Elisabeth, Erbin von Toggenburg. Oder Geschichte der Frauen von Sargans in der Schweiz. Christiane Benedikte Naubert

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Elisabeth, Erbin von Toggenburg. Oder Geschichte der Frauen von Sargans in der Schweiz - Christiane Benedikte Naubert

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fällt weg; doch ist er, dem ich überall so viel zu danken habe, Ursach, daß es mir bey dieser verdüßlichen Muse nicht an Aussicht auf künftigen Zeitvertreib gebricht.

      Um ihn von dem Gegenstande, von welchem ich jezt nichts mehr hören will, abzuleiten, brachte ich ihn auf die alten Geschichten der Freyherrn von Vatz und Sargans, und bat ihn, sie zum Inhalt seiner künftigen Briefe zu machen, (du weißt, wie gern der Mann sonst von solchen Dingen schreibt und spricht;) aber er ist zu beleidigt, zu sehr für eine andere Sache eingenommen um sich durch diese List von derselben losreissen zu lassen. Er verweißt mich an die Aebtissin von Zürich, und die Langeweile macht, daß ich würklich mit ihr von diesen Dingen gesprochen habe, die mir, als ich sie gegen ihn erwehnte, nur zum Vorwand dienen sollten, mich seines gewaltsamen Eindringens zu entschlagen!

      Die Aebtissin hat mich bisher nur mit entfernten Hofnungen auf die Befriedigung meiner Neugier getröstet, aber ich hoffe, sie durch anhaltendes Bitten, zur Mittheilung der merkwürdigen Schriften, wie sie sie nennt, zu bewegen, und du, Belesenster aller Ritter unserer Zeit, sollst so viel von diesen Urkunden erhalten, als ich würdig finden werde vor deine Augen gebracht zu werden.

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      Laßt Elisabeth doch ohne Einrede handeln wie sie will, ich kenne ihre Grundsätze, und weiß, wir werden am Ende mit ihr zufrieden seyn. Ich weiß, daß sie schon Schritte zur Entscheidung der großen Sache gethan hat, welche sich nicht zweydeutig nennen lassen. Briefe von ihr, mit Darstellung des ganzen bedenklichen Handels, sind bey dem redlichen Amman5 von Zürich angelangt, die ihn zum Schiedsrichter ernennen, und man hat ihm blinde Befolgung seines Ausspruchs versprochen. Ihr kennt den alten Itel Reding, ihn, den Entscheider der wichtigsten Streitigkeiten des ganzen Landes; kann er anders als zum Vortheil der Unschuld sprechen! Nicht von ihm habe ich die Mittheilung dieser geheimen Sache, ihr kennt seine feinen Bedenklichkeiten, er geht soweit, jedes Gespräch über die Angelegenheiten der Gräfinn und ihrer Unterthanen zu vermeiden, und sich einer kalten untheilnehmenden Unwissenheit anzumassen, aber ich sehe tiefe Ueberlegung auf seiner Stirn, er wiegt das Schicksal der unglücklichen Schwestern, und ich weiß, wohin der Ausschlag fallen wird. Er, der nie unrecht urtheilte, er, der es verdient, daß nie jemand von seinen Aussprüchen weiter appellirte, wird hier nicht falsch entscheiden. Sagt dieses unserer Maria und, der unglücklichen Berta, und unterstützt ihre sinkenden Hofnungen.

      Euer Einfall, die ganze Geschichte der beyden zurückgesetzten Toggenburgischen Erbinnen vor Elisabeths Augen zu bringen, und dadurch ihr Urtheil von ihnen zu berichtigen, ist gut, aber was soll ich zu dem Gedanken sagen, sie mit den heimlichen Annalen von Sargans bekannt zu machen? Unvorsichtiger voreiliger Freund! Wißt ihr auch, was für eine Rolle euer Kloster in diesen Denkmahlen der Vorzeit spielt? und ist es rathsam den Laien zu viel von den Vergehungen des Klerus zu enthüllen? Laßt uns froh seyn, daß wir den Weg der Tugend wandeln, ohne die Laster unserer Vorfahren zur Folie unsers Schimmers brauchen zu wollen.

      Doch von einer solchen bösen Absicht ist mein Konrad frey, er fehlte nur aus Mangel an Ueberlegung! – Ich werde mein möglichstes thun, euren Fehler zu verbessern, meine Briefe dieserhalb sind schon an die Aebtissin abgegangen, und ich hoffe Elisabeth wird nichts erhalten.

      Diese Papiere waren einst auf kurze Zeit in meinen Händen, und ich versichere euch, wenn ihr, wie ich vermuthen muß, hierinn unwissend seyd, sie enthalten Dinge, welche zu Ehren des Klosters Churwald, und leider auch einiger meiner Vorfahren ewig verborgen bleiben sollten.

