Jahrbuch der Baumpflege 2019. Группа авторов
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2.5 Beschreibung des Wurzelbereichs eines Baumes
Als eine Folge der zuvor beschriebenen Einflüsse konzentrieren sich das Wachstum von Wurzeln und die Entwicklung von Wurzelsystemen am Stadtstandort noch stärker auf oberflächennahe Bodenbereiche als es am Naturstandort bereits der Fall ist, so dass sich meist der Großteil aller Wurzeln eines Baumes in den oberen Bodenhorizonten befindet (RANDRUP et al. 2001). Dennoch können einzelne Wurzelstränge auch Wuchstiefen von 1,5 m oder mehr erreichen, wenn es die Bodenverhältnisse zulassen.
Die häufig zitierte Daumenregel, dass die Ausdehnung der Kronentraufe der horizontalen Wurzelausbreitung entspricht, hat bereits am Naturstandort nur selten und am Stadtstandort nie einen Bezug zur realen Situation. Aufgrund der hier vor allem oberflächennah ausgebildeten Wurzeln kann die Entfernung sämtlicher außerhalb der Kronentraufe liegenden Wurzeln mitunter den Verlust des halben Wurzelsystems eines Baumes bedeuten. Daher ist der von Störungen freizuhaltende Wurzelbereich eines Baumes als die unter dem Schirm der Krone liegende Fläche zuzüglich 1,5 m zu allen Seiten festgelegt. Bei schmalkronigen Arten oder Sorten sind es sogar 5 m zu allen Seiten (FGSV 1999; DIN 2014). Der Wurzelbereich ist Teil des Wurzelraumes, zu dem der Boden als untrennbare Komponente gehört. Wie zuvor dargelegt, bedeutet eine Einflussnahme auf den Boden stets auch die Einflussnahme auf die hier vorkommenden Wurzeln und damit auf einen hier wachsenden Baum (Abbildung 3).
3 Die Auswirkungen von Eingriffen im Wurzelraum
Neben der Beeinflussung des Wurzelraumes durch Veränderungen des Bodens werden Wurzeln im Zuge von Tiefbaumaßnahmen regelmäßig auch direkt geschädigt. Hierzu zählen kontrollierte Eingriffe, wie sie z. B. zur Herstellung von Wurzelvorhängen im Vorfeld von Bautätigkeiten notwendig sind. Sorge bereiten vor allem unkontrollierte Eingriffe, da diese den betroffenen Baum unmittelbar oder mittelbar negativ beeinflussen (POMMNITZ 2016). Wenngleich solche Beschädigungen im Laufe der Zeit und unter entsprechend guten Bedingungen kompensiert werden können, bleiben sie niemals ohne Auswirkungen auf einen Baum.
Abbildung 3: Die Zufahrt zu dieser Baustelle liegt im unmittelbaren Schutzbereich dieser Baumgruppe. Die dort ersichtlichen Pfützenbildungen bilden die durch den Verkehr verursachte, die Bäume schädigende Verdichtung des Wurzelbereichs an der Oberfläche ab.
3.1 Wundreaktionen von Wurzeln
Da das CODIT-Prinzip1 für alle verholzenden Baumteile gilt, gleichen die Wundreaktionen von Wurzeln im Wesentlichen den Wundreaktionen, die an Zweigen, Ästen und Stämmen zu beobachten sind. Im Unterschied zu den oberirdischen Baumteilen besitzen Wurzeln jedoch zumeist einen höheren Anteil an parenchymatischen, d. h. lebenden und damit aktiv reaktionsfähigen Zellen. Hierdurch können Wundreaktionen effizienter ablaufen, wenn die Umgebungsbedingungen es erlauben (vgl. Abbildung 4). Daher kommt nicht nur dem vorsorgenden, sondern auch dem nachsorgenden Wurzelschutz große Bedeutung zu.
Abbildung 4: Glatt durchtrennt und versiegelt können Wurzeln in Abhängigkeit von den umgebenden Bodenbedingungen ausgesprochen gut regenerieren. Dabei sind jüngere Wurzeln effektiver als ältere Wurzeln.
