Gamer. Группа авторов

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zischend ihre Versiegelung. Die Seite klappte auf und die Liege wurde zum Gang hin auf Schienen ausgefahren. Erleichtert sah Frank, dass die Frau alt war. Bei den Jungen fiel es ihm immer etwas schwer, das Ende ihres gesetzlichen Glücksjahrs mit anzusehen. Aber bei einer Alten. Das war fast ... perfekt. Die Drohnen hielten weiter Abstand. Die Schläuche, die an mehreren Stellen im nackten Körper der Frau verschwanden, hoben und senkten sich im Rhythmus ihres schwächer werdenden Atmens. Frank achtete auf die Zeichen ihres früheren Lebens, bevor sie das Gesetz in Anspruch genommen hatte. War sie eine Obdachlose gewesen? Drogenabhängig? Zu lange arbeitslos? Oder einfach nur alt und alleine, ohne Kinder oder andere Verwandte, die sich um sie kümmerten? Der Körper sah gut in Schuss aus. Etwas eingefallen, aber es gab keine Anzeichen früherer Probleme. Keine Deformationen wie bei den zum Glücksjahr gezwungenen Behinderten. Auch keine Einstichlöcher an allen denkbaren Stellen wie bei den Drogenopfern. Sie waren die Ersten gewesen, die sich erst zu Tausenden, dann Zehntausenden freiwillig meldeten, um ihr Glücksjahr in Anspruch zu nehmen.

      Letztlich war es nur ein Spiel. Ein Virtual-Reality-Spiel. Völlig kostenlos. Aber seine drei Bedingungen oder Regeln waren in ihrer Perfektion einzigartig. Erstens: Du weißt nicht, dass du spielst. Die VR mitsamt den Drogen überzeugte dich davon, dass alles real war.

      Zweitens: Es ist dein Spiel. Dein persönlicher Weg zum Glück. Und du definierst die Einsätze, sprich, was dieses simple Wort »Glück« für dich bedeutet. Liebe. Geld. Sex. Das Nacherleben deines Lieblingsmärchens. Völlig egal, die Programmierer bekamen es hin.

      Drittens: Du musst dein Spiel nicht bezahlen, jeder kann es sich leisten. Du bezahlst es damit, dass du dich aus der Gesellschaft verabschiedest. Deinen kranken, arbeitslosen, deformierten oder sonstwie nutzlosen Körper aus der nun perfekten Gesellschaft entfernst. Dafür hast du ein Jahr Glück verdient. Jede Sekunde pures Glück. Dann ein zwar plötzliches, aber völlig schmerzloses Ende.

      Frank sah, wie der Atem der Spielerin immer weiter abflachte. Das Gift wirkte.

      Es kam der Moment, den ein Wächterkollege mal »Den Blick hinter den Vorhang« genannt hatte. Das Gift hatte eine unbeabsichtigte Nebenwirkung, von der die Massen nichts wussten. In den letzten Sekunden hob es die Muskellähmung auf, in denen die Spieler sonst das Jahr über gehalten wurden, damit die VR ihr Hirn vom selbstgewählten Glück überzeugen konnte. In diesen Sekunden tat der Körper das, was auch im Spiel gerade passierte.

      Der Moment war gekommen. Ein letzter Atemzug, dann kam auch in die restlichen Gliedmaßen Bewegung. Während die Beine still blieben, hob die Frau die Arme. Die Kabel und Schläuche flogen nach links und rechts, als sie plötzlich zu applaudieren begann. Der Applaus eines einzelnen Händepaars echote durch die riesige Lagerhalle. Ein Lächeln breitete sich auf dem Gesicht der Spielerin aus. Eine Träne lief die Wange hinunter. Frank war sich sicher: Es konnte nur eine Glücksträne sein.

      Dann erstarb ihr Körper von einer Sekunde auf die andere. Das Gift hatte seine volle Wirkung erzielt. Die Arme fielen herunter. Frank achtete nicht darauf. Vielmehr sah er das Lächeln. Das Lächeln blieb immer. Eingefrorenes Glück. Auch im Tod. Was für ein Spiel!

      Galactic Tentacles

      Andreas Winterer

      Nick hatte alles klitzeklein geschnitten und mindestens einen halben Liter Ketchup über Pommes- und Schnitzelfetzen gespritzt. Dazu schüttete er sich reichlich Schwip Schwap rein. Ich hingegen schob das Mittagessen auf dem Teller hin und her, weil ich vorhin schon zwei Nuts verdrückt hatte und mir schlecht war.

