Jahrbuch der Baumpflege 2019. Группа авторов

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Jahrbuch der Baumpflege 2019 - Группа авторов

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Schutz von Bäumen bei Tiefbaumaßnahmen wird trotz der eindeutigen Hinweise aus bestehenden Standards regelmäßig missachtet. Zugleich kommt dem pfleglichen Umgang mit Stadtbäumen eine immer größere Bedeutung zu, da die Erwartungen an das Stadtgrün stetig zunehmen. Dabei wird offenbar, dass Bäume diese ohne funktionsfähige Wurzeln nicht erfüllen können und dass der Schutz dessen Wurzelbereichs in der Praxis sehr individuell und meist zum Nachteil des Baumes gehandhabt wird. Beschädigungen und Verluste von Wurzeln wirken sich ganz konkret auf den betreffenden Baum aus. Sie können in sehr geringem Umfang vernachlässigbar sein, unter Umständen jedoch die Standsicherheit eines Baumes gefährden. Der Beitrag zeigt am Beispiel der Hansestadt Hamburg, dass man dort die Notwendigkeit der konsequenten Umsetzung von Schutzmaßnahmen seit langem erkannt hat und diese mit großem Erfolg bei Tiefbaumaßnahmen an Straßen umsetzt.

       Summary

      Regardless of clear recommendations given by existing standards, the protection of trees during excavation is mostly overseen. At the same time, the expectations for urban green functions are increasing, leading to an ever increasing role for tree care. It is obvious that trees cannot meet any prospect without properly functioning roots and that in practice, the protection of the rooting area of trees is handled very individually – in most cases to the disadvantage of the tree. Injuries and the loss of roots leave their mark on the tree in question. They can be of minor significance but also endanger the tree stability. Using the example of the City of Hamburg this article illustrates, how the necessity for a consistent implementation of protection measures has not only been realized but has also turned into a practical daily routine with great success.

       1 Einleitung

      Baumkontrolleure, Baumpfleger, Baumsachverständige und Baumeigentümer stehen in Zusammenhang mit den Wurzelsystemen von Bäumen regelmäßig vor einer schier unlösbaren Aufgabe: Sie sollen die Standsicherheit eines Baumes bewerten, risikofrei in die höchsten Wipfel klettern, den Umfang von Wurzelverlusten beurteilen und ihrer Verkehrssicherungspflicht nachkommen – ohne Einblicke in den Wurzelraum von Bäumen zu haben. Vergleichbares wäre bei den oberirdischen Teilen von Bäumen undenkbar, wenn man diese nicht in Augenschein nehmen könnte, und doch wird der unterirdische Baumschutz bei Tiefbaumaßnahmen regelmäßig zulasten eben dieser Anforderungen auf das Gröbste missachtet. Der Ausführende geht womöglich zunächst von der Vermutung aus, dass im Wurzelraum eines betreffenden Baumes bislang keine Verluste zu verzeichnen waren. Er vertraut darauf, dass sogar die fachgerechte Entnahme von ein oder zwei stärkeren Wurzeln den Baum weder hinsichtlich seiner Standsicherheit noch seiner Vitalität beeinflussen wird. Dies alles jedoch ohne zu wissen, wie viele Wurzeln ein Baum tatsächlich noch besitzt oder wo sich diese befinden (Abbildung 1).

       Abbildung 1: Wie so oft stand auch bei dieser Baumaßnahme der Schutz des Baumes nicht im Vordergrund. Seine Standsicherheit darf mit Blick auf die Wurzelverluste angezweifelt werden.

      Daher kommt es in zahlreichen Fällen, insbesondere bei Straßenbäumen ab ihrer Reifephase, zu mitunter folgenschweren Fehleinschätzungen. Die Unschuldsvermutung, dass ein gegebener Baum im städtischen Umfeld noch sämtliche Wurzeln besitzt und sich im Gehwegbereich ein weitläufiges Areal erschlossen hat, ist nach allen Erfahrungen kaum zutreffend (Abbildung 2). Es muss im Gegenteil, und gerade bei straßenbegleitenden Baumpflanzungen in unseren Städten, sehr viel eher davon ausgegangen werden, dass ein Baum schon in einem Alter von nur 25 bis 30 Jahren im Laufe der Zeit an seinem Standort bereits umfängliche und nicht kompensierte Wurzelverluste erlitten hat.

