Jahrbuch der Baumpflege 2019. Группа авторов

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gelangt das im Boden verfügbare Wasser mit den darin gelösten Nährstoffen in den Baum. In den Wurzeln entstehen Phytohormone, und photosynthetisch hergestellte Reservestoffe werden in großen Mengen in ihnen gespeichert. Da Wurzeln verschiedene Entwicklungsstadien durchlaufen, treten sie in unterschiedlichen Erscheinungsformen auf, und auch die Wurzelsysteme von Bäumen sehen bereits nach wenigen Standjahren nicht mehr so aus wie zum Zeitpunkt der Pflanzung.

       2.2 Die Aufgabenteilung innerhalb eines Wurzelsystems

       Die Wurzelspitze/Wurzelhaube(Kalyptra)

      Jede Wurzel besitzt an ihrer Spitze ein teilungsaktives Zentrum. Die hier ständig neu gebildeten Zellen bilden in Richtung des Wurzelursprungs den eigentlichen Wurzelkörper und in Richtung der Wurzelspitze eine Haube. Nur im Bereich der Spitze entscheidet sich, welche Richtung eine Wurzel einschlägt, wobei der Wurzelhaube eine besondere Bedeutung zukommt (IIJIMA et al. 2008). Die neu gebildeten Zellen strecken sich ebenfalls nur in der Nähe der Spitze, und nur hier wächst eine Wurzel dadurch in die Länge. Das Abtrennen einer Wurzelspitze wird zumeist innerhalb kurzer Zeit durch die Ausbildung von Seitenwurzeln hinter der Schnittstelle kompensiert (STRECKENBACH & SCHRÖDER 2012).

       Die Wurzelhaare/Mykorrhizen

      Hinter der Streckungszone stülpen sich einige der äußersten Zellen der jungen Abschlussgewebe schlauchartig aus und bilden hierdurch die sogenannten Wurzelhaare. Ihre Zellwände sind durchlässig für Wasser und die darin gelösten Nährstoffe. Wurzelhaare stehen in sehr engem Kontakt zu den feinsten Bodenteilchen, was zur Verankerung der Pflanze und zur Aufnahme von Nährstoffen an der Oberfläche der Bodenpartikel beiträgt. Zur Entwicklung von Wurzelhaaren bedarf es einer hohen Feuchtigkeit der Bodenluft, weswegen sie bei Wurzeln von Bäumen im Straßenraum nur selten in Erscheinung treten (BIBIKOVA & GILROY 2002). An mykorrhizierten Wurzelspitzen werden die Wurzelhaare funktionell durch die Hyphen der hilfreichen Pilze ersetzt und sind daher entbehrlich.

       Feinst- und Feinwurzeln

      Hinter der Spitze wachsen Wurzeln allmählich in die Dicke, und die für den Wassertransport genutzten Gewebe im Inneren verholzen zunehmend. Die Abschlussgewebe verkorken durch Einlagerungen, so dass sich eine erste feine Borke bildet. Sie bietet mechanischen Schutz, dient jedoch vor allem der Eindämmung von Wasserverlusten. Hiermit einhergehend verringert sich auch die Flexibilität der jungen Wurzeln. Sie werden zunehmend starr und übernehmen damit in immer größerem Maße statische Funktionen (PUHE 2003). Wenngleich jede Baumwurzel die bisher aufgezeigten Stadien durchläuft, so erstarken nicht alle jemals gebildeten Wurzeln, und nur vergleichsweise wenige erreichen auch stärkere Durchmesser.

       Schwachwurzeln

      Die Verankerung eines Baumes mit jungen Wurzeln wird im Laufe der Zeit durch die Entwicklung von stärkeren Wurzeln gefestigt. Über sie werden vorrangig die auf den Baum wirkenden (Wind-)Lasten in den Boden abgetragen. Dabei arbeiten diese im Verbund mit den jüngsten Verästelungen an den Enden der Wurzelstränge. Bei einem Windstoß geht durch die auf Zugbelastungen optimierten Wurzeln ein Ruck, der dazu führt, dass die feinsten Verästelungen „zuschnappen“ und den zwischen den Wurzeln liegenden Boden ruckartig umschließen (MATTHECK et al. 2014). Der Verlust einer Schwachwurzel muss daher stets im Kontext mit dem damit einhergehenden Verlust des anhängigen Wurzelstranges betrachtet werden.

       Grob- und Starkwurzeln

      Viele Schwachwurzeln werden in ihrer weiteren Entwicklung zu Grob- und Starkwurzeln. Neben dem Lastabtrag und der statischen Funktion, d. h. der Verankerung im Boden, dienen sie insbesondere der Speicherung von Reservestoffen, vorrangig von Stärke. Dabei handelt es sich um die Einlagerungsform der photosynthetisch gebildeten Kohlenhydrate; sie stellen die Treibstoffvorräte eines Baumes dar (RAMIREZ et al. 2018). Sämtliche Wachstumsvorgänge, die mit Ausnahme der Winterruhe fortlaufend stattfinden, verbrauchen Energie (Kohlenhydrate) und zehren daher von den Vorräten. Übersteigt die Nachfrage das vorhandene Angebot längerfristig, führt dies unweigerlich zum Niedergang eines Baumes.

