Eine verborgene Welt. Alina Tamasan

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Eine verborgene Welt - Alina Tamasan страница 6

Eine verborgene Welt - Alina Tamasan

Скачать книгу

Die Gniri legte den Arm um seinen Hals und zog ihn sanft auf sich.

      „Komm“, sagte sie. Dann schob sie ihm sanft eine ihrer Brüste in den Mund. Sie fühlte sich weich und warm an und wenn er daran sog, kam etwas Milch heraus, dicke Milch, die wie Sahne schmeckte und so unglaublich lecker war, dass er zufrieden zu gurren begann.

      „Wenn ich könnte“, lachte Finilya, derweil sie ihm aufmunternd durchs Haar fuhr, „würde ich selbst daran saugen, aber leider komme ich nicht heran.“ Rangiolf hätte sich beinahe verschluckt, so laut musste er lachen.

      „Das würde ich nur allzu gerne sehen“, gluckste er, während er sich mit seiner flinken Zunge den Milchbart ableckte. Dann wurde er plötzlich ernst.

      „Was hast du?“, fragte Finilya verwundert.

      „Ich … hm“, begann Rangiolf zögernd, „ich habe es dir bisher noch nie gesagt, aber …“ Die Gniri spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg.

      „… ich dich auch“, antwortete sie an seiner statt.

      „Ja?“ Rangiolfs Züge hellten sich augenblicklich wieder auf. Er schmiegte sich an sie und seufzte leise auf. „Aber, es ist leider nicht so einfach“, erklärte er traurig.

      „Ich weiß“, antwortete sie knapp, derweil sie gedankenverloren die Borsten an seinem Rücken streichelte. „Wissen deine Eltern davon?“ Rangiolf schüttelte den Kopf.

      „Ich habe es keinem gesagt“, seufzte er. „Meinem Vater sage ich nichts, weil er der Ansicht ist, dass einem Gniri, der den Weg des Heilers geht, Hochzeit und Familie hinderlich sind, denn er reist viel.“

      „Aber so viel reist du doch gar nicht“, fragte Finilya verwundert.

      „Noch nicht. Ich, hm, ich erhalte bald meine Ovatenweihe. Schon als Barde hätte ich mehr unterwegs sein müssen, du weißt ja, Barden sind nicht nur Ärzte, sondern verteilen auch Neuigkeiten, singen und beschwingen die Zuhörer, schlichten Streitigkeiten. Ich mache das auch, aber mehr in der Umgebung, nicht länger als eine Tagesreise entfernt. Als Ovate geht es um mehr.“

      „Um was mehr? Was meinst du?“

      „Menschen“, antwortete der Gniri. „Pythera hat es mir erklärt und ich kann sagen, es fühlt sich stimmig an. Du kennst doch die Geschichte vom Bruch der Welten. Jedes Kind kennt sie. Damals, als die Großen unter uns meinten, dass es nicht anders ginge, woben sie den Schleier des Vergessens, der fortan über alle Menschen fiel.“

      „Deswegen haben die Menschen unsere Existenz vergessen und Mutter Natur behandeln sie wie ein lebloses Ding, das man sich untertan macht“, führte Finilya seine Aussage weiter.

      „Genau. Wer aber ahnte, dass mit der Erinnerung der Menschen an unsere Welt auch unser Kontakt zu denen vergeht, aus denen alle Arten und Völker entstanden sind, unsere Ur-Ahnen?“

      „Die Ur-Ahnen, ja“, seufzte Finilya, „man sagt, sie seien wunderschön, aber ich habe noch nie einen gesehen. Man sagt, sie seien ins Jenseits gegangen. Also …“, die Gniri stockte und sah ihn mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen an, „wenn wir die Ur-Ahnen wieder sehen könnten, hätten wir auch wieder Zugang zu unserer aller Ahnen.“ Rangiolf staunte.

      „Wer hat dir das alles erzählt?“, fragte er verwundert.

      „Niemand“, antwortete Finilya, „ich habe die Geschichte von meiner Mutter gehört und mir ein paar Gedanken dazu gemacht.“

      „‚Ein paar ist gut! Ein paar viele. Aber …“

      „Du fühlst dich verpflichtet, zu den Menschen zu gehen.“

      „Ich habe doch keine Ahnung von ‚Welten zusammenführen‘ und so. In meiner Macht steht so was sicher nicht. Aber nur allzu gerne würde ich Menschen sehen, von ganz Nahem, verstehst du? Vielleicht erschließt sich mir dann mehr?“ Rangiolf richtete sich auf und sah seine Gefährtin erwartungsvoll an.

