
Im 6. Jh. erwähnt der sonst weitgehend unbekannte oströmische Geograf und Grammatiker Hierokles den Ort als eine der neun Städte der Provinz Epirus Nova. Auch Prokop, der eine Neubefestigung durch Justinian erwähnt, folgt dieser Bewertung.
In späterer Zeit wurde die Stadt vollständig aufgelassen. Der Bischofssitz wurde nach Glavinica verlegt. Noch heute gibt es dort ein Titularbistum der römisch-katholischen Kirche; darunter versteht man ein Bistum, das real nicht mehr existiert, der Bischofsstuhl aber besetzt ist.
Forschungsgeschichte
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Amantia lässt sich wohl grundsätzlich unter zwei Aspekten betrachten. Zwar rückte das Titularbistum schon im 18. Jh. in das Blickfeld der Forschung, doch fanden archäologische Untersuchungen in größerem Umfang erst ab den 1960er-Jahren statt.
Funde und Befunde
Das abgelegene Amantia bietet eine Reihe von eindrucksvollen archäologischen Denkmälern, in denen sich die unterschiedlichsten Bereiche antiken Lebens widerspiegeln.
Die Stadtbefestigung
Die Mauer ist für den Besucher sicherlich eines der spektakulärsten Denkmäler der Stadt. Mit einer Länge von 2.100 m umschließt sie das Plateau. Verstärkt wurde sie durch mehrere Bastionen; drei Tore erlaubten den Zugang.
Die Archäologen konnten bislang feststellen, dass die Befestigung ursprünglich im 5. Jh. v. Chr. aus polygonalem Mauerwerk errichtet wurde. Aber bereits um die Mitte des 4. Jhs. v. Chr. war es nötig geworden, sie teilweise zu erneuern. Dabei wurden die Tore stärker abgesichert, indem man Türme aufsetzte. An der Ostseite steht die Mauer noch mit einer Höhe von 3 m an. Dort finden sich auch Reparaturen mit Ziegeln und kleineren Steinblöcken; diese Arbeiten lassen sich mit den Instandsetzungsarbeiten in der Regierungszeit Justinians in Verbindungen bringen.
Innenbebauung
Innerhalb der Mauern lassen sich heute Spuren von Wohnbebauung erkennen. Dabei handelt es sich um Felsabarbeitungen, auf denen die Häuser errichtet wurden. Die Archäologen gehen aufgrund dieser Beobachtungen davon aus, dass sich das Stadtbild über sehr lange Zeit an epirotisch-illyrische Formen gehalten habe.
Weitere Wohnbebauung scheint es an der Nordostseite des Hügels gegeben zu haben. Neben Oberflächenfunden von Ziegeln und Steinen sind es vor allem die Wetterverhältnisse, die dafür sprechen; die Fläche ist vor starken Südwestwinden geschützt.
Das Stadion – die besterhaltene Anlage ihrer Art in Albanien
Außerhalb des Mauerrings, nach Süden hin, erhebt sich das gut erhaltene, in den 1950er-Jahren ausgegrabene Stadion der Stadt. Hier fanden sportliche Wettbewerbe zu den wesentlichen religiösen und politischen Festen statt. Es wurde um 300 v. Chr. errichtet, wie die Archäologen den hier gefundenen Inschriften entnehmen konnten. Seine Nutzung endete nach 600 Jahren im 3. Jh. n. Chr.
Die imposante Sportstätte besaß eine rund 190 m lange und ca. 13 m breite Laufbahn. Die Anlage bot Platz für etwa 4.000 Zuschauer.
Von den Zuschauerrängen haben sich im Westen noch 17 Sitzreihen erhalten und im Osten acht. Interessanterweise lassen sich noch heute an verschiedenen Stellen eingeritzte Namen lesen, die auf die Platzinhaber schließen lassen.
Der Tempel der Aphrodite
Unterhalb der südlichen Stadtmauern konnten albanische Archäologen auf einer Terrasse die Reste eines Tempels freigelegen. Dass es sich hier um den Tempel der Aphrodite handelte, legt eine Inschrift nahe. Sie nennt nämlich einen Memnon, der den Tempel der Aphrodite auf eigene Kosten restaurieren ließ.
Auch wenn im Gelände nur noch der Unterbau zu sehen ist, handelte es sich um ein wichtiges Bauwerk, weil dieses einer der wenigen rein griechischen Tempel in Albanien war (Abb. 6).
Abb. 6 Amantia. Der Tempel der Aphrodite und die christliche Basilika.
Auf dem dreistufigen Unterbau erhob sich der etwa 17 m lange und 6,7 m breite Tempel. An beiden Schmalseiten standen jeweils vier Säulen. Zu beiden Seiten bildete der Tempel Anten aus, die an der Ostseite mit zwei eingestellten Säulen den Pronaos bildeten, während im Opisthodom an der Südseite die eingestellten Säulen fehlten. Vom Pronaos aus gelangte man in den eigentlichen Kultraum. Dieser war mit zwei Säulenreihen zu je vier Säulen gegliedert. Bei den Ausgrabungen wurden zudem Bruchstücke der Giebelskulpturen gefunden.
Tempel / Basilika
Unmittelbar östlich des Aphrodite-Tempels befand sich ein weiterer Tempel, der jedoch später in eine frühchristliche Basilika aufging. Bei dieser handelte es sich um einen quadratischen Innenraum, der im Osten um eine Apsis erweitert war. Der Zugang erfolgte über einen im Westen vorgelegten Narthex, der im Norden und Süden um kleine Kapellen erweitert worden war. Von der Innenausstattung sind Reste des Altars und des Bemas erhalten.
Literatur
O. J. Gilkes, Albania (2013) S. 25−31 Abb. 5−8; P. Kracht, Illyrische Höhen, griechischer Luxus und römische Theater, AW 41 / 3 (2010) 58; P. R. Franke, Albanien im Altertum, in: P. R. Franke, Albanien im Altertum (1983) S. 17−19 Abb. 24−29.
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