Malefizkrott. Christine Lehmann

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Malefizkrott - Christine Lehmann

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in einen Sessel plumpsen.

      »Darf ich Ihnen was anbieten?«, erkundigte sich der Hausherr. »Kaffee? Tee? Wasser?«

      »Einen Kukicha«, antwortete ich. »Wenn Sie haben.«

      »Ich fürchte, ich weiß nicht einmal, was das ist.«

      »Japanischer Grüntee. Aber ein vietnamesischer Soui Bu Mu Tan tut’s auch.«

      Michel lachte ratlos.

      »Dann nichts, danke.«

      »Ein Wasser?«

      »Pappo, chill out! Hock di na!«, befahl Lola. Und an mich gewandt: »Sie sollen also auf mich aufpassen. Wie läuft das? Stehen Sie hinter mir mit Sonnenbrille, damit man Ihre Augen nicht sehen kann?«

      »Warum sollte ich?«

      »Meine Tochter hat Drohungen erhalten.«

      Aus einer Schrankschublade zog Michel einen Ordner und setzte sich mir gegenüber. Der Ordner enthielt einen Vorrat Klarsichthüllen. In einigen steckten bereits Zeitungsausschnitte und Internetausdrucke. Offensichtlich war Pappo entschlossen zu dokumentieren, woran seine Tochter sich später einmal erinnern sollte. Er zog drei Blätter aus einer Hülle und breitete sie auf dem Glastisch aus.

      Ich löste den Beinüberschlag, um mich vorbeugen zu können, und donnerte erneut mit dem Schuh gegen die Tischplatte.

      Es waren fünf E-Mail-Ausdrucke mit Absendernamen wie Ann Onym, Kurt Zeller und Colly A. House. Im Textfeld stand je ein Satz ohne Komma. »Der Tot wird dich bekleiden Schlampe«, lautete der erste.

      »Vermutlich meint er ›begleiten‹, typischer Fehler unserer bildungsfernen Jugend«, bemerkte Michel. »Und Tod ist auch falsch geschrieben.«

      »Bücher brennen hell Luder« lautete der nächste, und der dritte: »Der Tot wartet auf dich Buchhasser.«

      Diese beiden gab es in doppelter Ausfertigung, nur von jeweils anderen Absendern: Nemo Celsior und Fritz Wuehlmaus.

      »Natürlich Tarnadressen!«, erklärte Michel Schrader.

      »Wahrscheins nur ein Scherz«, sagte Lola. Ich entdeckte keinerlei Angst in ihrem Blick.

      »Klingt auch eher nach Penisknochenbruch«, bemerkte ich.

      »Wie bitte?«, fragte Michel.

      »Nach einem Dauererektor, der sich an Mädchen in Angst aufgeilt«, erklärte ich. Die Sache mit den brennenden Büchern gefiel mir allerdings gar nicht. »Hat er schon angerufen?«

      Vater und Tochter schüttelten die Köpfe.

      »Sollte er dazu übergehen, dann legen Sie sich eine Trillerpfeife neben’s Telefon. Das bläst ihm das Trommelfell raus. Aber trillern Sie erst, wenn Sie sicher sind, dass es nicht Tante Erna ist, die erst mal zu Atem kommen muss, bevor sie sich meldet.«

      Lola gluckste.

      »Grammatisch und semantisch sind es eindeutig Drohungen«, bemerkte Michel Schrader streng.

      Wir starrten uns an. Wenn sich zwei Männer gegenübersitzen, ist Kommunikation kinderleicht. Man macht eine breite Brust, zeigt die Waffen, man kreuzt sie, einer gewinnt, dann ist alles klar und flutscht, bis zum nächsten Gefecht. Das gewinnt dann auch mal der andere. Michel besaß eindeutig die Bildung.

      »Warum sollte jemand Ihrer Tochter drohen?«, fragte ich.

      »Neider gibt es überall.«

      »Und worauf sind sie neidisch? Auf das Buch?«

      »Kann ich mir auch nicht vorstellen!«, sagte Lola, schnell bereit, sich zu unterwerfen. »In meiner Klasse interessiert das null.«

      »Bei Wittwer liegt es inzwischen in Stapeln herum!«, trumpfte Michel auf.