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      Montforts Schicksal schwebt mir unaufhörlich im Sinn. Ich liebte ihn einst so innig, und Gott, was würde ich nicht hingegeben haben, ihn glücklich zu machen. Wie hat sich jetzt alles geändert, die, welche diesem Montfort einst alles, selbst das Wohlwollen eines warnenden Bruders, der ihn besser kannte, aufzuopfern bereit war, zögert jetzt, ihm durch einige Meilen Land, durch Aufgebung einiger leeren Titel, dem Elend zu entreissen, und dieses blos darum – weil er nicht mehr für sie leben will. O Elisabeth, Elisabeth! du hast eine niedrige Seele! deine herrische Leidenschaft für Heinrichen war nichts als Selbstsucht!

      Schilt mich nicht wankelmüthig, Bruder, ob diesen Aeußerungen, welche dir, nach der Fassung, in der du mich zuletzt sahest, unerwartet kommen müssen. Du kennst nicht den fürchterlichen Kampf zwischen Leidenschaft und Pflicht, weißt nicht, wodurch derselbe bey mir von neuem erregt ward. Montfort, von seinem Oheim gefangen, weil er die unbemittelte Berta wählte? Vorschläge des alten Grafen von Montfort, sich um mich zu bewerben, und dadurch seine Freyheit zu erkaufen? – O Bruder, Bruder! welche Demüthigung für die stolze Elisabeth, Heinrich verwerfe, was man verlangt, oder willige ein! –Mein Entschluß ist gefaßt, und doch, um dich und deine Rathschläge nicht zu entehren, mit Vorsicht gefaßt. Ich will nicht das Ansehen haben, aus einer Anwandlung von übereilter Großmuth zu handeln, oder die empfindlichste Rache, die Rache durch Wohlthaten an meinen Feinden zu üben, nein, ich will nichts thun, als meine Pflicht. Ich habe die Sache einem unpartheiischen Richter übergeben, ich will wissen, was ich den Werdenbergerinnen schuldig bin, und dies will ich thun, ohne einen Dank von jemand zu verlangen. Wie müßte mir seyn, Ludwig, wie müßte mir seyn, wenn Montfort mir dankte, daß ich ihm die Verbindung mit der geliebten Berta erleichtert hätte!

       Elisabeth an Ludwig.

      Laß uns von andern Dingen reden, Bruder. Dieser Montfort und diese Berta dürfen schlechterdings keinen Zutritt mehr in meinen heimlichsten Gedanken haben; nicht einmal ihren Namen will ich wiederum schreiben. Ich darf ja nur, um diese Gespenster zu verscheuchen, sie in ewige verachtende Vergessenheit zu begraben, an jenen Tag denken, da der erzürnte Bruder dem entflohenen, mit Montfort entflohenen Mädchen endlich vergab, sie von neuem Schwester, und den Entführer Bruder zu nennen versprach, und drauf sich herabließ, dem Treulosen sein Glück selbst anzukünden. Wie Heinrich drauf die stolze Elisabeth im Triumph vor den Altar führte, und wie er im Augenblick, da sich sein Mund aufthat, ihr ewige Treue zu schwören, das unwiederrufliche Wort erstickte, weil – weil er unter den Begleiterinnen seiner Braut eine erblickte, die ihm schöner dünkte, als sie.

      O wenn ich dieser Dinge gedenke, Bruder! – Die Gräfinnen von Werdenberg, meine Freundinnen, waren gekommen, mir den Kranz zu schmücken, und sie rissen ihn von meinem Haupte, ihn in den Staub zu treten! – O Heinrichs Unpäßlichkeit, die seine Hand schnell aus der meinigen zog, war erdichtet, seine nächtliche Flucht und die Bestürzung der Werdenbergerinnen hätte mich sollen die Wahrheit ahnden lassen; aber ich ahndete nichts, bis ich erfuhr, Berta und Heinrich wären so genau verbunden, als ich mit ihm zu werden dachte!

      Noch einmal; Stillschweigen, ewiges Stillschweigen über diese Dinge! Mein Flehen hielt ehemals Ludwigs Rache gegen den Verbrecher auf, sollen nun meine Klagen sie von neuem aufregen?

       Elisabeth an Ludwig.

      Ob es gut ist, daß ich dir so ofte schreibe? Andre Beschäftigung wär wohl besser, auch denke ich ernstlich auf dergleichen. Ein Besuch bey der Aebtißinn, um meine Bitten wegen der verlangten Schriften zu erneuern, hat meine Neugier nach denselben aufs höchste gebracht. Ich fühle, daß die Sehnsucht nach Wissenschaft von den Leiden dererjenigen, die einst unglücklich waren, wie ich, das Gefühl meiner eignen Schmerzen mindert.

      Die Aebtißinn schien zweifelhaft, ob sie mir das schon halb zugesagte endlich gewähren sollte. Liebe Gräfinn, sagte sie lächelnd, würde es euch nicht lieber seyn, diejenigen, von welchen diese verworfenen, übel geschriebenen Blätter handeln, persönlich zu kennen, und ihre Geschichte aus dem Munde einer Freundin, zu hören? – Sehet hier, fuhr sie fort, indem sie einen dünnen Vorhang von der östlichen Seite ihres Kabinets zog, sehet hier die Bildnisse der vornehmsten jener berühmten Frauen, von deren Annalen euch ein unnützer Mund so viel vorgeschwatzt

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