Die Farben des Mörders. Miriam Rademacher

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Die Farben des Mörders - Miriam Rademacher

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gab Lucy mit der Spur eines Vorwurfs in der Stimme zu bedenken. »Und außerdem trug die Frau einen Bademantel. Vielleicht hat sie ihre Ringe auf der Waschbeckenablage zurückgelassen.«

      »Um im Bademantel über das Gelände zu geistern und sich dann erdrosseln zu lassen?«, Jasper legte die Stirn in Dackelfalten. »Klingt das logisch für euch?«

      »Nein.« Norma schüttelte den Kopf. »Vermutlich wurde sie woanders ermordet und nur hinter der Böschung entsorgt. Sie könnte in ihrem Zimmer gestorben sein.«

      »Dann hätte sie jemand bis zur Böschung bringen müssen«, gab Jasper zu bedenken. »Sehr unwahrscheinlich, dass der Mörder sein Opfer über die Flure und eine Liegewiese schleift. Jederzeit kann sich eine Zimmertür öffnen oder eines der alten Leutchen über die Wiese flanieren. Am Tage wäre es völlig unmöglich gewesen. Er müsste es bei Nacht getan haben. Aber, ob so etwas ohne Zeugen an einem Ort wie Hodge House überhaupt zu irgendeiner Tageszeit möglich ist? Alte Leute schlafen schlecht, sagt man. Selbst nachts ist dort vermutlich immer jemand wach.«

      »Außerdem verfügt Hodge House über Personal und einen Nachtdienst«, ergänzte Norma.

      »Na? Schon wieder dabei, meine Arbeit zu erledigen?«, hörte Colin hinter sich plötzlich eine helle Jungenstimme. Sergeant Dieber hatte das Pub und damit die Bühne betreten.

      Colin drehte sich auf seinem Stuhl um und schenkte Dieber ein genervtes Lächeln. »An mir liegt’s nicht. Ich könnte mich problemlos raushalten. Aber ich fürchte, man lässt mich nicht.«

      Dieber, ein schlaksiger Kerl, der den Stimmbruch verpasst hatte und zudem als schwuler Polizist vom Dorf auch noch einer absoluten Minderheit angehörte, konnte darüber gar nicht lachen. »Meinem Boss wird es nicht gefallen, wenn ihm Amateure ins Handwerk pfuschen«, antwortete er und versuchte, so etwas wie Strenge durchklingen zu lassen.

      Jasper schenkte dem jungen Polizisten sein freundlichstes Lächeln. »Aber dein Boss mag es bestimmt, wenn man ihm den Mörder auf dem Silbertablett serviert, oder nicht? Wie wär’s Sergeant? Steig bei uns ein, dann wirst du derjenige sein, der dieses Silbertablett in sein Büro balanciert. Uns kratzen Ruhm und Ehre nicht. Kannst du alles behalten. Wir wollen nur den Spaß und die Spannung.« Jasper unterstrich seine Worte mit einer einladenden Handbewegung.

      Dieber gab ein Seufzen von sich, zog einen Stuhl von einem leeren Tisch zu sich heran und ließ sich darauf fallen. »Habt ihr schon einmal in Erwägung gezogen, dass es nicht spaßig werden könnte? Mordermittlungen sind nämlich selten spaßig. Manchmal sind sie sogar sehr langweilig. Denn leider habe ich bei dieser Ermittlung den schlechtesten Job abgekriegt. Ich soll möglichst viel über diese Christine Humblebee in Erfahrung bringen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ein Haufen Amateure mir dabei eine Hilfe sein könnte.«

      »Aber das ist doch großartig!« Jasper klatschte in die Hände. »Verlier nicht das große Ganze aus den Augen! Während du dich mit Polizeimethoden durch die Vergangenheit dieser Dame wälzt, füttern wir dich mit zusätzlichen Informationen aus Hodge House. Niemand kann besser mit den alten Leuten umgehen als Colin!« Colins Miene sprach bei diesen Worten vermutlich Bände, doch Jasper fuhr einfach fort. »Lass uns nur machen. In kürzester Zeit liefern wir dir viele in Klatsch und Tratsch verpackte Fakten über diese Christine. Und zum Austausch für unsere Informationen lässt du uns an den offiziellen Erkenntnissen teilhaben!« Jasper lächelte selig. Colin erkannte ungläubig, dass dies genau das Szenario war, das Jasper sich gewünscht hatte. Einen Deal mit Dieber machen, so hatte er es während ihrer Heimfahrt genannt.