      Dementsprechend kommt dem Schutz der an einem Straßenbaum (noch) vorhandenen Wurzeln eine überragende Bedeutung zu. Der steigende Bedarf an baumfachlichen Begleitungen von Tiefbaumaßnahmen zeigt, dass die beharrlich geführte Diskussion um die Wertschätzung des Wurzelraumes von Bäumen mittlerweile Früchte trägt. Es erscheint auch fachübergreifend akzeptiert, dass der Schutz der Wurzeln einen wichtigen Pfeiler des Baumschutzes darstellt, und es herrscht Konsens darüber, dass dieser ein integrativer Bestandteil eines jeden Baumschutzkonzeptes sein muss (PAGANELLI 2014; AMTAGE 2019).

       Abbildung 2: Durch Abgrabungen kommt es bei den meisten Straßenbäumen im Laufe der Zeit zu umfangreichen Wurzelverlusten, die nicht ohne Auswirkungen bleiben.

      Die hier vorgestellten Beispiele einer konsequenten Umsetzung des Wurzelschutzes sollen dabei helfen, bestehende Unsicherheiten auszuräumen, den Aufwand für diese Leistungen korrekt abzuschätzen und damit den Wurzelschutz zu einer kalkulierbaren Größe zu machen.

       2 Baumbiologische Grundlagen

      Eingriffe in das Wurzelsystem eines Baumes sind in mehrfacher Hinsicht bedeutsam, insbesondere mit Blick auf

       die Standsicherheit,

       die Vitalität,

       die Energiereserven und

       den Phytohormon-Haushalt.

      Die Standsicherheit wird im Wesentlichen durch eine ausreichende Verankerung des Baumes mit seinen Wurzeln im Erdreich gewährleistet. Dies setzt zum einen intakte und funktionsfähige Wurzeln voraus, die in der Lage sind, den Baum gegen ein Umstürzen zu sichern (COUTTS 1983; SMILEY 2008). Zum anderen ist die Verteilung der Wurzeln bzw. der Wurzelmasse von Belang, da beispielsweise stark asymmetrisch aufgebaute Wurzelsysteme den Lastabtrag nicht in jeder Windrichtung gleichermaßen erlauben (MICKOVSKI & ENNOS 2003).

      Die Vitalität eines Baumes ist Ausdruck seines Gesundheitszustandes und erlaubt beispielsweise Rückschlüsse auf das zu erwartende Regenerationsverhalten, d. h. die Fähigkeit, sich von vorübergehenden Mangelsituationen zu erholen (ROLOFF 2018). Dabei spielen die Wurzeln eine maßgebliche Rolle, da Bäume über sie das lebenswichtige Wasser und die darin gelösten Nährstoffe aufnehmen. Jeder Wurzelverlust beeinträchtigt, zumindest temporär, diese Kapazitäten und schwächt damit den Baum (BENSON et al. 2018).

      In der klassischen Baumpflege verbieten sich unbegründete Entnahmen von Starkästen nicht nur aufgrund der damit einhergehenden Entstehung von großen Wunden, deren nachfolgende Überwallung fraglich ist (DUJESIEFKEN & LIESE 2008). Durch die in den Ästen eingelagerten Stärkevorräte wird der Baum zudem eines Teils seiner Energiereserven beraubt. Gleiches gilt für Wurzeln, die in besonderer Weise als Speicherstätte für Kohlenhydrate fungieren (TROMP 1983) und daher in ihrer Gesamtheit zu Recht als Nahrungskammer der Bäume bezeichnet werden.

      Zu jeder Zeit werden auch Phytohormone in Bäumen gebildet, umverteilt und verbraucht. Diese Verbindungen entstehen vor allem in teilungsaktiven Geweben wie Knospen und Wurzelspitzen. Dabei entstehen in den Wurzeln insbesondere Cytokinine, die unter anderem Alterungsprozesse verzögern (WERNER et al. 2001). Wurzelverluste führen somit stets auch zu einem Ungleichgewicht im Phytohormon-Haushalt, was insgesamt betrachtet die (vorzeitige) Vergreisung eines Baumes beschleunigt, sofern sich nicht wieder ein Gleichgewicht einstellt.

       2.1 Die Funktionen von Wurzeln und die Gestalt von Wurzelsystemen

      Wurzeln

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