3.2 Verletzung von Wurzeln
Trotz aller Bestrebungen, Baumwurzeln zu schützen, werden diese regelmäßig beschädigt oder müssen aufgrund fehlender Alternativen entfernt werden. Hinsichtlich der Ursachen von Wurzelverletzungen ist daher zwischen zielgerichteten, fachlich korrekt ausgeführten Eingriffen und unsachgemäßen Eingriffen zu unterscheiden, die beispielsweise infolge eines unbedarften Einsatzes von Maschinen entstehen.
Zielgerichtete Eingriffe als Teil baumpflegerischer Maßnahmen haben stets zum Ziel, das Ausmaß unvermeidbarer Schäden zu minimieren. Da die Möglichkeiten für Korrekturen der Folgen unsachgemäßer Eingriffe bzw. die Eindämmung der dadurch zukünftig entstehenden Schäden begrenzt sind, muss der Fokus einer jeden Tiefbaumaßnahme in Baumnähe auf dem Erhalt von vorhandenen Wurzeln liegen.
3.3 Ersticken von Wurzeln/Beeinflussung des Gashaushaltes
Der Schutz von Wurzeln kann als Maßnahme einzeln behandelt, jedoch nicht losgelöst vom Schutz des Wurzelraumes gesehen werden. So schädigt beispielsweise das Befahren des Wurzelbereiches mit Maschinen die hier vorkommenden Wurzeln nicht viel weniger als unmittelbare mechanische Beschädigungen. Allerdings treten die zunächst nicht direkt erkennbaren Effekte dabei zeitverzögert auf, mitunter erst nach mehreren Vegetationsperioden (STOBBE & KOWOL 2005). Mit Blick auf die Beeinflussung von Wurzeln ist bei der Herstellung von Leitungsgräben daher auch ein Augenmerk auf das Verfüllen und Verdichten des Grabens sowie die anschließende Herstellung der Wegedecke zu legen.
Bäume sind mit ihren Wurzeln an die vorherrschenden Bedingungen angepasst, so dass auch an gestörten und vergleichsweise lebensfeindlichen Standorten darauf geachtet werden muss, dass sich die Umgebungsbedingungen nicht zu einem weiteren Nachteil für den Baum verändern. Veränderungen in Form von Abgrabungen (Bodenabtrag), Überfüllungen (Bodenauftrag), Überverdichtungen und Versiegelungen sind in jedem Fall zu vermeiden.
3.4 Grundwasserbeeinflussung/ Baumaßnahmen mit Wasserhaltung
Die Anpassung von Bäumen an ihren Standort betrifft auch ihren Wasserhaushalt. Sind Bäume von Baumaßnahmen mit Wasserhaltung betroffen, stellt dies eine besondere Herausforderung dar. Hierbei ist nicht nur auf den Erhalt der Wurzeln zu achten, sondern auch darauf, dass diese mit einer veränderten Wasserzufuhr bzw. dem Entzug von Wasser konfrontiert werden. Sind Wurzelsysteme einmal an einem Standort mit den dort vorherrschenden Bedingungen etabliert, können abrupte und/oder länger anhaltende Veränderungen den Niedergang eines Baumes nach sich ziehen – obwohl diesem keine einzige Wurzel entnommen wurde.
Insbesondere die Wurzelsysteme älterer Bäume besitzen keine ausreichende Plastizität, um sich grundlegend neuen Bedingungen anzupassen. Einmal trockengefallene Wurzeln sterben unweigerlich ab und können nicht mehr reaktiviert werden. Jüngere Bäume haben ein größeres Potenzial, um sich auf solche Veränderungen einzustellen. Unabhängig vom Alter führen Grundwasseranstiege in aller Regel jedoch vergleichsweise rasch zu einem Absterben betroffener Bäume, da das Wasser die Bodenluft verdrängt und die Wurzeln daraufhin wegen des Luftmangels bald ersticken und degenerieren.