Ausbeutung - made in Germany. Frank Mehler
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»Okay«, sage ich, »es ist angekommen.«
»Ich muss schon sagen, eure Firma hat in letzter Zeit ziemlich nachgelassen …« Er wollte damit sagen: Sie schicken nur noch das faule Pack! »Na ja, Mr. Ex-Koch, ihr seid ja nicht die Einzigen auf dem Markt. Du machst das hier noch zu Ende, und dann legst du mir deinen Stundenzettel vor.«
»Wie du meinst«, sage ich nur.
Er geht und ich denke mir meinen Teil. Ich denke: Was er sagt, sagt aus, dass er mit denen, die vor mir da waren, genauso nicht zufrieden war. Dass er eigentlich niemals zufrieden sein wird, egal wie gut und schnell ein Leiharbeiter für ihn arbeiten tut. Im Grunde ist er einer, der die Leihkraft doppelt missbraucht, zum einen ausbeutet – zum anderen als seelischen Mülleimer benutzt. Dazu kommt Alkohol! Und ich glaube, dass auch andere Zeitarbeitsfirmen gewiss keine Super-Leihkräfte schicken werden, die dann im Überschallrotationsverfahren die Kastanien aus dem Feuer holen. Er ist eine aufgeblasene Wurst! denke ich. Nur leider muss ich mir gleichermaßen eingestehen, dass ich demgegenüber dann die gesellschaftlich arme Wurst bin.
Unterwegs in Sachen Metall
1
Das Büro des Produktionsleiters wirkt weit weniger gepflegt, als man es von klassischen Verwaltungsbüros her gewohnt ist. Kein Wunder, sieht es doch im ganzen Metallbetrieb eher nach einer groben Männerwirtschaft aus. Lediglich zwei Frauen konnten wir auf dem Weg durch die langen Produktionshallen entdecken. Dafür aber stehen mindestens 40 kräftige Typen draußen an den Maschinen und bearbeiten die unterschiedlichsten Metallteile. Es ist sehr laut, überall surrt, tackert und hämmert es. Aber es ist neu und deshalb interessant, und wir beiden Leihkräfte im Büro des Chefs warten nun darauf, dass uns jemand erklärt, wozu wir hier in der Produktion zu gebrauchen sind.
Wir sprechen nicht miteinander, wir schauen nur von Zeit zu Zeit zur Tür, ob schon jemand kommt und grinsen uns ab und zu gegenseitig an. Denn so richtig wissen wir noch nicht, was heute auf uns drauf zukommt, die Zeitarbeit konnte es uns nicht wirklich verraten. Wir wissen nicht einmal, ob wir von derselben Firma sind. Wir vermuten es nur.
»Na, meine Herren!«, sagt der Produktionsleiter, als er dann zur Tür hereinkommt. »Hat ein bisschen gedauert, aber ich hoffe, das Warten ist Ihnen nicht allzu lang geworden.« Er streckt meinem »Kollegen« die Hand entgegen und sagt: »Also, dann noch einmal, Müller, ist mein Name. Aber das wissen Sie wohl bereits …«
»Hermann, heiße ich«, sagt mein »Kollege«. Doch wirklich erfreut sieht er nicht aus.
Auch ich stehe auf und reiche ihm die Hand. »Frank«, sage ich.
Wir setzten uns wieder und er wirft einen Stoß Papiere auf den Tisch. Dann zieht er eine Personalmappe hervor und blättert nach den entsprechenden Formularen. Es sind keine Bewerbungsbögen von uns, die dort zum Vorschein kommen, es sind formelle Zusammenfassungen der Daten über Zeitarbeiter für den Fall des Einsatzes in der Produktion.
Jetzt sehe ich, dass mein »Kollege« von derselben Firma ist, und ich sehe auch das Delegierungsformular für den Vorleihvertrag, das ich neulich erst bei meiner eigenen Personalerin unterschrieben habe.
»So, meine Herren!«, sagt der Produktionsleiter, um zur Sache zu kommen. »Wie sieht es denn bei Ihnen aus? Einer von euch schon mal in der Metallverarbeitung gewesen?«
»Nein«, sage ich.