      „Womit wir wieder beim Punkt ‚Familie‘ wären. Es passt einfach nicht in dieses Bild, nicht wahr? Ich passe nicht in dieses Bild, denn ich bin nur eine arme Frau, ohne Ansehen und ohne Ressourcen. Also willst du mich verlassen?“ In Finilyas Augen glänzten die Tränen.

      „Oh, nein, nein“, beeilte sich Rangiolf zu versichern. Er strich ihr das Nass von den Wangen und nahm sie in den Arm. „Nein, gerade das nicht, Finilya. Meiner Mutter würde die Hochzeit mit dir nicht gefallen. Gleichzeitig ärgert sie sich darüber, dass ich diesen Weg gehe. Aber sie will eine Frau an meiner Seite und die kriegt sie, egal was sie dazu sagt! Wir finden eine Lösung, etwas … hm“, der Gniri stockte und fuhr sich über das spitze Kinn, „etwas Neues, was noch nie jemand gemacht hat!“

      „Und was wäre das?“, fragte Finilya patziger als sie es beabsichtigt hatte.

      „Dich und den Weg des Heilers“, kam es von Rangiolf wie aus der Pistole geschossen.

      „Wie wollen wir das anstellen? Als Heiler bist du ein Reisender, also kannst du nicht hierbleiben. Hierzubleiben und eine Familie zu gründen, das funktioniert auch nicht, nicht mit so jemandem Mittellosem wie mir. Meine Mutter mag dich, am liebsten sähe sie dich als Ehemann. Eine Hochzeit, die von beiden Familien gut geheißen wird, kann sie sich aber abschminken. Und für meinen Vater bin ich seine kleine Gniri, die er lieber neben sich am Feuer sieht, als draußen bei dir. Manchmal sehne ich mich nach dem Feuer, aber ich sehne mich auch immer mehr nach dir.“

      „Ich auch, ja, ich auch und deswegen“, versicherte der junge Gniri noch einmal, „werden wir eine Lösung finden, die beides beinhaltet.“ Fürs Erste beschlossen sie, die Sache auf sich beruhen zu lassen und die gemeinsame Zeit auf der Wiese zu genießen. Allzu lange durften sie aber nicht mehr beieinander verweilen, denn der nächste Tag würde arbeitsreich und anstrengend werden. Bevor sie Abschied von einander nahmen, versprachen sie sich, sich über einen möglichen neuen Weg Gedanken zu machen.

      „Wenn wir uns das nächste Mal sehen“, sagte Rangiolf zum Abschied, „haben wir die Lösung.“

      „Woher weißt du das?“

      „Ich fühle es.“ Sie umarmten und küssten sich noch einmal, bevor sie sich trennten.

      Der Morgen graute, und Finilya graute es, ihre warme Liege zu verlassen, aber es ging nun einmal nicht anders. Wie alle anderen schob sie sich einen süßen Happen Riàt in den Mund und ging nach draußen. Nur Irukye blieb noch zu Hause, um Pindra zu säugen und aufzuräumen.

      Als die kühle Morgenluft ihr Gesicht berührte, fühlte sie sich sogleich frisch und munter. Sie atmete tief ein, blickte durch die Bäume zum Horizont, wo die rote Sonnenkugel ihren täglichen Weg begann und folgte, gemeinsam mit ihren Geschwistern, ihrem Vater, der immer bestimmte, was, wo, wann und wie zu tun war.

      Sie stapften querfeldein durch den Wald und kamen bald zu einer lichten Stelle. Überall lagen zersägte Baumstümpfe. Erst am Tag zuvor mussten Menschen hier gewesen sein, die in Fahrzeugen saßen, denn der Boden war von eigenartigen Spuren übersät: breit und rillenförmig waren sie und hatten ein heilloses Durcheinander hinterlassen.

      „Hütet euch vor den stinkenden Riesen“, ermahnte Rìa seine Kinder und zeigte auf die Spuren. „Sie sind groß und laut, und wenn sie kommen, ist nichts mehr vor ihnen sicher. Kommt ihr einem unter die Räder, ist es aus, denn sie sehen uns nicht!“ Finilya runzelte die Stirn.

      „Du

Скачать книгу