Malefizkrott. Christine Lehmann
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»Und zwar an dem Abend«, fuhr Michel blind fort, »als wir dort waren. Wir sind mit nur knapper Not hinausgekommen. Und bei der Lesung war niemand, den wir kannten, außer Nino. Das ist ein Schulfreund von Lola, und den kennen wir seit Jahren.«
»Einen Nino kennt man nie, Herr Schrader. Heute der nette Bub, morgen ein Amokläufer!«
»Dazu fehlt dem Jungen die Courage«, stellte Michel Schrader fest. Einfach so. Lola duckte sich kaum merklich.
»Außerdem«, bekräftigte Michel, »saß Nino die ganze Zeit unten bei uns, während das Feuer oben im Laden ausbrach. Später hat es geheißen, jemand sei von außen in den Laden gekommen und habe das Feuer gelegt.«
»Und Sie meinen, es habe Ihrer Tochter gegolten?«
»Ich weiß es nicht. Die Zeitungen haben natürlich nur über Durs Ursprung und über den Laden berichtet. Kein Wort über Lola und uns. Immerhin waren wir auch beeinträchtigt, hatten einen Schaden. Ich habe dem Stuttgarter Anzeiger schon eine Mail geschrieben deswegen.«
Lola hörte kaum noch mit. Ihr Blick klebte an mir wie eine Schnecke auf Salat und kroch langsam auf seiner Schleimpur über meine Wange, die Nasenfurche entlang, über meine Stirn. Ihr Mund lächelte versonnen zwischen den Grübchen.
»Jedenfalls«, fuhr Michel Schrader unterdessen fort, »hat Lola nächste Woche Donnerstag wieder eine Lesung. Und ich würde mich einfach wohler fühlen, wenn jemand dabei wäre, jemand wie Sie.«
Ich lehnte mich zurück. »Klingt, als wollten Sie mich als Bodyguard engagieren.«
»Je nun …«
»Wie kommen Sie auf die Idee, dass ich so was mache?«
»Wie gesagt, Sie sind mir empfohlen worden … Von einem Bekannten.«
»Den ich ja auch kennen müsste.«
»Ich muss gestehen, ich weiß seinen Namen nicht mehr. Ich habe ihn in einem … äh … Restaurant getroffen. Wir kennen uns von früher. Da kann man schlecht nach dem Namen fragen.«
Ich skizzierte kurz mit meinem Fettfinger ein
auf die Glasplatte. Der ausgemergelte Hochschullehrer guckte schneller weg, als er hinschaute. Wenn so einer das Emblem für SM kannte, das auf die Geschichte der O 7 zurückgeht, deutete das nicht unbedingt auf eine gute Schulbildung hin.»Jedenfalls, man sagte mir, Sie machen so was.«
Philip Marlowe hätte jetzt die Rede knallhart aufs Geld gebracht. »Sie erwarten aber nicht, dass ich Ihnen garantiere, dass Ihrer Tochter nichts zustößt«, sagte Lisa Nerz stattdessen.
Und Michel Schrader witterte sofort Chefluft: »Trauen Sie sich die Aufgabe nicht zu?«
Ich lachte ihn als Herr Nerz an. »Ich übernehme keine Aufgaben. Ich spiele nur.«
Sein Blick verengte sich. »Was verlangen Sie?«
Ich erinnerte mich, dass Philip Marlowes Honorarforderungen mir stets horrend vorgekommen waren. »Fünfhundert Euro pro Stunde plus Mehrwertsteuer und Spesen.«
Jetzt lachte Michel Schrader. »Was glauben Sie, was ich als Lehrer verdiene?«
»Sie sind Hochschulprofessor.«
»Das macht keinen nennenswerten Unterschied.«
Ich ließ meinen Blick wortlos durchs Zimmer schweifen. Lola blickte sich ebenfalls um und machte ein Gesicht, als wollte sie sagen: Du bist so was von peinlich, Pappo.
