Berliner Leichenschau. Horst Bosetzky

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Berliner Leichenschau - Horst Bosetzky

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werden. Es fanden sich keine wesentlichen vorbestehenden krankhaften Veränderungen, die unmittelbar mit dem Todeseintritt in Zusammenhang stehen könnten. Die näher beschriebenen Hautabschürfungen und -unterblutungen an den Unterschenkeln sind durch eine grobe komprimierende Gewalt zu Lebzeiten entstanden. Zur Verursachung erscheinen sowohl feste Griffe als auch eine Fesselung mit relativ glattem Material geeignet.

       V. Die Obduzenten behalten sich ein endgültiges Gutachten ausdrücklich vor.

       VI. Prof. Dr. med. Robert Schwarz, Dr. med. Lisa Schöneberg

      »Morgen bekommt ihr unser Gutachten schriftlich«, versprach Schwarz. »Aber lasst mich noch etwas hinzufügen: Ich glaube nicht, dass ein Tier den Mann in die Tiefe gerissen hat. Den Angriff eines großen Wels, der sein Revier verteidigt, kann man zwar in unseren Gewässern nicht grundsätzlich ausschließen, aber das würde anders aussehen.«

      »Ich bin der Überzeugung, dass hier am ehesten Menschenhand im Spiel war – und das meine ich wörtlich«, entgegnete Kommissar Granow. »Es sieht ja fast so aus, als hätte ihn jemand gepackt und unter Wasser gezogen.«

      »Die Hautabschürfungen und vor allem die kräftigen Weichteilunterblutungen oberhalb der Fußknöchel sprechen für einen heftigen Todeskampf«, pflichtete ihm Schwarz bei.

      »Das muss fürchterlich gewesen sein«, sagte Theresa Marotzke. »Vielleicht treibt hier ja tatsächlich ein irrer Kampfschwimmer oder Taucher sein Unwesen.«

      ***

      Mit den Erkenntnissen, die das detaillierte Gutachten von Prof. Schwarz geliefert hatte, schwärmten Granow und seine Leute am nächsten Tag aus, um den Täter zu finden. »Nach Lage der Dinge kann es nur ein Taucher gewesen sein, der die Schwimmerinnen und Schwimmer in die Tiefe gerissen hat«, erklärte Granow den angerückten Polizeireportern. »Kann es nicht auch ein Einmann-U-Boot gewesen sein?«, fragte Charly Packebusch, einer der Journalisten und ein stadtbekannter Scherzbold zudem, und verwies darauf, dass in Deutschland gegen Ende des Zweiten Weltkrieges über dreihundert solcher Kleinst-U-Boote gebaut worden waren. »Vielleicht hat jemand so ’n Ding über all die Jahre heimlich aufbewahrt und versetzt jetzt die Schwimmer damit in Angst und Schrecken.« »Ein Einmann-U-Boot ist wohl eher unwahrscheinlich«, sagte Granow, als das Gelächter verklungen war. »Aber ein ehemaliger Kampfschwimmer ist durchaus nicht auszuschließen. Der Spur werden wir auf alle Fälle nachgehen.« Theresa Marotzke erzählte, dass die DDR-Volksmarine ein Kampfschwimmerkommando unterhalten hatte. Ein Freund ihrer Eltern hatte als ganz normaler Berufstaucher angefangen und war dort gelandet. »Da passt ja alles«, kam es aus den hinteren Reihen der Presseleute. »Das letzte Opfer war ja auch ein typischer imperialistischer Klassenfeind.« Der Mann, den es in der Nähe der Landzunge 44 erwischt hatte, war der 67-jährige Journalist Herbert Heidereuter, der beim RIAS gearbeitet und unaufhörlich über die Missstände in der DDR berichtet hatte.

      »Das wäre eine Möglichkeit«, sagte Granow. »Aber die ungewöhnliche Mordmethode spricht eher dafür, dass es sich bei Heidereuter um ein reines Zufallsopfer handelt.«

      »Das ist am wahrscheinlichsten, wenn es stimmen sollte, dass wir es mit einem Serientäter zu tun haben«, fügte Theresa Marotzke hinzu.

      In der Tat gab es in den Biographien der fünf im Umkreis von Schmöckwitz ertrunkenen Menschen keinerlei Parallelen. Leider waren die Toten alle eingeäschert worden, so dass sich keine Obduktion mehr vornehmen ließ und nicht auszuschließen war, dass es sich doch um Unfälle gehandelt hatte.

      »Ein irrer Taucher schwimmt also los und sucht sich wahllos ein Opfer aus.« Granow – und bald auch die ganze Mordkommission – war sich da sicher. »Was benötigt ein Taucher eigentlich?«, fragte Granow in die Runde.

      »Außer Anzug, Maske, Sauerstoffflasche, Flossen und Bleigürtel braucht er vor allem eine Basis«, erwiderte Theresa Marotzke schnell. »Kein Taucher ohne Basis.«

      Sofort war einer der Kollegen am Computer. »Mist, die nächstgelegene Tauchschule haben wir in Karlshorst. Rings um Schmöckwitz gibt es nichts.«

      »Dann müssen wir unseren Suchradius eben erweitern«, sagte Granow bestimmt und verteilte die Aufgaben. »Es gilt jetzt, bei allen Tauchschulen, Tauchsportvereinen und allen Geschäften für Taucherbedarf nachzufragen und zu sehen, ob sich ein Anhaltspunkt ergibt. Auf zu den Dive-Centern! Theresa und ich besorgen uns ein Motorboot und befragen alle, die wir an den Ufern von Großer Krampe, Langem und Seddinsee antreffen.«

      »Und an den Einsatz von Lockvögeln … ich meine, an Lockschwimmern ist nicht gedacht?«, fragte einer.

      »Doch, ich stoße Theresa ins Wasser und rase dann davon«, scherzte Granow.

      »Wehe!«, rief Theresa Marotzke.

      Granow und Theresa Marotzke machten sich nun mit professionellem Können und höchstem Eifer an die Arbeit, schipperten über die besagten Gewässer und befragten alle Uferbewohner, Camper und Badegäste – doch zwei Tage lang blieben sie ohne Erfolg.

      »Buchen wir die zwei Tage als außerordentlichen Urlaub ab«, sagte Granow schließlich.

      »Wenn de recht hast, haste recht. Is ja ooch ’ne herrliche Jegend hier!«

      Granow war schon dabei, einen Schlussstrich unter ihre Ermittlungen zu ziehen, da sahen sie, dass drüben am westlichen Ufer der Großen Krampe jemand am Ufer stand und ihnen zuwinkte. Es war einer der Männer, die in der kleinen Bucht hinter Krampenburg auf einem Hausboot lebten. Er sah aus wie einer der Autonomen, die bei den Kreuzberger Festspielen am 1. Mai immer Brandsätze auf ihre Kollegen warfen, und konnte sich daher grundsätzlich keiner großen Sympathie bei ihnen erfreuen.

      »Sie sind doch sicher von der Kripo und ermitteln in diesem mysteriösen Badeunfall?«

      »Warum fragen Sie?«

      Der Mann beugte sich verschwörerisch zu ihnen hinunter. »Ich wollte Ihnen nur sagen, dass hier auf dem Hausboot nebenan ein Assistent der Humboldt-Uni wohnt, und der scheint mir nicht ganz sauber zu ticken. Manchmal sehe ich ihn nachts seine Taucherausrüstung anziehen und stundenlang tauchen gehen. Und tagsüber sitzt er oft grimmig am Ufer und starrt die Leute, die hier baden gehen, äußerst merkwürdig an. Sein Name ist Arnulf Affinghausen. Aber ich will nichts gesagt haben …«

      Granow bedankte sich für diese Auskunft. Die beiden Kommissare maßen dem Ganzen keine besondere Bedeutung bei.

      »Das wird ein Student gewesen sein, der sich für eine schlechte Note rächen will«, befand Theresa Marotzke.

      »Das würde ich auch sagen«, stimmte Granow zu.

      Aber sicher war sicher, sie mussten allen möglichen Spuren nachgehen, bevor es ein nächstes Opfer gab. Als sie wieder im Büro waren, setzte sich Granow an den Computer. Und da das, was die Kolleginnen und Kollegen im Falle des ertrunkenen Ex-RIAS-Journalisten Herbert Heidereuter zusammengetragen hatten, auch auf seiner Festplatte zu finden war, rief Granow den betreffenden Ordner auf und ließ das Programm nach Arnulf Affinghausen suchen. Plötzlich schrie er auf. »Mensch, das gibt’s doch nicht!«

      Theresa Marotzke erschrak und schnellte von ihrem Bürosessel hoch. »Was ist denn?«

      »Der gute Affinghausen hat sich in Karlshorst eine Taucherausrüstung gekauft – und er lebt tatsächlich auf einem Hausboot, das in Krampenburg vor Anker liegt …«

      »Mit seinem Jagdrevier sozusagen direkt von dem Fenster«, ergänzte Theresa Marotzke.

      »Und

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