Ausbeutung - made in Germany. Frank Mehler

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Ausbeutung - made in Germany - Frank Mehler

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Anfang ist eben schwer.

      Die Zeit plätschert dahin und allmählich kommt bei der Arbeit so etwas wie Routine auf.

      Ssssssiii … ssssssiii …, macht das Drehmelgeräusch, dann schalte ich das Gerät kurz aus. Gut drei Stunden bin ich jetzt schon dabei und sehe aus wie ein silbergraues Männchen aus Metallstaub! Ich stehe auf und schüttele tausende Späne von mir ab. Es schaut kein Mensch nach mir, nur ab und zu huschen ein paar Mitarbeiter an einer Plexiglaswand vorbei. Ich hole mir neue Tabletts. Es sind noch so verdammt viele.

      Zur Pause treffe ich nicht den »Kollegen« von der Zeitarbeit an. Er muss wohl drüben im Zuschnitt geblieben sein. Ich esse meine Stullen und stelle fest, dass der Pausenraum so einiges zu bieten hat. Manch ein Metallarbeiter macht sich Essen in einer Mikrowelle oder auf dem kleinen Herd heiß. Es gibt zwei Toaster, zwei Kühlschränke, zwei Kaffeemaschinen und sogar einen kleinen Grill zum Aufbacken von Pizza zum Beispiel. Großartig erklären tut mir keiner was, ich frage auch nicht weiter. Offenbar geht es am Anfang mehr darum, dass die Arbeitseinstellung beobachtet wird. Ob ich das hier durchhalte und zur nächsten Schicht wieder antrete, oder eben halt nicht.

      Tablett nehmen – vom scharfen Grat befreien – wieder ablegen. Ich dürfte so ungefähr beim 600. Werkstück angekommen sein und irgendwie habe ich mittlerweile auch mächtige Verspannungen im Rücken. Die Lederschürze, meine Handschuhe und genauso die Hemdsärmel, selbst die Schuhe von mir sind topdreckig. Ich schüttle erneut die Späne vom Leib, und doch kommt mir die Arbeit jetzt sogar eine Idee besser vor: Ich kann Radio hören und außerdem habe ich in gut einer Stunde Feierabend.

      Später dann – zirka 100 Tabletts weiter: »Komm, Junge!«, sagt plötzlich mein Einrichter für den Arbeitsplatz. »Lass gut sein, hast für heute genug geschafft.«

      Ich schaue zur Uhr und bin im Grunde ganz seiner Meinung, und sage dennoch: »Aber es ist doch erst 2144 Uhr.«

      »Ach«, sagt er und winkt ab. »Das ist schon okay. Sag, wie viele hast du geschafft?«

      »Na ja, 700 vielleicht …?«

      »Das reicht. Geh du jetzt mal lieber in den Waschraum und mache dich ein wenig sauber.«

      »Waschraum? Wo befindet der sich?«

      »Den Mittelgang entlang bis kurz vor die Montagehalle, dann rechts. Du siehst das schon …«

      »Okay.« Ich schalte das Werkzeug aus und stapele die restlichen Tabletts beiseite.

      »Ach«, fiel ihm noch ein. »Aber ausfegen tust du hier noch, ja.«

      »Geht klar«, sage ich und lege endlich die dreckige Schürze ab. Handschuhe und Brille fliegen auf den Tisch. Späne fallen aus meinen Haaren.

      Auf dem Weg zum Waschraum grinst mich so ziemlich jeder an, der mir entgegen kommt. Ich frage mich, was die nur haben. Aber ich sage mir: Es ist sicher die gute Feierabendstimmung, die ein bisschen lustig macht.

      Ich schaue in den Spiegel und sehe nun, warum die Männer so amüsiert waren. Wo bei mir zuvor die Schutzbrille saß, ist meine Haut hell geblieben. Ansonsten ist mein Gesicht staubig und schwarz. Ich räuspere mich und spucke in das Waschbecken vor mir – meine Spucke sieht ungefähr wie nach 100 Zentnern Kohlenschaufeln aus.