      Colin schielte über sein Bierglas zu dem jungen Sergeant hinüber. Mike Dieber, das wusste Colin, träumte von der großen Karriere. Von einer Chance, dem Landleben den Rücken zu kehren und als Ermittler in der großen Metropole London Fuß fassen zu können. Eine gute Aufklärungsbilanz und die eine oder andere lobende Erwähnung an richtiger Stelle konnten ihm dabei nur hilfreich sein. Colin studierte das Gesicht des Polizisten und wusste, noch bevor dieser den Mund aufmachte, dass er angebissen hatte.

      »Ich darf natürlich offiziell keine Informationen herausgeben«, sagte Dieber so langsam, dass es schon fast lächerlich wirkte.

      »Aber wenn dir mal eine Notiz aus der Tasche fällt, kurz bevor du dringend die hervorragenden sanitären Einrichtungen des Lost Anchor aufsuchen musst, und ich sie natürlich für dich aufhebe und auf ihren Platz zurücklege … tja, solche Dinge passieren, nicht wahr?« Jasper strahlte wie ein Honigkuchenpferd.

      »Ich sehe, ihr versteht euch«, murmelte Colin ein wenig enttäuscht. Dieber war seine letzte Hoffnung gewesen. Alles, was er sich vom nahenden Herbst erträumt hatte, waren Ruhe, wallender Nebel und ein gutes Buch gewesen. Stattdessen würde er einen Mörder in einem Altenheim suchen. Das Beste, was ihm jetzt noch passieren konnte, war ein möglichst schneller Erfolg in diesem Fall. Umso eher konnte er sich wieder mit Huey in einen Sessel kuscheln und Dickens lesen, während draußen die Herbststürme brausten.

      »Ich verstehe das nicht«, fauchte Lucy und hämmerte auf der Tastatur des Laptops herum. Eines Laptops, das Colin an diesem Abend zum ersten Mal auf seinem Esstisch stehen sah.

      »Ich verstehe das auch nicht. Wo hast du denn jetzt plötzlich ein Laptop her?«

      »Von Mrs Grey«, antwortete Lucy und schob die Zungenspitze zwischen die Lippen, während ihre Nase gleichzeitig dem Bildschirm immer näherkam.

      »Und warum laufe ich immer zu Jasper, wenn ich ins Internet will?«

      Lucy zuckte die Achseln und klimperte mit den Wimpern. Sie war reizend. Das entzückendste Wesen, das je in seinem Leben die Regie übernommen hatte, fand Colin. Warum konnte sie sich nicht auf seinem Bettüberwurf räkeln, anstatt das Internet zu durchforsten?

      »Mrs Grey hat also ein Laptop? Erstaunlich.«

      »Sie hat auch ein Auto und eine Kaffeemaschine. Sie ist einfach göttlich. Ich verstehe gar nicht, warum ich mich in dich und nicht in sie verliebt habe«, erwiderte Lucy. »Und das hier verstehe ich wirklich absolut nicht.« Sie deutete auf den Monitor.

      Colin zuckte die Achseln und ließ sich in seinen Lieblingssessel fallen. Huey kletterte träge auf seinen Schoß. »Frag mich bloß nicht nach irgendwelchen technischen Raffinessen. Ich bin froh, wenn sich so ein Ding von mir einschalten lässt.«

      »Das kann jeder. Auch du. Du willst nur nicht. Mit dem richtigen Programm könntest du deine zerkratzten CDs verschrotten und deine Tanzmusik vom Computer abspielen. Das ist gar nicht so schwer. Das Rätsel ist ja auch gar nicht das Laptop als solches, sondern die Informationen, die es mir über Christine Humblebee liefert.«

      »Welche Informationen denn?«, fragte Colin interessiert und lehnte sich im Sessel vor.

      »Gar keine. Das ist es ja.«

      Colin sank zurück in den Sessel. Dieser Tag schien für ihn kein Ende nehmen zu wollen. Erst die Leiche im Kompost, dann die Diskussionsrunde im Lost Anchor und nun verfolgte ihn diese Geschichte auch noch bis in seinen Sessel. Lucy würde sich an ihrer Aufgabe festbeißen und noch Stunden vor dem Bildschirm zubringen. Was für ein Abend für einen Tag wie diesen. Um wie viel besser wäre jetzt menschliche Nähe und traute Zweisamkeit. Aber das stand wohl nicht zur Debatte. »Dann hat Christine Humblebee eben keine Spuren im Internet hinterlassen. Die Frau war über siebzig! Gut zwanzig Jahre älter als ich. Ich wette, mich kann man auch nicht googeln. Wie sollte ich dort auch hineingekommen sein?«

      Statt einer Antwort tippte Lucy rasch

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