»Haben Sie denn so was überhaupt schon mal gemacht, Herr Nerz.«
Ich nahm meinen Trenchcoat und erhob mich, diesmal ohne gegen die Tischplatte zu treten. »Überlegen Sie es sich, Herr Schrader. Ich muss jetzt los. Wenn Ihnen die Drohbriefe ernsthaft Sorgen machen, dann gehen Sie zur Polizei. Die Internetfreaks vom LKA können ganz schnell rausfinden, wo sie herkommen.«
»Und wenn es nur ein Scherz ist?«
»Auch Scherze dieser Art haben strafrechtliche Konsequenzen. Falls Sie sich von der Polizei nicht ernstgenommen fühlen, dann empfehle ich Ihnen einen professionellen Personenschutz.«
Michels verhärmtes Gesicht bekam Geizpickel. »Bitte, Herr Nerz. Vielleicht sind das alles nur Hirngespinste eines Vaters, der Schwierigkeiten hat, seine Tochter in die Welt zu entlassen. Man macht sich halt Sorgen. Meine Frau ist Schauspielerin … Marlies Schrader … Haben Sie sicher schon im Fernsehen gesehen. Je nun … In ihrer Branche geht man davon aus, dass Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, ein siebzigprozentiges Risiko haben, einmal im Leben Opfer eines Stalkers zu werden. Ich werde nicht bei allen Lesungen dabei sein können. Abgesehen davon, das Lola ihren Papa nicht ständig dabeihaben will. Und ich bin auch nicht gerade …« Er lächelte schief. Und dann kam die komplette Unterwerfung. »Ich bin kein Karatekämpfer. Ich war schon immer ein Stubenhocker. Ich lese lieber. Ich wäre meiner Tochter wahrlich kein guter Schutz. Ich möchte, dass jemand dabei ist, der … der … nun ja …«
»Ein Samurai?«
Der Vater lächelte. »Wenn Sie das so nennen wollen.«
»Aber das kostet halt.«
»Dann mache ich Ihnen einen Vorschlag. Für diese Lesungen bekommen wir ja auch was. Viel ist es zwar nicht … Ursprung wollte 200 bezahlen. Allerdings gesehen haben wir das Geld noch nicht.«
»Okay«, sagte ich. »Dann kriege ich jeweils achtzig Prozent des Honorars für die Lesung. Plus Fahrtkosten.«
»Ohaaa!«, entfuhr es Lola. Sie dehnte den Vokal schmerzvoll.
»Tja«, sagte ich mit altersweisem Augenaufschlag, »Sie haben die Geschäftswelt betreten. Da gibt es nichts mehr umsonst.«
»Geld, Geld, Geld! Alle wollen abfassen. Will ich die Hausis abschreiben, fragt der, was krieg ich dafür? Ich finde das voll trist.«
Siebzehnjährige und Geld. Das ganz große Geld mochte Lola noch am Fiedel vorbeigehen, aber 200 Euro konnte sie umrechnen in Jeans, Shirts, Schuhe und Motorroller.
»Sie sind sowieso noch nicht geschäftsfähig«, bemerkte ich.
Lola ließ sich in den Sessel zurückfallen und zog sich in sich zurück.
»Einverstanden«, sagte Michel Schrader. »Dann machen wir das so.« Er zog ein Blatt aus den Klarsichthüllen in seinem Ordner. »Ich habe da schon mal einen Vertrag vorbereitet. Sie verpflichten sich …«
Ich lachte nur. »Kommen Sie mal runter!«
»Ich dachte, damit Sie was in der Hand haben.« Seine Mimik wurde pfiffig. »Falls ich nicht zahle.«
»Sie zahlen!« Ich griff mir ins Jackett und zog einen USB-Speicher hervor. »Und hier möchte ich jetzt die Drohbriefe draufhaben.«
»Wozu?«
»Um