      »Na, bist wohl durch den Schornstein gekrochen, oder was?«, fragt ein Typ, der neben mir auftaucht, um sich die Hände zu waschen.

      »Nein, ich habe nur gedrehmelt«, gebe ich zu verstehen.

      »Na ja, ist ja fast dasselbe«, sagt er und grinst genauso breit wie alle anderen.

      Ich bin der Clown zum Feierabend, stelle ich fest und schaue wieder in den Spiegel. Definitiv! Ich kann es ganz deutlich sehen. Was habe ich auch erwartet? frage ich mich. War doch klar, dass ich den Job machen darf, den hier wahrscheinlich keiner sogerne macht.

      Mein Kollege von der Zeitarbeit kreuzt auf und hat die Hände in den Taschen. Es sieht nicht so aus, als ob er sich sonderlich tot gemacht hätte.

      »Wie war's?«, frage ich.

      »Ach, es ging so …«, sagt er.

      Ich glaube ihm nicht wirklich und sehe hinter ihm, den Schichtführer auf uns zukommen.

      »Wahrscheinlich wisst ihr es noch nicht, aber einer von euch beiden muss gleich morgen die Frühschicht antreten«, teilt er mit. »Die Produktion wurde hochgefahren, und deshalb muss die Laufer-Presse voll ausgelastet werden. Also, wer kommt freiwillig von euch?«

      Der Kollege hebt die Brauen.

      »Dann werde ich einfach kommen«, biete ich an. »Welche Uhrzeit muss ich da sein?«

      »Die Frühschicht beginnt 0545 Uhr. Wenn du zehn Minuten früher da bist, ist das okay. Ja, und du kommst dann wieder zur Spätschicht.«

      Der Kollege nickt unmerklich und ich schaue zur Stechuhr rüber, wo sich bereits einige Männer versammelt haben.

      »So, Jungs, Feierabend!«, sagt der Schichtführer und lässt uns stehen.

      »Gehst du anschließend zum Bahnhof rüber?«, frage ich den Kollegen.

      »Man, natürlich gehe ich zum Bahnhof!«

      Er weicht meinem Blick aus. Er ist knurrig und offenbar gedanklich weit weg. Ich merke, dass ihm die Arbeit nicht sonderlich schmeckt, und er merkt umgekehrt, dass ich es ihm anmerke. Eigentlich gefällt mir der Job bis jetzt ebenso nicht.

      Einsatz an der Presse: Ich stehe neben der großen Hydraulik-Presse im Zuschnitt und warte auf den Einrichter, der mir gleich heute Morgen so einiges zu zeigen hat. Die Presse ist riesig, vielleicht an die vier Meter hoch, und doch kann nur 1 Mann daran arbeiten. Daneben steht eine Gitterbox, in der dieselben gelochten Tabletts liegen, die ich bereits gestern Abend bearbeitet habe. Dann ist das Drehmeln faktisch der nächste Arbeitsschritt, schlussfolgere ich. Und sogleich ist der Gedanke an das Metallstaubmännchen wieder da. Ganz zu schweigen von all dem Schmutz, der bei mir aus sämtlichen Poren kam, als ich dann zu Hause unter der Dusche stand.

      Der Einrichter, so heißt der Vorarbeiter und Mechaniker in der Branche, kommt um die Ecke gefegt. »Guten Morgen!«, sagt er.

      »Guten Morgen!«, sage auch ich.

      »Wie ich sehe, wartest du schon, dass es so richtig losgehen kann.«

      »Na ja, ich warte halt nur …«

      »Gut.« Er schaut sich kurz um. »Wo stehen wir heute? Ah, am Anfang!«, beantwortet er sich selbst die Frage. »Wir fangen heute wieder mit Ecken beschneiden an.«

      »Aha …?!«, sage ich und habe dennoch keine Ahnung. Ich weiß nicht genau, was er damit meint. Aber ich lasse mich gern überraschen.

      »Ist die Presse schon an?«

      »Nein.«

      »Also, hier hinten an der Seite ist der Hauptschalter …«

      Ich folge ihm und er legt ihn um.

      »Hier dann das Arbeitslicht

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