       2.3 Die Wurzeltrachten von Bäumen am Naturstandort

      Die Gestalt der Wurzelsysteme von Bäumen ist wie die Gestalt ihrer Kronen genetisch vorgegeben. Bei den allermeisten Arten ist die zuerst gebildete Polwurzel stark vortriebig und differenziert sich zu einer Pfahlwurzel aus. Bei einigen Baumarten bleibt diese Wurzel bestimmend, und es bildet sich ein Pfahlwurzelsystem aus (z. B. bei der Stiel-Eiche). Wenn die Pfahlwurzel nicht dominiert und neben dieser noch weitere der neu gebildeten Wurzeln gleichberechtigt hinzukommen, formen sich zumeist Herzwurzelsysteme aus (z. B. beim Berg-Ahorn). Konzentriert sich das Tiefenstreben jedoch auf vereinzelte Wurzelstränge, entstehen in aller Regel Senkerwurzelsysteme (z. B. bei der Gewöhnlichen Esche).

      Die Formen der Wurzeltrachten werden maßgeblich durch die Eigenschaften des Bodens am Standort beeinflusst, so dass sich das für eine Art charakteristische Wurzelsystem oftmals nur undeutlich herausbildet. Unabhängig davon gilt jedoch, dass eine einmal durchtrennte Pfahlwurzel (z. B. durch Verbiss oder das Unterschneiden in der Baumschule) nicht wieder ersetzt wird. Einmal abgetrennt bedeutet in diesem Fall für immer abhanden.

       2.4 Der Einfluss des Bodens auf Baumwurzeln am Stadtstandort

      Die Gestalt von Wurzelsystemen weicht am Stadtstandort meist überaus deutlich von der genetisch vorgegebenen und am Naturstandort realisierbaren Gestalt ab. Dies liegt an den besonderen Umgebungsbedingungen im Straßenraum, die das Wachstum von Wurzeln und damit die Entstehung von Wurzelsystemen nachhaltig beeinflussen (STRECKENBACH & STÜTZEL 2010). Wurzeln reagieren auf die sie umgebenden Reize und folgen ihnen, wenn sie ihren Ansprüchen entgegenkommen bzw. wenden sich von ihnen ab, wenn sie ihren Ansprüchen entgegenstehen. Die Bodenluft, das Bodenwasser und die Bodendichte stellen dabei die wichtigsten Einflussgrößen dar.

       Die Durchlüftung des Bodens (Bodenluft)

      Die Versiegelung des Baumumfeldes bringt es mit sich, dass die Lebensgrundlage eines Baumes, der Boden, von der Atmosphäre abgeschnitten wird. Hierdurch kann der Gasaustausch nicht mehr ungehindert stattfinden und so die Bodenluft knapp werden. Wachsende Wurzeln sind jedoch auf die Zufuhr von Sauerstoff angewiesen („Wurzelatmung“), da ihr Stoffwechsel sonst zum Erliegen kommt und sie absterben. Gleichzeitig produzieren Wurzeln Kohlenstoffdioxid, das sich in einem versiegelten Boden anreichert und das Wachstum ebenfalls zum Erliegen bringen kann, da es nicht mit durchfließendem Regenwasser abgeführt wird. Wurzeln wachsen bevorzugt in gut durchlüfteten Bereichen, die sie im Straßenraum vor allem in oberflächennahen Bodenschichten vorfinden (STRECKENBACH et al. 2009).

       Der Feuchtigkeitsgehalt des Bodens (Bodenwasser)

      Die Versiegelung des Bodens beeinflusst auch dessen Feuchtigkeitsgehalt, da das Versickern von Regenwasser hierdurch verhindert oder zumindest erschwert wird. Je weniger Wasser in einem Boden vorhanden ist, desto weniger Wasser steht dem hier wachsenden Baum zur Aufrechterhaltung der Lebensfunktionen und zum Wachstum zur Verfügung. Dass Wurzeln zunächst einmal nach unten wachsen, hilft ihnen dabei, Anschluss an Grundwasser führende Bodenschichten zu bekommen. Dieser Wachstumsreiz wird von Wasser im Boden maßgeblich erhöht, da Wurzeln diesem regelrecht hinterherwachsen (STRECKENBACH et al. 2010). Unterbleibt der Eintrag von Regenwasser und ist der Feuchtigkeitsgehalt eines Bodens durch Versiegelung erniedrigt, entwickeln sich Wurzeln vor allem nahe der Oberfläche, wo sie eine noch ausreichende Bodenfeuchtigkeit vorfinden.

       Der Eindringwiderstand

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