      »Ach, kontrollieren Sie das?«

      »Kontrolle wäre das falsche Wort. Es interessiert mich.«

      Ich stellte mir vor, wie der filigrane Mann mit gegen den Wind gestelltem Haar Buchhandlungen stürmte. Wenn er sein Töchterchen nicht fand, nahm er sich die Buchhändlerin zur Brust. Haben Sie die Schrader? Ganz neu auf dem Markt. Malefizkrott. Nicht? Lesen Sie keine Zeitung? Was für ein unternehmerisches Konzept haben Sie eigentlich? Die Buchhändlerlizenz im Lotto gewonnen? Da kann ich mir künftig den Weg zu Ihnen ja sparen und gleich bei Amazon bestellen. Und die Buchhändlerin fing an zu schwitzen. Ich kann es Ihnen bis morgen bestellen. Das aber konnte Schrader nicht akzeptieren, dann hätte er seinen Namen nennen müssen. Schrader. Ach, sind Sie der Ehemann? Nein, der Vater. Was ’n Stress! Erst mit dem Schreiben, dann mit dem Bibbern und Beten, dass es ein Erfolg wird und die Charts stürmt. Und wenn nicht? Kann man dann noch in den Spiegel gucken? Schämt man sich?

      »Und bei Amazon«, setzte der Vater hinzu, »steht es auf dem Verkaufsrang dreißigtausend! Falls Ihnen das was sagt!«

      Ich kannte einen, der versucht hatte, den Verkaufsrang-Algorithmus von Amazon zu hacken. Immerhin wusste ich, dass sich bei dem Rang, wenn er so blieb, insgesamt vielleicht zweitausend Bücher im Jahr verkaufen würden. Nicht eben viele für das gierige Glitzern in den Augen des Vaters.

      »Wie hoch ist denn die gedruckte Auflage?«

      Michel Schrader lächelte verkniffen. »Yggdrasil ist ein kleiner Verlag. Und ein Debütroman ist immer ein Risiko.«

      Ich lachte. »Hunderttausend?«

      »Um Gottes willen! Zehntausend«, antwortete er mit entschlossener Lügenmiene. »Das kommt Ihnen vielleicht wenig vor. Die meisten Leute denken immer gleich an Bestseller, wenn sie hören, dass man ein Buch geschrieben hat. Und sie meinen, Gott was man damit verdient.«

      Also dreitausend, dachte ich.

      »Aber was nicht ist, kann ja noch werden.«

      »Pappo!«, seufzte Lola. »Du weißt doch, ich denke nicht an Cash.« Sie machte ein Ehrlichkeitsgesicht. »Das geht mir voll am Fiedel vorbei.«

      Super Stilmix: Schwäbisch – Fiedel heißt Arsch – gemischt mit Anglizismen. In diesem Punkt war das Buch zumindest authentisch, nach dem, was ich am Donnerstag gehört hatte.

      »Gut«, sagte ich. »Gehen wir also vom maßlosen Neid eines grenzenlos Unwissenden aus. Fällt Ihnen da jemand ein?«

      Pappo und Tochter schüttelten so wild die Köpfe, als glaubten sie grundsätzlich an das Gute im Menschen.

      »So unbekannt wie Sie als Autorin sind«, bemerkte ich roh, aber höflich, »muss man wohl von einem Täter im direkten Umfeld ausgehen. Ein Schulkamerad, der Nachbar, der Sie eh schon ständig stalkt.«

      Lola machte schmale Schultern und warf einen Blick zum Fenster hinaus auf die Straße. Gegenüber eine Hecke, ein Rasen, ein Mehrfamilienhaus mit Fenstern.

      Michel Schrader schüttelte den Kopf. »So einfach ist das, fürchte ich, nicht. Wir hatten … vielmehr meine Tochter hatte eine Lesung letzte Woche bei Ursprung, falls Ihnen

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