»Ich komme aus der Autobranche«, sagt mein »Kollege«.
»Was sind Sie von Beruf?«
»KFZ-Mechatroniker.«
»Ah, dann bringen Sie also etwas Erfahrung mit. Und Sie?«
»Ich bin Koch.«
»Ein Koch?!« Er rümpft die Nase. Sicher wird er sich fragen, was ausgerechnet ein Koch in der Metallbranche zu suchen hat. »Na ja …«, sagt er, »eine Kantine haben wir zwar nicht hier, aber alle Arbeiten, die von Zeitarbeitern erledigt werden, sind fachlich auch nicht ganz so anspruchsvoll. Es geht um Bohr- und Schleifarbeiten sowie das Arbeiten an einer Presse. Abkanten, Tiefziehen und so weiter … Sie werden von einem Vorarbeiter ordnungsgemäß eingearbeitet. Ich nehme an, Arbeitsbekleidung und die Schuhe mit Stahlkappe haben Sie bereits von Ihrer Firma bekommen, oder?«
Der »Kollege« nickt.
Ich nicke ebenfalls. Bekommen? frage ich mich. Wir mussten sie kaufen!
»Gut«, sagt der Produktionsleiter und hakt diesen Punkt ab. »Nun liegt es natürlich bei Ihnen: Wollen Sie hier in der Produktion mit eingesetzt werden?«
Er schaut dabei mehr den »Kollegen« an, aber dennoch sage ich schon mal: »Ja, ich will.«
»Das ist doch ein Wort, und Sie?«
»Hm …«, macht der »Kollege«. Er scheint noch zu überlegen. »Ich weiß nicht, schwer zu sagen, ob mir das hier wirklich liegt.«
»Wie jetzt, ob Ihnen das liegt?« Die Mimik des Produktionsleiters verfestigt sich.
»Ich meine, ich müsste die Arbeit zunächst einmal sehen. Zum Beispiel die Maschine, die ich bedienen soll. Welche Teile bearbeitet werden müssen, wie viel und was genau passiert. Dann kann ich erst sagen …«
»Ach, eiern Sie doch nicht rum!«, stoppt der Produktionsleiter ab. »Interessiert Sie die Arbeit oder interessiert Sie das nicht?« Der Blick des Produktionsleiters wird herausfordernder.
Viel schlechter als die Spülküche wird es wohl nicht sein, sage ich mir. Vielleicht eine ganz neue Erfahrung?
»Gut, ich mache es«, sagt jetzt auch der »Kollege«.
»Schön, dann nehmen Sie also die Herausforderung an. Sie werden gleich ab morgen in der Spätschicht eingesetzt, das heißt: Beginn ist 1345 Uhr und Ende um 2200 Uhr. Sie haben natürlich eine halbe Stunde Pause, und da richten Sie sich am besten nach den Kollegen. Sie brauchen bei uns keine Stundenzettel zu führen, die Abrechnung läuft dann direkt mit Ihrer Firma. Dafür bekommen Sie eine Zeit-Chipkarte, aber das erklären Ihnen die jeweiligen Schichtführer später genauer.«
Er meint sicher die Stechuhr, die anzeigt, wann wir kommen und gehen.
Jemand kommt zur Tür herein und fragt: »Wann sollen wir heute mit dem Verladen anfangen?«
»Na, wenn ihr fertig seid!«, sagt der Produktionsleiter erstaunt. »Aber ich komme gleich …«
»Okay.«
Der Mitarbeiter verschwindet wieder.
»Nun, das wäre noch sehr wichtig: Wurde bei Ihnen bereits die Arbeitsschutz- und Sicherheitsbelehrung für die Produktion durchgeführt?«
»Ja, in der Firma.«, sage ich.
Auch der »Kollege« nickt zur Bestätigung.
»Gut. Sonst noch irgendwelche Fragen?«
»Nein.«
»Nein.«
»Ach so! Eh ich das vergesse: