Vinus und das Auge der Zyklopen: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 4). Jork Steffen Negelen
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Читать онлайн книгу Vinus und das Auge der Zyklopen: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 4) - Jork Steffen Negelen страница 10
Orbin setzte sich und ließ den Kobold sein Halsband betrachten. „Na mal sehen, das Leder sieht sehr nach gegerbter Trollhaut aus. Die Zeichen darauf sind mit schwarzer Magie versehen. Doch sie haben tatsächlich keine Wirkung. Es ist so, wie ich es vermutet habe. Die Aura, die über der Stadt liegt, verhindert die Ausführung von schwarzer Magie.“
Mit einem Zauberspruch öffnete Vinus den Verschluss des Halsbandes. Er steckte es in einen Leinenbeutel und knotete diesen zu. Dann belegte er den Beutel mit einem Bannspruch und warf ihn auf den Tisch. Triumphierend sah er zu Orbin. Der war aufgestanden und reckte sich. Er rieb sich den Hals mit beiden Händen und nickte. Dann betrachtete er seinen Zauberstab.
Erstaunt drehte und wendete er ihn hin und her. „Das ist nicht zu fassen. Der Kristall meines Zauberstabs leuchtet hell. Das bedeutet für mich, dass ich die weiße Magie wieder benutzen kann.“
Orbin sah zu Vinus und schaute dann seine Kleidung an. Er trug jetzt die Tracht eines weißen Zauberschülers. Wie kleine Blitze schossen die Erinnerungen in seinen Kopf und er lächelte mit einem Mal Vinus zu. Dann sprach er mit sanfter Stimme. „Noch ist die Macht, die Dämonicon über mich hat, nicht ganz gebrochen. Doch ich bin mir sicher, dass wir das richtige Mittel hier im Haus meines alten Freundes Meerland finden. Er war einst mein Meister. Die Erinnerungen von besseren Tagen kehren zu mir zurück. Ich muss mich nur auf die Dinge konzentrieren, die ich hier finde, dann werde ich bald wissen, wer ich einst war.“
Vinus rieb sich die Hände. „Das ist ja toll. Ich kam in die Stadt, um der Königin einen heiligen Becher zu bringen und du solltest bestimmt im Auftrag des Dämonicon das Auge der Zyklopen stehlen, was ich natürlich verhindern wollte. Doch jetzt bin ich hier in einem alten Haus und suche etwas, von dem ich nicht einmal weiß, was es ist. Und ich suche es mit jemandem, der nicht genau weiß, wer er ist. Also, worauf warten wir? Arbeit ist hier bestimmt genug zu finden und außerdem spüre ich, dass noch etwas in dir ist, was nicht zu dir gehört.“
Orbin zuckte mit den Schultern. Dieser Kobold redete entschieden zu viel. Er nahm die Kerze und ging zu einem Schrank. Den sah er sich genau an. Eine Erinnerung war plötzlich in seinem Kopf. Orbin öffnete den Schrank und machte ihn wieder zu. Dann öffnete er ihn wieder.
Er sah zu Vinus und winkte ihm zu. „Komm her, ich weiß jetzt wieder, wie ich früher in die geheime Schreibstube meines Meisters kommen konnte. Dieser Schrank ist so etwas wie eine Tür für die Stube dahinter.“
Vinus stellte sich nur ungern mit Orbin in den Schrank. Doch der Hexenmeister sagte die Wahrheit. Kaum schloss sich die Schranktür, da verschob sich die Schrankwand und eine völlig verstaubte Schreibstube wurde sichtbar. Auf dem Lesepult eines großen Schreibtisches lag ein dickes Buch von beträchtlicher Größe. Orbin stellte die Kerze in einen Halter neben dem Buch und öffnete es. Im Schein der Kerze war die Schrift gut zu erkennen.
Vinus Neugierde hatte schon längst gesiegt und er hielt es vor Aufregung kaum noch aus. „Was steht in dem Buch geschrieben, Orbin? Kannst du es lesen, oder soll ich es mal versuchen?“
Orbin klopfte dem Kobold auf die Schulter. „Bleib ruhig, ich lese vor und wir werden gemeinsam erfahren, was darin geschrieben steht.“ Er strich die erste Seite glatt und begann. „Dies ist das Buch des weißen Magiers Meerland. In ihm sind die Erlebnisse seiner Wanderungen und die Ausbildung seiner Schüler von ihm selbst aufgeschrieben worden.“
Ein helles Licht unterbrach ihn. Meerlands Seele erschien wieder und sie flüsterte den beiden sogleich etwas zu. „Das ist das richtige Buch. Doch nur die letzten Seiten sind wichtig.“
Orbin blätterte in dem Buch herum und fand eine Zeichnung. Sie stellte die heilige Altartafel und den Becher des Schöpfers dar. Daneben stand etwas geschrieben. Orbin las es vor. „Der heilige Bund mit dem Schöpfer ist zerbrochen. Seine Gaben sind entweiht. Nur wenn der Becher mit der Tafel während des Rituals des Schöpfers vereint wird, kann die Aura neue Kraft gewinnen.“
Orbin blätterte die Seite um und las weiter. „Das Gleichgewicht der Magie ist ins Wanken geraten. Die Hüter der heiligen Gaben wurden für ihren Frevel hart bestraft. Ihre Feinde haben über sie triumphiert. Doch auch ihr Preis war hoch. Nur die Feen und die Zauberer können noch helfen. Ich setze mein Vertrauen in die Kraft meines Schülers Orbin. Er sprach von einem neuen Zirkel, dem er beitreten wollte. Doch zuerst muss er ein Meister werden.“
Über dem Hexenmeister und dem Kobold schwebte Meerlands Seele. Leise sprach sie zu den beiden. „Hört gut zu, meine Freunde. Als der Priester Damian vor langer Zeit seinen König erschlug und selbst blind und einsam in der Steppe starb, war die Liebe des Schöpfers für das Volk der Zyklopen erloschen. Doch nichts ist für die Ewigkeit. Eines Tages wird die Liebe zu ihm zurückkehren und das Volk der Zyklopen wird die Fesseln der Sklaverei verlieren.“
Orbin schaute zu Meerlands Seele auf. „Meister, ich kann mich an so viele Ereignisse in meinem Leben nicht mehr erinnern. Wenn wir dir helfen sollen, dann musst du uns verraten, wie wir das anstellen müssen. Ich weiß nicht, wie ich die Seele eines Meisters der alten Hoch-Elfen erlösen kann.“
Meerlands Seele leuchtete hell auf, als sie rief. „Das ist nicht weiter schwierig. Doch zuerst will ich dir und deinem kleinen Freund noch etwas über mich erzählen. Dann wirst du verstehen, warum ich als Lichtgestalt an diesen Ort gebunden bin und noch nicht in das Seelenreich der Hoch-Elfen gelangen konnte.“
Orbin setzte sich auf den Sessel, der hinter dem Schreibtisch stand und seufzte. „In meinem Kopf drehen sich die Gedanken, ich weiß bald nicht mehr, was ich noch alles wieder lernen muss. Aber bitte, Meister Meerland, wenn es uns hilft, dann erzähle uns von dir.“
Die Seele Meerlands schwebte dicht über dem Schreibtisch. Beinah sah es so aus, als wollte sie sich setzen. „Also dann hört mir gut zu. Vor vielen Tausend Jahren erschuf der Schöpfer die Erz-Elfen. Sie waren die Reinsten und Edelsten aller Geschöpfe. Sie waren über alle Maßen klug und schön wie das Licht der Sonne, wenn es sich im Morgentau widerspiegelt. Viele Jahrhunderte lebten sie glücklich den Traum der Unsterblichkeit. Doch eines Tages zerbrach dieser Traum. Albaron, der König der Erz-Elfen, verlor durch einen schrecklichen Unfall bei einer Hirschjagd seinen einzigen Sohn Elion. Er gab seinem Jagdmeister Zassan die Schuld und aus Rache verbot er ihm noch am selben Tag, seine Tochter, Prinzessin Lianda im heiligen Pantheon des Schöpfers zur Frau zu nehmen.“
„Das kann nicht stimmen“, unterbrach der Kobold die Lichtgestalt. „In den Büchern meines Bruders Artur steht geschrieben, dass Lianda die Schwester von Albaron war.“
„Ach ja, das stimmt“, erklärte Meerlands Seele. „Doch Zassan liebte die Schwester des Königs so sehr, dass er sie entführte und mit seiner ganzen Sippe weit weg in ein abgelegenes Tal des Drachengebirges zog. Dort lebten sie verborgen vor den Häschern des Königs. Da Zassan und seine Sippe nicht mehr im Pantheon beten und heiraten konnten, brachten alle ihre Frauen nur noch Hoch-Elfen zur Welt. Diese Hoch-Elfen hatten ein sehr langes Leben, doch ihnen fehlte der Segen des Schöpfers. Nur der Oberste Priester im Pantheon konnte diesen Segen im Namen des Schöpfers aussprechen und er war nur für die Erz-Elfen bestimmt. Die Nachkommen der Hoch-Elfen wurden deshalb nur noch weiße Elfen. Da auch ihnen der Segen des Schöpfers fehlte, war ihre Lebensspanne noch kürzer. Schon viele Elfen versuchten deshalb, die Schattenseite der Magie zu nutzen, um ihre Lebensenergie zu stärken. Doch der Weg von der dunklen zur schwarzen Magie ist sehr kurz. Oft ist die Grenze fließend und man bemerkt nicht den Irrtum, den man gerade beging.“
Meerland