Meine Geparden sind auf dem Weg. Vahid Monjezi
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Was für einen ängstlichen Schöpfer haben sie für uns erschaffen!
Ich bin in Mashhad* geboren. Die heilige Stadt Mashhad.
Ein guter Platz zum Geldverdienen an Pilgern.
„Geld“ ist das, was unsere Stadt heilig macht und viele versuchen, dieses kostbare Heiligtum gut zu bewahren.
Astan Ghods(2) ist das Verwaltungsinstitut vom Grab des Heiligen Imam Reza.
Das bedeutet himmlisches Business mit göttlicher Vollmacht.
Eine Art religiöse GmbH zum Kauf und Verkauf von Paradiesaktien.
Jeden Tag werden neue Erzählungen und Überlieferungen von Propheten und heiligen Imamen gefunden, die vor mehr als 1000 Jahren starben. Sie fordern die Menschen auf, nach Mashhad zu pilgern.
Es ist überliefert:
- „Jedem, der nach Mashhad pilgert, werden alle Sünden vergeben und er wird rein, wie ein Neugeborener.“
- „Die Tür des Paradieses geht über dem Himmel von Mashhad auf.“
- „Jeder richtige Muslim soll mindestens einmal zum Grab des Imam Reza pilgern, weil die göttliche Belohnung so groß ist wie beim Besuch des Gotteshauses von Mekka.“
Um diese Überlieferungen glaubhaft zu machen, geschieht immer ein Wunder in Mashhad.
Ein blind Geborener bekommt überraschend sein Augenlicht zurück, ein Taubstummer redet und ein Lahmer rennt.
Aber alle diese Menschen, verschwinden schnell wieder. Niemand weiß etwas über ihre Herkunft und auch nichts über ihre Krankheit. Wir hören nur, dass ein Wunder geschehen ist.
Es wird viel Propaganda dafür gemacht und an diesen Tagen kommen noch mehr Pilger, um das Wunder zu sehen und opfern noch mehr Geld für Astan Ghods. So sehen wir mit unseren Augen das wirkliche „Wunder“.
Ich war acht Jahre alt und meine Mutter bestand darauf, dass ich jeden Mittwoch zu einer Koranschule gehe. Sie wollte nicht, dass der Teufel Besitz von mir ergreift.
Meine Mutter sagte: „Das Kind muss gottesfürchtig und rechtsgläubig erzogen werden.“
Das bedeutet Erziehung zu einem sündigen Gefühl.
Damals mussten wir, der Tradition entsprechend, die Beine verschränkt auf dem Boden sitzend, mehrere Verse des Korans in Arabisch lesen, ohne dass wir ihre Bedeutung in persischer Sprache verstanden.
Der Mullah(3), der uns betreute, hieß Khozeyme.
Er ist später unser Religionslehrer in der Schule geworden.
Er war etwa 40 Jahre alt, ziemlich klein, dick und hatte eine breite, rote Nase in seinem blühenden Gesicht. Auf seiner Stirn war eine Druckstelle, die wahrscheinlich von seinen vielen Verneigungen auf den Boden im Gebet stammte.
Jedes Mal nach unseren Koranaufgaben gab es eine Erzählung über den Tod einer der vielen schiitischen Märtyrer. Abhängig davon, welcher Monat gerade war, fand Khozeyme immer einen Grund zur Trauer. Da wir zwölf Imame hatten, hatten wir auch zwölf Tragödien.
Über jeden von ihnen konnten wir jahrelang weinen und trauern.
Khozeyme sagte: „Gott vergebe uns Sündern. Weint! Weint, denn das Weinen um das Leiden der Imame wäscht eure Schuld und Sünde weg und nach dem Tod löscht es das Feuer der Hölle.
Ihr Schiiten! Das Feuer der Wut Gottes im Jüngsten Gericht kann euch nicht schaden, weil ihr die Liebe unseres Propheten Mohamed, seinem Schwiegersohn Imam Ali und dessen Kindern in euren Herzen habt und ihnen nachfolgt. Das heißt Schiit. Das versprochene Paradies ist nur euer Platz.“
Khozeyme hat ab und zu auch etwas über das Paradies erzählt: „Es ist in sieben Etagen aus reinem Kristall gebaut, mit Bächen, in denen Milch, Honig und Saft fließt. Von überall kommt das himmlische Obst und Essen zu euch. Ihr liegt währenddessen auf eurem fliegenden Thron. Mit einem Fingerschnips sind die bildhübschesten Paradiesjungfrauen zu eurem Vergnügen da.
Es ist alles für euch bereitgestellt, für alle, die ihr bereit seid, mit Gott ins Geschäft zu kommen.
Klagt nie darüber, dass ihr auf der Erde so viel leiden müsst, ertragt es geduldig und bleibt gehorsam. Denn ihr wisst, der Lohn eurer Leiden ist das ewige Paradies.“
An einem dieser Mittwoche war ich mit meinem kleinen Freund und Mitschüler Soheil bei der Erzählung von Mullah Khozeyme.
Khozeyme sagte: „Schiit bedeutet Ali und der Gehorsam zu Ali ist der Schlüssel zum Paradiestor.
Seid stolz auf euch, weil ihr in einem schiitischen Land geboren seid, weil Gott euch besser gemacht hat, als die anderen Menschen. Das allumfassende Schöpfungsziel ist der Glaube an Ali und es dürfen nur diejenigen in das Paradies, die an ihn glauben und niemand anderes!“
„Bedeutet das, es ist niemand anderes im Paradies erlaubt?!“
Alle Köpfe drehten sich zu Soheil.
Khozeyme schob seinen weißen Turban ein bisschen nach hinten, schaute Soheil von oben bis unten an, dann warf er aus seiner hintersten Kehle ein Wort heraus: „Nein!!“
Während Soheil versuchte, den Blicken von Khozeyme zu entkommen, fragte er leise: „Warum?“
Khozeyme schüttelt seinen Kopf mit einem Grinsen im Gesicht und mit einer väterlichen Stimme sagte er: „Weil jeder, der nicht an die Imame glaubt, ungläubig ist und der Platz für die Ungläubigen ist im Feuer der Hölle. Hast du verstanden, mein Sohn?!“
Soheil schaute auf seine Hände. Wahrscheinlich zweifelte er an seiner Logik.
Er fragte wieder: „Wenn jemand eine guter Mensch ist … sehr gut …, aber er ist kein Schiit.
Muss er trotzdem im Höllenfeuer verbrennen?!“
Khozeyme: „Das habe ich doch schon gesagt, die Eintrittskarte ins Paradies ist der Glauben an Imam Ali und ein Leben als Schiit. Inschallah* wirst du, wenn du größer bist, diese Sache besser verstehen. Jetzt machen wir mit unserem Unterricht weiter.“
Khozeyme hatte sein normales Atmen noch nicht erreicht, da hörte man wieder Soheils Stimme.
„Der kleine Prinz(4) auch nicht?!“
Alle schauten ihn staunend an.
Khozeyme putzte seine Nase und sagte mit einem hysterischen Blick:
„Gott, vergib ihm … Gott, vergib ihm … hundert Mal habe ich gesagt, dass die Kinder nach dem Koranunterricht nach Hause gehen sollen.
Theologische Diskussionen sind für Kinder, Verrückte und Frauen nicht erlaubt.“
Khozeyme