      Jetzt langweilte ich mich zu Tode und schickte Nick einen auffordernden, fragenden, wartenden Blick. Er antwortete mit einem verneinenden, entnervten Gesichtsausdruck und zuckenden Schultern. Also wie immer: Die Erwachsenen waren nicht bereit für Missionsfreigaben, solange sie sich weitere Schweinebratenscheiben und Kartoffel- und Semmelknödel auf die Teller legen und mit Glibbersoße übergießen konnten.

      Nick und ich taten also noch eine Zeit lang interessiert. Wir aßen schafsbrav den fiesen Beilagensalat. Wir ließen die üblichen Achdubistabergroßgewordens über uns ergehen. Wir behaupteten, dass Schule wahnsinnig toll sei. Und wir warteten auf die Freigabe vom Tower.

      Die kam natürlich Zilliarden Jahre lang nicht, und dann, endlich, hielt Nick wohl die Zeit für reif und flüsterte seiner Mama was ins Ohr. Sie nickte, wo sie vorher noch den Kopf geschüttelt hatte, und nachdem Nick ihr noch ein paar Schmatzer reingedrückt hatte, steckte sie ihm Geld zu und sagte was zu meiner Mama. Die nickte finster in meine Richtung, hob eine allgemein warnende Augenbraue und machte eine desinteressierte Dann-schwirr-halt-ab-Kopfbewegung.

      Tower-Freigabe! Mission CTH begann.

      *

      Wir erhoben uns wie ein Mann und machten uns auf den Weg. Einige der anderen großen Alten warfen uns missbilligende Blicke nach, besonders Nicks fieser Papa. Als hätten sie alle was davon, wenn wir brav am Tisch säßen und zu ihrem Blabla nicken würden. Doch schnell waren ihre blöden, schmutzigen Witze wieder interessanter und wir verdufteten Richtung Erdgeschoss, vorbei an der Treppe und am traurigen Eck. Das hieß so, weil der Süßwarenautomat immer traurig leer war, zumindest wenn wir mit ihm fertig waren. Den hatten wir schon vor dem Essen klar gemacht: drei Nuts bezahlt, zwei Extra-Nuts durch diverses Kippen des Automaten herausgekitzelt. Bonus-Points!

      Bei der Treppe saßen vor Spielautomaten faltige Männer, neben ihnen Biergläser ohne Schaum und qualmende Zigaretten, vor ihnen diese unfassbar dämlichen Apparate mit den drei rotierenden Scheiben. Die Scheiben drehten sich, dann leuchteten die Knöpfe unter dem Automaten, dann machte es Klack, Klack, Klack und die rotierenden Scheiben blieben stehen und zeigten irgendwelche Zahlen oder eine bescheuerte Krone. Es bimmelte, und der Automat schluckte dreißig Pfennige, sofern man nicht drei Kronen hatte.

      Der Wirt sah uns, und wir wollten ihn angrinsen, weil er ja wusste, was wir da unten machten, aber er schaute schnell weg, und wir sahen zu, dass wir leise runterkamen, die drei Mal acht Stufen hinunter zum Raumhafen.

      »Dreißig Pfennige für zwei Knöpfe drücken!«, gluckste ich auf der Treppe.

      »Solche Trottel!« Nick tippte sich an die Schläfe, als zeige er jemandem den Vogel. »Ich werde nie verstehen, warum man so was spielt!«

      »Wie viele Münzen hast du?«, frage ich.

      »Wird schon hinhauen«, meinte Nick knapp. »Der CTH ist heute jedenfalls fällig.«

      *

      Der Raumhafen bestand aus drei schäbigen, braunen Ledersesseln, zwischen denen zwei orangefarbene, kugelförmige Aschenbecher auf langen Eisenständern standen. Ihre Deckel gingen nie zu, weil wir hier fast jeden Sonntag unsere Kaugummis reindrückten, ehe wir wieder nach oben gingen.

      Auf einer schweren Tür aus Holz stand ein großes, dunkles D, an einer anderen ein H. Das Spannendste an der Herrentoilette war der Automat neben dem heulenden Handtrockner, wo SEX draufstand und Bilder von Frauen im Bikini zu sehen waren. Was da rauskam, blieb aber geheimnisvoll, und ich hatte noch nie Lust gehabt, dafür ganze zwei Mark auszugeben.

      Eine Tür aus Glas führte in den düsteren Innenhof des Landgasthofs. Da konnte man durchgucken, sah aber nicht viel, bloß parkende Autos und riesige Mülltonnen. Die Aussicht hatte man oben, deswegen hieß das Restaurant ja auch Panorama. Dabei setzten sich eh alle mit dem Rücken zum Ausblick und fraßen Knödel und tranken Bier, später noch Kaffee und Kuchen und Sahne und Schnäpse (letztere leider ohne uns), und das alles endete jedes Mal nie oder jedenfalls viel zu spät.

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